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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Präsidenten sprach, saß Bill im Studio von Project Forty und zeichnete seine Show auf. Er war von Volontären umgeben, wie die offizielle Bezeichnung für all diejenigen lautete, die ihm bei seiner Arbeit für Gott halfen.
    Die Sendung war in Konversationston gehalten, doch es war nichts besonders Bemerkenswertes an den Themen. Man diskutierte händeringend darüber, daß Gott aus den Schulen verbannt worden war und wies auf die bestürzende Ähnlichkeit zwischen den römischen Spielen und Gewalt im Fernsehen hin. Gegen Mitte der Sendung trat Old-Time Bills Stargast auf, eine Schriftstellerin, die in ihrer Autobiographie freimütig berichtet hatte, wie sie sich von Alkoholmißbrauch und sexueller Zügellosigkeit befreit hatte. Sie sprach über einen Zwischenfall mit ihrem zwanzig Jahre alten Sohn, der ihre Trunkenheit ausgenutzt und sie überredet hatte, einen Kreditvertrag für einen neuen Wagen als Bürge zu unterschreiben. Einige Wochen darauf hatte ihr Sohn verkündet, daß er mit den Ratenzahlungen im Verzug war.
    Bill war von derartigen Geschichten stets sichtlich gerührt. Die Zuschauer liebten Bills Reaktionen auf Beweise menschlicher Unzulänglichkeit und Schwäche. Er war bekannt dafür, mit der Faust auf den Tisch zu hämmern, lauthals seine Mißbilligung zu verkünden oder manchmal auch einfach nur die Augen zusammenzupressen und still dazusitzen, während die Tränen über seine Wangen rannen. Immer dann, wenn eine Geschichte sich ihrem Höhepunkt näherte, schaltete der Regisseur pflichtschuldig auf eine Nahaufnahme um.
    Diesmal saß Bill einfach nur da, ein Mann voller Schmerz. Die Zuschauer konnten sehen, wie sich seine große Brust hob und senkte. Dann bewegte er die Hand vor dem Gesicht, als wollte er lästigen Rauch vertreiben. »Es gibt Zeiten«, sagte er schließlich, »da frage ich mich wirklich, warum Gott noch seine Hand über uns aufhält. Ich will mir nicht anmaßen, die Wege des Allmächtigen in Frage zu stellen, aber eines kann ich Ihnen sagen: Wäre das hier meine Welt, die Dinge stünden anders. Ich würde die Armen und Schwachen und Unschuldigen aktiv beschützen. Ich würde Feuer auf die Köpfe der Sünder herabregnen lassen.« Er seufzte schwer. »Doch unser Gott ist ein gütiger Gott. Und ein geduldiger Gott.«
    Falls einige aus seiner großen Zuschauerschar einen Hauch von Blasphemie in Old-Time Bills letzter Bemerkung entdeckt hatten, so war in den Zuschriften zu seiner Sendung jedenfalls nichts davon zu bemerken.
     
    Mike Swenson, der Inhaber von Mike’s Supermarket in Fort Moxie, war ein Fan der Show. Er hörte Old-Time Bills letzte Bemerkung, und irgend etwas an ihr machte ihn unruhig. Er dachte lange Zeit darüber nach, bis ihm der Grund klar wurde. Es war später Nachmittag, und Mike saß über seiner Bestelliste für die kommende Woche, als es ihm allmählich dämmerte.
    Überlege dir genau, was du dir wünschst.
     
    Gouverneur Ed Pauling war ein sehr beliebter Mann in North Dakota. Er hatte einen Weg gefunden, wie er die Schulen finanzieren und trotzdem die Verkaufssteuern um einen ganzen Punkt senken konnte. Er hatte die Staatsregierung reorganisiert und ihr zu größerer Effizienz verholfen, während die Kosten gesunken waren. Er hatte neue Arbeitsplätze geschaffen und Mittel von der Bundesregierung erhalten, um baufällige Brücken und zerfallende Straßen zu restaurieren. Ed hatte sogar den Farmern geholfen. Unter seiner Führung war North Dakota in die sonnigeren Regionen der Vereinigten Staaten aufgestiegen.
    Ed saß in Bismarck und beobachtete den Sturm, der über Johnson’s Ridge heraufzog. Der Zusammenbruch der Finanzmärkte hatte innerhalb weniger Tage den gesamten Staatshaushalt ruiniert und alles zunichte gemacht, was Pauling in den letzten drei Jahren erreicht hatte. Jede größere Bank in North Dakota stand vor dem Kollaps. Mehrere größere Gesellschaften steckten in Schwierigkeiten. Und eine ganze Menge Leute, denen Ed Gefälligkeiten schuldete, standen nun vor der Tür, um sie einzufordern. Unternimm endlich etwas.
    Er wußte, daß ein Anruf des Präsidenten unausweichlich bevorstand. Als es schließlich soweit war, befand Ed sich gerade in einer Besprechung mit seinen Wirtschaftsberatern. Er ging in sein Büro zurück, schloß hinter sich die Tür und schaltete die Bandmaschine ab. »Hallo, Mister President«, meldete er sich am Telefon und fügte ohne jeden Versuch, die Ironie seiner Worte zu verbergen, noch hinzu: »Wie geht es uns?«
    »Hallo

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