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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit
Autoren: Jack McDevitt
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sich sowohl die Angestellten als auch die Kunden der Firma wohler fühlen. Wenn das der Fall ist, und wenn ich auch nur den geringsten Anteil daran meiner Arbeit zuschreiben darf, dann waren die vielen Jahre hier ein Erfolg für mich.«
    April meinte, Harvey niemals glücklicher gesehen zu haben. Jedenfalls nicht während der zwölf Jahre, die sie inzwischen selbst bei Colson angestellt war. Und sie dachte auch, wie unendlich traurig das war.
    Der Direktor hatte sein gesamtes Leben dem Dienst an der Firma und ihren Angestellten gewidmet. Er hatte sich beharrlich geweigert, sich mit weniger als Perfektion zufriedenzugeben. Und heute, in seiner letzten Nacht mit den Kollegen, betonte er dieses Prinzip aufs neue. »Verwechseln Sie niemals Perfektion und Produktion. Wer keine Fehler begeht, der arbeitet nicht.«
    Seine Untergebenen liebten ihn.
    Sie beobachtete, wie er allen Anwesenden dankte. Er stand im Begriff, in die Dunkelheit zu gehen. Nach der Feier würde er den Rest der Woche in seinem Büro verbringen, und dann war es vorüber.
    Auf gewisse Weise ist dieser Augenblick der schönste in meinem Leben.
    Mein Gott, war das am Ende alles, was blieb? Ein paar Dutzend Leute auf einer Dinnerparty, zu Tränen gerührt – bald schon würden sie wieder vollauf mit ihren eigenen Leben beschäftigt sein und Harvey Keck ganz sich selbst überlassen.
    Verstohlen wischte sie sich über die Augen.
    Etwas Derartiges würde ihr nicht widerfahren. Sie würde sicherstellen, daß ihr Leben mehr Spuren hinterließ als die einer netten Kollegin im Büro. Und Tom Laskers geheimnisvolle Yacht würde der Schlüssel dazu sein.

 
7
     
     
    Das ferne Brüllen der weichenden Zeit …
    ›Küsten der Vergangenheit‹
    Walter Asquith
     
     
    Lasker war den ganzen Vormittag draußen gewesen. Er hatte an seinem Traktor gearbeitet, einen Zylinder abgedichtet und einen Keilriemen gewechselt. Gerade war er ins Haus zurückgekehrt und unterwegs zur Dusche, als die Glocke ging. Charlie Lindquist und Floyd Rickett standen vor der Tür.
    Charlie wog hundertvierzig Kilogramm, war zwei Meter groß und liebenswürdig, ein Mann, der davon überzeugt war, die Welt um den Finger wickeln zu können, indem er herausfand, was die Menschen hören wollten und es ihnen sagte. Genaugenommen war Charlie mit dieser Philosophie stets gut gefahren. Er hatte ein halbes Dutzend Geschäfte in Fort Moxie aufgezogen und war heute Besitzer der Intown Videothek, des Tastee-Freez (einem Eissalon, der im Winter natürlich geschlossen war), sowie von vier Zweifamilienhäusern in der Nähe der Stadtbücherei. Charlie war außerdem Direktor der Fort Moxie Booster Association und Vorsitzender des Stadtrates.
    Floyd saß ebenfalls im ehrwürdigen Rat der Stadt. Er war großgewachsen, besaß eine scharfgeschnittene Nase und blickte verkniffen drein. Floyd war bei der Post angestellt, fest von seiner Meinung überzeugt und hatte einen ausgeprägten Sinn für die Bedeutung seiner knappen Zeit entwickelt. Kommen Sie zur Sache war einer der Leitsprüche, die er gerne von sich gab, wobei er mit drei Fingern in die Luft boxte. Floyd boxte eine ganze Menge. Er boxte sich seinen Weg durch Unterhaltungen, durch politische Opposition im Stadtrat, und er boxte entgegengesetzte Meinungen aller Art nieder. Das Leben ist kurz. Die Zeit ist knapp. Kommen Sie zur Sache. Im Postamt hatte er sich auf die Probleme spezialisiert, die durch die gemeine Öffentlichkeit verursacht wurden. Floyd mißbilligte schlampig verschnürte Päckchen, unleserliche Handschriften oder Menschen, die es nicht fertigbrachten, die Postleitzahlen vorschriftsmäßig zu benutzen.
    So bedeutete es keine Überraschung, daß Charlie und Floyd nicht miteinander zurechtkamen.
    Sie schüttelten Tom Lasker die Hand, herzlich in Charlies Fall, eher nüchtern in Floyds. »Wie es scheint, kommen noch immer Leute her, um das Schiff anzusehen«, bemerkte Charlie wie beiläufig. Er empfand sich als einen Menschen von beträchtlicher Subtilität.
    »Ein paar. Hängt vom Wetter ab«, entgegnete Tom. Er führte die beiden ins Wohnzimmer, wo sie am Couchtisch Platz nahmen. »Ich schätze, es wird kalt«, sagte er.
    »Ja, schätze ich auch«, stimmte Floyd zu und boxte einen kleinen Kreis in die Luft, um seinen Standpunkt zu unterstreichen.
    »Wir haben es in der Stadt ebenfalls bemerkt«, sagte Charlie. »Es kommen nicht mehr so viele Leute wie noch vor ein paar Tagen.« Er schüttelte den Kopf. »Zu schade, daß du das Schiff nicht im
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