Die Kugel und das Opium
seinen Bauch, Magen und Darm wurden verletzt, und er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, doch er geriet an einen Offizier. Seinerzeit haben die Ausnahmetruppen zur Überwachung Soldaten in viele Krankenhäuser geschickt, wo sie dreist jedwede Rettungsmaßnahme für »Rowdys« untersagten. Deshalb konnten alle nur zusehen, wie er blutete, wie entsetzlich er schrie und schließlich starb. Im »Totenschein« durften sie auch nicht das Wort »Schussverletzung« benutzen, sondern nur von »hohem Blutverlust« sprechen. Seine Asche ist auf dem Babaoshan-Friedhof beigesetzt.
Sein Vater hat sich mehrfach mit Eingaben an das Amt für Öffentliche Ordnung im Bezirk Weststadt in Beijing-Stadt und an den Ministerpräsidenten Li Peng gewandt wegen des Unrechts, das seinem Sohn widerfahren ist, doch alles versank wie ein Stein im Meer.
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Chen Senlin,
männlich, 36 Jahre, Arbeiter der Fabrik Nr. 707 in Beijing-Stadt
In der Nacht des 3 . Juni 1989 wurde er, mit dem Rad unterwegs zum Xidan, von den Ausnahmetruppen auf der Straße erschossen. Seine Angehörigen waren aufs Äußerste beunruhigt, haben sämtliche Krankenhäuser Beijings abgeklappert, ohne Erfolg; wenig später ließen sie vom Städtischen Gesundheitsamt überall nach anonymen Leichen fahnden, bis schließlich einen Monat später alles auf das Krankenhaus Nr. 2 von Beijing-Stadt hinauslief. Die sterblichen Überreste in den Kühlkammern waren längst in Verwesung übergegangen, die Angehörigen haben ihn erst anhand der Kleidung und alter Narben identifizieren können. Nach der Einäscherung wurde er in seiner Heimat Jiangsu beigesetzt.
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Shi Haiwen,
männlich, 20 Jahre, diesjähriger Absolvent und Doktorand der pharmazeutischen Akademie von Shenyang, seinerzeit Zusatzausbildung am Beijinger Forschungsinstitut für Nährstoffquellen
In der Nacht des 4 . Juni 1989 wurde er von einer Kugel im Nacken getroffen und war sofort tot. Seine sterblichen Überreste wurden im Beijinger Jishuitan-Krankenhaus entdeckt.
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Yang Hanlei,
männlich, 19 Jahre, Student an der Kochschule des Liufang-Hotels in Beijing-Stadt
In den frühen Morgenstunden des 4 . Juni 1989 ist er an der südlichen Einmündung des Nanchizi vom wahllosen Feuer in der Milzgegend getroffen und in die Notaufnahme des Xiehe-Krankenhauses gebracht worden, wo er infolge des hohen Blutverlustes starb. Sein mit Glück entkommener Kamerad hat seiner Familie sofort Bescheid gesagt. Seit der Einäscherung wird die Urne in der Familie verwahrt.
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XXX ,
Alter und Namen von den Angehörigen nicht freigegeben, männlich, ursprünglich Reporter bei der
Kailuan-Bergmannszeitung,
später zur Nachrichtenagentur Neues China versetzt
Wurde am 4 . Juni 1989 erschossen, Einzelheiten nicht bekannt.
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Wang Yaohe,
männlich, 40 Jahre, Koch in einem Restaurant am Chaoyangmenwai
In den frühen Morgenstunden des 4 . Juni 1989 erschossen, Einzelheiten nicht bekannt.
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Peng Jun,
männlich, 30 Jahre, Mitarbeiter des Beijinger Sekretariats der Produktions- und Aufbauarmee Xinjiang
In den frühen Morgenstunden des 5 . Juni 1989 gegen 6.40 Uhr hat er seine Einheit an der Dongda-Brücke im Bezirk Chaoyang verlassen, um sich etwas zum Frühstück zu kaufen, unterwegs ist er in einen Stoßangriff der Ausnahmetruppen geraten, wurde von zwei Kugeln getroffen, einmal in den Knöchel, einmal ist die Kugel von hinten in die rechte Brustseite eingedrungen und vorne links wieder hinausgeplatzt, er wurde in die Notaufnahme des Changyang-Krankenhauses gebracht, aber ihm konnte nicht mehr geholfen werden.
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Liu Qiang,
männlich, Alter unbekannt, Student der Pädagogischen Hochschule von Hebei
Während der Studentenunruhen nach Beijing gekommen, um an der patriotischen Bewegung teilzunehmen, ist bei dem großen Massaker in den frühen Morgenstunden des 4 . Juni 1989 von einem Augenblick auf den anderen spurlos verschwunden, bis heute gibt es keine Nachricht von ihm.
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Su Xin,
weiblich, 29 Jahre, Angestellte beim Stammsitz der Chinesischen Buntmetall In- und Export, Beijing-Stadt
In der Nacht des 3 . Juni 1989 um Mitternacht war sie von der Wohnung ihrer Mutter am Fuwaida-Boulevard nach Hause unterwegs, hörte das Aufbranden der Schüsse, machte sich auf einmal Sorgen, dass ihre Mutter so alleine war, und hat kehrtgemacht. Unerwarteterweise wurde sie an der südlichen Einmündung der Nantishi-Straße aufgehalten. Die Ausnahmetruppen fluteten heran, und von ihrem Sperrfeuer wurde die Menge
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