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Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Titel: Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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heben. Und dann sah er gar nichts mehr.

17
    Das Erste, was er bewusst wahrnahm, noch vor den Schmerzen und der völligen Dunkelheit, war dieser Geruch: eine penetrante Mischung aus Schimmel, Urin und Ammoniak, die durch seinen Kopf zu wabern schien und in seinem ganzen Körper ein Gefühl der Übelkeit erzeugte. In seiner rechten Seite wanderten die Schmerzen auf und ab, als wären sie unfähig, sich irgendwo einzunisten. Und sein Mund war staubtrocken.
    Eine ganze Weile lag er auf der Seite – auf der, die weniger wehtat – und versuchte, eine Lichtquelle auszumachen. Plötzlich hatte er Angst, dass er nicht mehr sehen konnte, doch nach einer Weile merkte er, dass die Dunkelheit eine andere war, wenn er die Augen öffnete: Sie war irgendwie räumlich, und er entwickelte ein Gefühl für Entfernungen. Er hatte zwar keine Lust, sich in die Dunkelheit hineinzubegeben, aber er wusste, dass er nicht einfach hier herumliegen und abwarten konnte, bis das Licht kam, also versuchte er sich Stück für Stück aufzurichten, indem er sich mit den Ellbogen von der harten Oberfläche abdrückte. Im selben Moment zogen sich seine Rippen schmerzhaft zusammen, und er spürte eine heftige Übelkeit. Aufs Schlimmste gefasst, versuchte er es erneut, versuchte, sich vorwärtszurollen, damit sein Arm besser Halt fand; aber mit jedem Atemzug durchzuckten ihn aufs Neue Schmerzen. Sein rechter Arm war nicht zu gebrauchen.
    Nach einer Minute hatte er sich, auf seinen gesunden Arm gestützt, halb aufgerichtet. Vorsichtig rutschte er mit seinen Beinen vorwärts und war froh, dass sie sich noch bewegen ließen, aber als seine Füße in die Dunkelheit glitten, wurde er erneut von Schmerzen geplagt. Er hockte jetzt auf einem Sims, oder auf einem Bett, und während er seine Beine über die Kante schob, gelang es ihm, den Rest seines Körpers in die Senkrechte zu wuchten, und für eine Weile saß er zusammengekauert da und atmete mit flachen Zügen die heiße, stickige Luft ein.
    Er tastete seine Taschen nach seinem Handy ab und stellte fest, dass er immer noch die Robe trug. Er hätte sie bei der Hitze am liebsten ausgezogen, aber er wusste, dass er es nicht schaffen würde. Das Handy war nicht mehr da, doch in der Tasche befand sich noch etwas anderes, und indem er sich zurücklehnte und streckte – wobei seine Bauchmuskeln höllisch wehtaten – konnte er seine Hand durch die Öffnung der Djellaba in die widerspenstige Tasche seiner Jeans zwängen, und dort, neben einer zerdrückten Zigarettenpackung, fühlte er es schließlich: das glatte Plastikgehäuse des billigen Feuerzeugs, das er gestern Abend gekauft hatte.
    Bei Licht wirkte der Raum bedrückender als die unbarmherzige Dunkelheit. Es handelte sich um eine Zelle, vielleicht 2,50 mal 2,50 Meter groß, und nur eine rostige Metalltür unterbrach deren poröse graue Wände, die in der Hitze schwitzten. Abgesehen von der schmalen Betonplatte, auf der er saß, und einer auf der anderen Seite, die einen Zwischenraum von einem Meter ließen, war der Raum leer, und die konsequente Ausrichtung auf seinen trostlosen Zweck hatte etwas Unverfälschtes. In die Wände war nichts eingeritzt, und Webster fragte sich, ob er womöglich die erste Person war, die man hierher verfrachtet hatte. Vorsichtig überprüfte er seinen Kopf und seine Seite auf Blut, entdeckte jedoch nichts weiter als eine lange, etwas tiefere Schürfwunde, die von seiner Stirn über seine Schläfe lief.
    Inzwischen war das Rädchen des Feuerzeugs so heiß geworden, dass er es nicht mehr festhalten konnte. Mühevoll beugte er sich im Dunkeln hinunter, band einen seiner Schuhe auf und zog ihn aus, dann sammelte er alle Kräfte und stand, die Hand hinter sich an der Wand, mit einer einzigen schmerzhaften Bewegung auf. Bedächtig schlurfte er vorwärts und fing an, mit dem Absatz des Schuhs in seiner linken Hand in einem langsamen, gleichmäßigen Rhythmus gegen die Eisentür zu schlagen. Er bemerkte, dass um den Türrahmen herum kein Licht zu sehen war.
    Das dumpfe Gehämmer dröhnte in seinem Schädel und störte beim Nachdenken, aber er versuchte sich zu entspannen und vorzustellen, was mit ihm passiert war. Er war von einem Auto oder Lkw angefahren worden. So viel wusste er, und er konnte sich daran erinnern, dass er das bereits in dem Moment gewusst hatte, als er auf dem Boden aufgeschlagen war. Warum lag er dann nicht im Krankenhaus? Man hatte doch bestimmt bemerkt, dass er verletzt war, und einen Krankenwagen gerufen, oder? Er

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