Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)
besorgen und einen Anwalt finden, der kein Problem damit hatte, gefälschte Dokumente zu beglaubigen. Hammer hatte die Frage aufgeworfen, ob sie denn ebenfalls die Unterschrift benötigten. Falls – und darin lag die große Schönheit des Plans – es reichte, dass die Falle glaubwürdig und nicht perfekt war, dann spielte doch wohl die Echtheit der Unterschrift auch keine Rolle mehr, oder? Es kam nicht darauf an, dass die ganze Geschichte richtigen Ermittlungen standhalten würde, sondern ob Rad glaubte, dass überhaupt Ermittlungen drohten; in dem Fall müsste er, wie sie selbst, wohl annehmen, dass die internen Untersuchungen durch seine Vorgesetzten in Teheran kaum gründlich und fair verlaufen würden. Gerechtigkeit war im Iran ein grausames Geschäft. Rad hatte sie dreißig Jahre lang vollstreckt, und mehr als jeder andere wusste er, wie sich das abspielte.
Für Webster hingegen waren das Spekulationen. Je realer die Fiktion, desto unwahrscheinlicher war es, dass Rad Gelegenheit hatte, sie anzuzweifeln. Er wollte, dass die Dokumente die Unterschrift von Mohamed Ganem trugen, damit Rad bei ihrem bloßen Anblick wusste, dass er in der Falle saß.
Leider ließ sich Ganems Unterschrift nicht so leicht auftreiben. Kamila war erneut zu dem Hotel gefahren, in dem die Iraner abgestiegen waren, und obwohl sie jede Empfangsdame und jedes Zimmermädchen in Sichtweite geschmiert hatte, hatte sie weder Kreditkartenbelege noch Zimmerservice-Rechnungen auftreiben können, rein gar nichts. Eine Kopie der American-Express-Karte, mit der sie bezahlt hatten, befand sich bei den Unterlagen, aber das war auch schon alles, und irgendwie hatte es jeder der drei geschafft einzuchecken, ohne dass ihre Pässe abgelichtet wurden. Kamila hatte auch die Autovermietung aufgesucht, aber es existierte kein schriftlicher Vertrag.
Also wandte Webster sich an Oliver. Die Rechnung für die Kreditkarte waren an eine Adresse in Dubai gegangen: eine Wohnung in einer Anlage, die vor zwei Jahren errichtet worden war, und die eine ortsansässige Firma, Abbas Real Estate, befristet gemietet hatte. Es lagen jedoch keine Firmenunterlagen vor, und zu Olivers großer Verärgerung weigerte man sich im Vermittlungsbüro, ans Telefon zu gehen. Sosehr Webster ihm auch in den Ohren lag, er konnte nicht viel mehr für ihn tun.
Inzwischen war ein sehr viel größerer Betrag aus dem Verkauf von Tabriz rund um den Globus auf dem Weg Richtung Osten: von den Amerikanern über Qazais Konto und weiter über ein oder zwei Mittelsmänner zu einer Bank in Indonesien, entsprechend Rads Anweisungen. Wenn alles klappte, würde das Geld am Freitag in Indonesien eingehen, und dann wäre Qazais Vertrag mit seinen wahren Dienstherren abgegolten, und ein neuer Vertrag würde in Kraft treten.
Einen Anwalt zu finden, war letztlich kein Problem. Ein gewisser Mr. Holmes, der Teilhaber einer Kanzlei in Mayfair, die früher einmal von einem hellsichtigen und wertvollen Rat Hammers profitiert hatte, tat ihm gerne den Gefallen, nachdem man ihm versichert hatte, dass niemand seine Redlichkeit kaum je anzweifeln würde. Hammer beraumte für die Unterzeichnung der Papiere am Donnerstagnachmittag ein Treffen an, und gegen Mittag desselben Tages erzielte Webster, angespornt durch die unaufschiebbare Deadline, den benötigten Durchbruch. Fünf Telefonate mit mehreren Hotels in Caracas später faxte man Hammer, dessen Spanisch immer noch gut war, Kopien vom Pass eines gewissen Mohamed Ganem, der sich im Januar dort aufgehalten hatte – Diktaturen, hatte Hammer festgestellt, nahmen es mit Dokumenten genau. Rads Gesicht war gerade so zu erkennen, und zum ersten Mal wirkte er fast verletzlich.
Mr. Holmes hielt Wort, und am Donnerstag um vier verließen Webster und Holmes sein Büro mit glaubwürdigen Dokumenten, die komplett gefälscht und gleichzeitig vollkommen echt waren und die belegten, dass Mohamed Ganem aus Dubai soeben Eigentümer von Burnett Holdings Ltd. auf Mauritius geworden war, die, falls jemand das nachprüfte, momentan über zwanzig Millionen Dollar verfügte.
Jetzt mussten sie Rad nur noch erzählen, was sie getan hatten und was sie tun wollten, falls er Mordgedanken hegte. Das Problem war, dass er nicht an sein Handy ging: Die Nummer, die er Qazai gegeben hatte und die man vor drei Tagen noch hatte anrufen können, war jetzt nicht mehr zu erreichen. Er hatte nicht vor zu kommunizieren, denn das war für seinen Auftrag nicht mehr erforderlich. Webster hatte keine Ahnung,
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