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Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Titel: Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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des Schweigens sagte sie: »Ich glaube, er will dir helfen.«
    »Wie das denn?« Er bedauerte den verärgerten Tonfall in seiner Stimme.
    »Indem er dich aus deinem gewohnten Trott holt.«
    »Und das soll mir helfen?«
    Elsa schwieg erneut. Als Psychotherapeutin besaß sie die Gabe, eine Stille zu erzeugen, die ihre Patienten dann ausfüllen mussten.
    »Ich traue ihm nur nicht«, sagte er. »Nicht Ike, obwohl er sich für oberschlau hält. Nein, dem Klienten.« Er legte sich auf den Rücken. »Er ist kein guter Mensch. Aber er will, dass wir das behaupten.«
    Eine Pause. »Ben, ich glaube, das trifft nicht den Punkt.« Er drehte seinen Kopf und schaute sie an, und sie fuhr fort. »Bis zu einem gewissen Grad warst du beeindruckt. Und das hat dich irritiert. Normalerweise betrachtest du die Reichen sofort als deine Feinde. In deinen Augen sind sie alle korrupt.« Er wandte den Blick ab. »Aber das ist gefährlich. Das trübt dein Urteilsvermögen. Diese irrationalen Ängste.«
    »Das sind keine irrationalen Ängste. Sondern Beobachtungen.«
    »Schön, und dein Klient? Er ist charmant, er spendet Geld, und er hält eine gute Rede. Was, wenn er in Ordnung ist? Er ist kein Oligarch. Er musste nichts stehlen. Er investiert lediglich Geld.« Sie hielt inne. »Und das passt nicht in dein Weltbild?«
    »Er häuft ein Vermögen an, ohne etwas Nützliches zu tun. Ich finde das nicht besonders sympathisch. Und mir gefällt die Vorstellung nicht, dafür bezahlt zu werden, ihm einen neuen Anstrich zu verpassen. Es wundert mich, dass Ike das gefällt. Das gehört nicht zu unserem Job.«
    Elsa setzte sich im Bett auf, griff nach ihrem Tee und trank einen Schluck. Sie schaute zu ihm hinunter, aber er erwiderte ihren Blick nicht.
    »Armer Ike«, sagte sie. »Irgendwann wird er die Geduld verlieren. Hast du dir deswegen mal Gedanken gemacht? Ich schon.« Er sah sie an. »Ich weiß nicht, wie lange das noch so weitergehen kann. Du verachtest deine Klienten. Das ist eine seltsame Form von Selbsthass. Wenn du nicht aufpasst, wird er immer größer, und du traust niemandem mehr.«
    Webster seufzte. Es gab Zeiten, da wäre er mit seinen Selbsttäuschungen lieber alleine geblieben, aber sie hatte recht. Fünf Minuten wach, noch nicht ganz da, ohne das wohltuende Nass eines Sees und ohne Leibesübungen, und sie hatte – einfach so – recht.

4
    Die Büros von Tabriz Asset Management belegten die vier obersten Etagen eines unspektakulären modernen Hochhauses, das mit schneeweißen Platten und schwarzem Glas verkleidet war und über der Liverpool Street Station emporragte. Hammer und Webster nannten ihre Namen und bekamen jeder einen Plastikausweis, dann fuhren sie mit dem Lift in den sechsundzwanzigsten Stock hinauf.
    Die Türen öffneten sich, und vor ihnen erstreckte sich eine Lobby aus poliertem Holz und grauem Marmor. Auf der einen Seite blickte man durch riesige Fenster nach Westen über die City hinweg zur St Paul’s Cathedral, und auf der anderen Seite auf chaotisch angeordnete niedrigere Gebäude, die sich im Osten kilometerweit über die Ebene entlang der Themse erstreckten. Vor ihnen, in identischen schwarzen Anzügen, saßen drei junge Frauen hinter einem langen, sanft geschwungenen Tresen, an dessen Ende jeweils ein extravaganter Strauß Lilien und Iris stand; allerdings trugen sie kaum dazu bei, die spartanische Atmosphäre in den Geschäftsräumlichkeiten aufzulockern. Auf seine freundliche Art erklärte Hammer der ersten Empfangsdame, dass sie für ihre Verabredung mit Darius Qazai etwas früh dran seien, worauf sie ihn bat, Platz zu nehmen, und als er sich gesetzt hatte, griff er nach einem Exemplar des aktuellen Firmenberichts für die Investoren. Webster stand mit den Händen in den Taschen am Fenster und ließ seinen Blick über die Aussicht wandern. Aus dieser Höhe konnte er den historischen Grundriss der Stadt erkennen, obwohl Grundriss es nur unzureichend beschrieb: Es handelte sich um ein gewundenes Wirrwarr alter Straßen, lang gezogen und schmal, zwischen gedrungenen Kästen aus der Edwardischen Epoche und hässlichen Hochhäusern im postmodernen Stil sowie einem halben Dutzend kleiner Kirchturmspitzen, und alles lag im grellen Licht der Nachmittagssonne.
    »Es ist schon ein seltsames Geschäft«, sagte er, drehte sich um und setzte sich neben Hammer auf einen der niedrigen Stühle aus Chrom und Leder.
    »Was denn?«, fragte Hammer, ohne aufzublicken.
    »Das hier. Geld verdienen, indem man Geld verdient.«
    Hammer

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