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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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heute wird unsere angeborene Geselligkeit attackiert. Ich habe gerade an einer Radiosendung teilgenommen, in der die Maßnahmen einer Regierungsorganisation gegen das Rauchen diskutiert wurden. Nachdem man das Rauchen am Arbeitsplatz verboten hat, scheinen sich nichtrauchende Kollegen nun darüber zu beschweren, dass die Raucher dauernd zu einer Zigarettenpause hinaushuschen. Folglich wird angenommen, dass Raucher weniger arbeiten als Nichtraucher. Damit steht ein Kollege gegen den anderen; wir werden ermutigt, miteinander zu konkurrieren, statt zusammenzuarbeiten.
    Dieser Falle kann man entkommen, wenn man sich der Gemeinschaft zuwendet. So lässt sich die Einsamkeit beenden. Nachbarn und Freunde arbeiten zum Vergnügen zusammen. Man veranstaltet Partys und gründet Clubs. Ich habe festgestellt, dass ein gemeinsames Ziel, wie unerheblich es auch sein mag, dem Trinken im Pub eine zusätzliche Dimension des Genusses verleiht. Es bedeutet nämlich, dass man nicht bloß vor der Arbeit flüchtet. Deshalb verabrede ich mich für Besprechungen um 17 Uhr im Pub. Dann bereitet das Treffen eine besondere Freude und leitet ganz natürlich zu der weniger formellen Heiterkeit des Abends über.
    Gemütlichkeit, Heiterkeit, gute Gesellschaft – dies sind die Heilmittel gegen die Einsamkeit, denn sie können dazu beitragen, das gespaltene Ich zusammenzufügen.
    ÖFFNE DEINE TÜREN

16
    Unterwirf dich nicht länger
der Maschine, benutz deine Hände
    Es ist zu bezweifeln, ob alle bisherigen technischen
Erfindungen die Tageslast auch nur eines menschlichen Wesens
erleichtert haben… [Maschinen] haben einer größeren
Bevölkerung ermöglicht, das gleiche Leben der Schinderei
und der Inhaftierung zu führen, während eine gestiegene Zahl
von Fabrikanten und anderen ein Vermögen scheffelt.
John Stuart Mill, Grundsätze der politischen Ökonomie, 1848
    … in demselben Maße, wie Maschinerie und Teilung der Arbeit
zunehmen, in demselben Maße nimmt auch die Masse
der Arbeit zu, sei es durch die Vermehrung der Arbeitsstunden,
sei es durch Vermehrung der in einer gegebenen Zeit
geforderten Arbeit, beschleunigten Lauf der Maschinen usw.
Marx und Engels, Das Kommunistische Manifest, 1848
    We work, you play.
Werbespruch für Indesit-Waschmaschinen, 2005
    Die Maschine als Erlöser und als automatisierter Sklave ist die größte Enttäuschung des industriellen Projekts. Das seit langem verheißene technologische Utopia, in dem Roboter sämtliche Arbeit verrichten, während wir uns mit Philosophie beschäftigen, edle Weine trinken und Sex genießen, hat sich nie verwirklicht. Einige unserer besonders radikalen und anarchischen Kommentatoren erhofften sich ein mechanisches Paradies, in dem die Maschinen sämtliche Arbeiten übernehmen. So schreibt der Kropotkin-Fan Oscar Wilde in Der Zynismus und die Seele des Menschen (1891): »DerMensch ist zu etwas Besserem da, als Schmutz zu entfernen. Eine Arbeit dieser Art müsste von einer Maschine besorgt werden … jede Arbeit, die mit widerlichen Dingen zu tun hat und den Menschen in abstoßende Situationen zwingt, muss von der Maschine getan werden.« Unterdessen sollte der Mensch den Müßiggang pflegen. Paul Lafargue, Karl Marx’ Schwiegersohn, äußert sich ähnlich in Das Recht auf Faulheit (1883): »Sie begreifen noch nicht, dass die Maschine der Erlöser der Menschheit ist, der Gott, der den Menschen von den ›sordidae artes‹ und der Lohnarbeit loskaufen, der Gott, der ihnen Muße und Freiheit bringen wird.« Der große Science- Fiction-Autor H. G. Wells malt sich in Jenseits des Sirius (1905), ein Hightech-Paradies aus, in dem die Züge mit 300 Meilen in der Stunde dahinrasen. In dem Film Der Schläfer zeigt Woody Allen Butler-Roboter, welche die Arbeit machen, während die Menschen herumliegen und sich vergnügen; und heute kaufen wir »Haushaltsgeräte« in der Hoffnung, dass sie uns etwas von unserer Bürde abnehmen.
    Leider haben sich unsere Erwartungen nicht erfüllt. Die Maschinen haben uns nicht von der Schufterei befreit, denn sie müssen von Menschen gewartet werden und gehören den Kapitalisten, in deren Händen sie zu Werkzeugen der Versklavung und der ausgedehnten Langeweile geworden sind. Einfach ausgedrückt: Man beschäftigt Menschen zu Niedriglöhnen, damit sie Maschinen bedienen und Gewinne für die Firmeneigentümer erwirtschaften. Zudem verlangt der hohe Kapitalaufwand für große Maschinen, dass sie so intensiv wie möglich genutzt werden, was zu Überstunden und

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