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Die Kunst, gelassen zu erziehen

Die Kunst, gelassen zu erziehen

Titel: Die Kunst, gelassen zu erziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kunze , Lienhard Valentin
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vielleicht mehr Grenzen setzen oder mit mehr Konsequenz begegnen sollte, sondern vielmehr mangelnde Achtsamkeit von unserer Seite.
    Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Eine Mutter kommt von der Arbeit nach Hause, und ihr 22 Monate alter Sohn stürmt
begeistert herbei, um sie zu begrüßen. Er möchte nach einem Tag des Getrenntseins wieder Kontakt herstellen. Die Mutter hat jedoch eine andere
Vorstellung. Sie möchte erst aus ihrer beruflichen Rolle herauskommen, bevor sie in ihre Mutterrolle wechselt, also umarmt sie das Kind nur flüchtig und
geht mit den Worten »Ich bin sofort wieder da« ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Dieser kurze, wenig achtsame Kontakt, gefolgt von einer weiteren
räumlichen Distanz, ist für das Kind so unbefriedigend, dass es ihr weinend hinterherläuft und auf den Arm genommen werden möchte.Die
Mutter versucht, das Kind abzuschütteln, um zunächst ihr eigenes Ziel zu erreichen, bevor sie sich ihm widmen will. Dies regt ihren Sohn jedoch nur noch
mehr auf, was wiederum der erschöpften Mutter auf die Nerven geht. Sie sagt streng: »Ich werde nicht mit dir spielen, wenn du nicht sofort aufhörst!«
Durch diese Drohung empfindet das Kind eine noch größere Distanz und regt sich noch mehr auf. Jetzt möchte die Mutter dem Kind gar keine positive
Aufmerksamkeit mehr schenken, denn in ihren Augen benimmt es sich schlecht.
    ÜBUNG
    Was macht Sie wütend?
Wenn Sie an zurückliegende Konflikte mit Ihrem Kind denken: Was haben Sie im Einzelnen getan? Versuchen Sie, den Ablauf möglichst genau nachzuvollziehen. Können Sie einen Auslöser erkennen, der Sie in Rage gebracht hat? Wann werden Sie ungeduldig?
Gibt es einen Auslöser, der Sie »verrückt« macht oder an den »Rand des Wahnsinns« treibt? (Beispiel: Mein 10-jähriger Sohn ist »ein kleiner Träumer«. Wir haben es eilig, und er steht nur herum, als ob ihn das alles nichts angeht.)
Wann platzt Ihnen am ehesten der Kragen? (Zum Beispiel wenn er überhaupt nicht mithilft und dann auch noch im Weg steht. Oder wenn alles, was ich sage, zum einen Ohr rein- und zum anderen rausgeht.)
Wie hat sich Ihr Kind verhalten, als Sie es geschimpft oder angeschrien haben? (Ist zum Beispiel verletzt, weint und wird dadurch kein bisschen aktiver.)
Welche Konflikte wiederholen sich zwischen Ihrem Kind und Ihnen? Gibt es Muster im Ablauf? (Zum Beispiel erwarte ich mehr Mithilfe, er merkt (scheinbar) nichts davon und kommt nicht auf die Idee, mehr Verantwortung zu übernehmen. Oder er wird morgens nie pünktlich fertig, obwohl ich ihn ständig erinnere, dass wir bald fahren müssen und er sich beeilen soll.)
Gibt es bestimmte Situationen mit Ihrem Kind, in denen Sie häufig auf den »unteren Weg« gelangen? Vielleicht sind das bestimmte Themen oder ist es eine bestimmte Art der Kommunikation? (Zum Beispiel meine Erwartungshaltung an ein »schon großes« Kind, eigene Überlastung und Frust, dass ich alles selber machen muss, meine Interpretation der Situation, dass er sich aus der Verantwortung stiehlt, indirekte Kommunikation durch Verbreiten von Hektik und Herummeckern, statt ihn rechtzeitig einzubinden und ihm konkret zu sagen, was ich von ihm in dieser Situation erwarte.)
    Die Botschaft des Kindes, wie wichtig es ihm ist, nach einem langen Tag des Getrenntseins den KONTAKT zur Mutter wiederherzustellen, wird nicht wahrgenommen. So handelt es aus Frustration darüber, nicht verstanden zu werden. Es versucht weiterhin, einen Kontakt herzustellen, wenn auch auf negative Weise.
    Situationen wie die oben beschriebene sind Alltag im Leben mit Kindern. Sehen wir uns die Geschichte der Mutter unter diesem Blickwinkel noch einmal etwas näher an. Es beginnt eigentlich mit einer kleinen, nur allzu verständlichen UNACHTSAMKEIT : Aus dem Bedürfnis der Mutter heraus, erst einmal zu Hause anzukommen, hat sich eine Vorstellung über den weiteren Verlauf des Abends entwickelt. Da sie ihren Sohn nicht in ihren Plan einbezogen hat und mit ihm nicht wirklich in Kontakt getreten ist, um so ein Gefühl für ihn und seine innere Wirklichkeit zu bekommen, geht sie über ihn hinweg. Als er seiner Frustration Ausdruck verleiht, interpretiert sie dies als unangemessenes Verhalten und wird immer entnervter – sie gerät zunehmend auf den »unteren Weg« (siehe >) . Das heißt, sie gerät in Stress, der wiederum dazu führt, dass sie die Situation und ihren Sohn nur noch aus ihrem Blickwinkel heraus interpretiert – und er scheint ihre Sicht durch sein Verhalten

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