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Die Kunst, gelassen zu erziehen

Die Kunst, gelassen zu erziehen

Titel: Die Kunst, gelassen zu erziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kunze , Lienhard Valentin
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auch noch zu bestätigen. Der Schritt zu Handgreiflichkeiten oder zumindest lautstarken Schimpftiraden ist nun nicht mehr weit.
    Im obigen Fall wäre beiden durch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit seitens der Mutter der ganze Stress erspart geblieben. Statt einer flüchtigenUmarmung hätte sie ihre eigenen Vorstellungen erst einmal beiseitestellen, ihren Sohn in die Arme schließen und die Wiedersehensfreude mit ihm gemeinsam genießen können. Es hätte vermutlich nicht lange gedauert, und aus dieser Erneuerung ihrer Beziehung hätten sich auch die nächsten Schritte ergeben.
Präsenz in jedem Augenblick
    Es geht hier nicht um ein Lösungsmodell, sondern darum, die Beziehung an die erste Stelle zu setzen. Wenn wir achtsam und in Beziehung sind, brauchen wir KEIN ERZIEHUNGSPROGRAMM . Wir erkennen in der jeweiligen Situation, was jetzt angemessen ist, und das ist letztlich nie vorhersehbar. Es hängt von unserem Zustand ab, von dem, was das Kind erlebt hat, und von vielem mehr. Jede Situation ist anders – auch wenn sie von außen ähnlich aussehen mag. Und nur wenn wir präsent sind und uns immer wieder auf das Leben einstimmen, wie es sich uns im jeweiligen Moment zeigt, können wir kreativ antworten, statt automatisch zu reagieren.
    In schwierigen Alltagssituationen liegt es an uns, wie wir damit umgehen, ob wir den unteren Weg wählen und unseren Impulsen nachgeben, oder ob wir den oberen Weg der Achtsamkeit einschlagen wollen. Auch wenn wir alles so annehmen sollen, wie es ist, heißt das nicht, dass wir jeden Impuls einfach ausagieren dürfen, dass sozusagen alles erlaubt ist. In der buddhistischen Psychologie wird das Ausagieren nach dem Verdrängen oder Ignorieren als zweitbeste Möglichkeit angesehen, vor sich selbst DAVONZULAUFEN .
Einen neuen Weg gehen
    In der Achtsamkeitspraxis wird uns ein neuer Weg gezeigt: Weder verdrängen wir unsere sogenannten negativen Gefühle, noch agieren wir sie aus. Wir geben ihnen INNERLICH RAUM und berühren sie mit einemannehmenden, liebevollen Gewahrsein. Dadurch erweitert sich unser innerer Raum, wir nehmen uns selbst und unsere Kinder auf tiefere Weise wahr, und langsam befreien wir uns aus der Zwangsjacke unserer alten Konditionierungen und finden einen Weg, gemeinsam mit unseren Kindern zu wachsen.
Konflikte sind wichtig
    Oft denken wir, wir machen etwas falsch, wenn wir Schwierigkeiten haben. Wir glauben, wenn es Konflikte gibt, stimmt entweder mit den Kindern etwas nicht, oder wir hätten als Eltern versagt. Dieser Mechanismus sitzt sehr tief und löst sofort eine große Unruhe in uns aus, wenn sich irgendwo ein Problem anbahnt. »Wahrscheinlich hat er nicht genug Liebe bekommen, wenn er sich jetzt so benimmt!« »Wir hätten doch mehr Grenzen setzen sollen, wenn sie jetzt nicht tut, was wir wollen!« »Was haben wir nur falsch gemacht?« Mit solchen Gedanken verlieren wir uns in Schuldgefühlen und Selbstzweifeln und verkennen die NOTWENDIGKEITEN und CHANCEN , die mit zwischenmenschlichen Konflikten einhergehen. Denn die Vorstellung, dass es einen Weg geben könnte, alle Schwierigkeiten und Konflikte zu vermeiden, ist vollkommen lebensfremd. Es ist sogar außerordentlich schädlich, zu glauben, dass unser Leben wunderbar verliefe, würden wir nur alles richtig machen. Damit setzen wir uns unter einen solch enormen inneren Druck, dass wir mit unserem Kind kaum mehr wirklich in Kontakt kommen. Die Augen der Liebe und Achtsamkeit kennen kein »richtig« und »falsch« – sie sehen tiefer. Wenn wir uns und unser Tun ständig bewerten, verlieren wir den inneren Raum, der notwendig ist, um wahrzunehmen, was wirklich geschieht – unsere Augen des Herzens bleiben verschlossen. Konflikte lassen sich im Zusammenleben mit anderen Menschen nicht vermeiden, sie gehören zum Leben dazu. Sie treten dann auf, wenn die persönlichen Grenzen eines Menschen überschritten werden, wenn die individuelle Belastbarkeit erschöpft ist.
    Konflikte helfen uns, Schwierigkeiten zu erkennen und uns WEITERZUENTWICKELN . Denn wir können versuchen herauszufinden, was uns ins Schleudern bringt, und lernen, Konflikte nicht eskalieren zu lassen, sondern auch in kritischen Situationen ruhig zu bleiben.
Sich neu verbinden
    Wenn es uns gelingt, innezuhalten und aus der Konfliktsituation für einen Moment auszusteigen, können wir den Kontakt zur inneren Wirklichkeit unseres Kindes wiederherstellen. Wir können Wege finden, uns aufs Neue mit unserem Kind zu verbinden, wenn das Band einmal abgerissen

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