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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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fand die Jury Sally schließlich nur des tätlichen Angriffs und der Verwundung des ehrenwerten John Finchs für schuldig, nicht aber des vorsätzlichen Mordversuchs. Sie wurde zu einer beträchtlichen Geldstrafe und einem Jahr Kerkerhaft im Newgate verurteilt.
    Einer ihrer Verehrer übernahm unverzüglich die Begleichung der Geldstrafe. Der Prozess hatte Sally Salisbury zu einer noch bedeutenderen Berühmtheit gemacht als zuvor. Ihre Freunde würden dafür sorgen, dass sie ihre Haft in größter Behaglichkeit verbrachte.

32
    Der Wein funkelte in dem geschliffenen Kristallglas wie ein Rubin. Kitty hielt das Glas ins Licht der Kerze und drehte es langsam zwischen den Fingern.
    »Du scheinst heute so nachdenklich«, bemerkte Mutter Grimshaw. »Was beschäftigt dich?«
    Die beiden Frauen saßen in der Studierstube der Kupplerin vor dem Kaminfeuer. Trotz des sonnigen Maiwetters waren die Nächte noch kühl. Seit Pollys Tod verbrachte Kitty des Öfteren ihre freien Abende in der Gesellschaft der Alten.
    »Ich muss immer wieder an etwas denken, was mir der französische Marquis erzählte, der vor einer Woche hier war«, entgegnete Kitty.
    »Ich erinnere mich an ihn. Er blieb bis zum Frühstück.« Die Kupplerin lächelte wissend.
    »Er war angetan von der Schönheit der Mädchen hier in England und lobte die elegante Einrichtung Eures Hauses«, fuhr Kitty fort. »Allerdings sagte er, dass unsere Bordelle an Exklusivität den neuartigen Pariser Etablissements nicht das Wasser reichen könnten.«
    »Puh, die übliche aufgeblasene Angeberei der Franzosen«, meinte Mutter Grimshaw abfällig.
    »Das schien mir nicht so«, widersprach Kitty ernst. »Als er mir den Aufbau dieser Einrichtungen beschrieb, die man dort im Übrigen ›Sérails‹ nennt, wurde mir klar, dass er recht hat. Diese Pariser Häuser genießen den besten Ruf und werden aufgrund ihrer Besonderheit ausschließlich vom Adel besucht. Die Bordellwirtinnen bieten nur die allerbeste Ware an: nicht nur die schönsten, sondern auch die wohlerzogensten Mädchen, die zu finden sind. Trunkenheit, Fluchen oder Prügeleien werden weder bei den Mädchen noch den Freiern geduldet. Die erlauchten Kunden besuchen die Sérails nicht allein, um einer Frau beizuliegen. Sie gehen dorthin wie zu einem Ball oder einer Opernaufführung. Sie bekommen ein vorzügliches Mahl aufgetragen und musikalische Unterhaltung geboten, bevor sie sich mit der Dame ihrer Wahl in ein prächtig eingerichtetes Gemach zurückziehen. Denkt Ihr nicht, dass es für ein derartiges Haus hier in London einen Markt gäbe?«
    Die Kupplerin war nachdenklich geworden. »Das hört sich allerdings nach etwas Außergewöhnlichem an. Man müsste mehr darüber erfahren, wie diese Sérails aufgebaut sind.«
    »Am besten wäre es, einige dieser Häuser zu besuchen und sich mit eigenen Augen zu überzeugen, wie sie geführt werden«, schlug Kitty nach kurzem Zögern vor.
    »Du meinst, wir sollten nach Paris fahren?«, rief die Putzmacherin erstaunt. »Nein, eine solche Reise wäre nichts für mich. Ich bin zu alt, um mich tagelang in einer Kutsche durchschütteln zu lassen. Aber du könntest fahren, meine liebe Kitty. Du sprichst Französisch und wirst dich in Paris problemlos zurechtfinden.«
    Ein breites Lächeln teilte Kittys Lippen. Insgeheim hatte sie gehofft, dass Madam Grimshaw diesen Vorschlag machen würde.
    »Das würde ich gern«, gab sie zu.
    »Auch wenn du mir mittlerweile unentbehrlich geworden bist, lasse ich dich ohne Bedauern gehen«, versicherte die Alte. »Bereiten wir also deine Reise nach Paris vor. Eine neue Idee würde ohne Zweifel den Markt beleben. Wir könnten reich damit werden!«
    Am folgenden Abend hatte sich Kitty bereits kurz nach Mitternacht in ihre Kammer, die sie seit Pollys Tod allein bewohnte, zurückgezogen, als Mutter Grimshaw nach ihr schickte. Da sie noch angekleidet war, warf sie nur einen flüchtigen Blick in den Spiegel, ob das Spitzenhäubchen noch richtig saß, bevor sie ins Erdgeschoss hinabstieg. In der Stube erwartete sie Mutter Grimshaw mit einem bürgerlich gekleideten Mann, dessen dunkle Haare und Augen ihn als Südländer auswiesen.
    »Dies ist Signor Martelli aus Florenz«, stellte die Kupplerin ihn vor. »Er spricht kaum Englisch, dafür aber fließend Französisch. Wie er mir zu verstehen gab, kennt er sich in der schwarzen Schule von Sodom bestens aus und wird dir seine Vorlieben mitteilen. Er hat bereits eine großzügige Summe gezahlt.«
    Kitty lächelte dem

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