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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Zorn gerötet, und ihre Augen glänzten wie im Fieber. Es war offensichtlich, dass sie betrunken war. Der Alkohol heizte ihr ohnehin unberechenbares Temperament nur noch mehr an.
    »Jack, wie konntet Ihr nur!«, rief Sally mit schriller Stimme. »Ich habe Euch nicht nur meinen Körper, sondern auch mein Herz geschenkt. Und Ihr hintergeht mich mit meiner eigenen Schwester.«
    Überrascht von dem Ausbruch der Kurtisane fuhr John Finch von seinem Stuhl auf und trat ihr entgegen.
    »Ich verstehe nicht, was Ihr meint, meine Liebe«, sagte er beschwichtigend.
    Der Herzog von Richmond und Kitty erhoben sich ebenfalls und sahen dem Streit mit gemischten Gefühlen zu. Jenny, kleiner und unscheinbarer als ihre Schwester, tastete nach deren Arm und versuchte, sie zu beruhigen.
    »Sarah, bitte«, flehte sie. Sarah war Sallys richtiger Name, doch nur wenige Menschen gebrauchten ihn. »Es ist nicht so, wie du glaubst. Mr. Finch wollte mir nur eine Freude machen und mich ein wenig aufheitern.«
    Mit wutverzerrtem Gesicht fuhr Sally herum und fauchte ihre Schwester an: »Lügnerin! Er hatte nicht das Recht, dich in die Oper einzuladen, während ich allein zu Hause sitze. Du willst ihn mir wegnehmen. Gib es zu!«
    Wie von Sinnen holte sie aus und ohrfeigte Jenny so heftig, dass diese ins Taumeln geriet.
    »Nehmt Euch doch zusammen«, rief John Finch und fiel der Tobenden in den Arm, um sie von weiteren Handgreiflichkeiten gegen ihre Schwester abzuhalten. Sally wirbelte zornerfüllt herum. Da fiel ihr Blick auf Kitty, die mit Charles Lennox am Tisch stand und das Geschehen schweigend verfolgte.
    »Was tut sie hier?«, schrie Sally mit sich überschlagender Stimme. »Betrügt Ihr mich nun auch noch mit dieser Schlampe?«
    Blindwütig stürzte sie zum Tisch und ergriff das Messer, mit dem Finch das Brot geschnitten hatte. Vor Schreck erstarrt, sah Kitty sie auf sich zukommen. Auf der Klinge des erhobenen Messers spiegelte sich das Licht der Kerzen. Im nächsten Moment durchfuhr ein heftiger Schmerz ihren Arm, bevor eine Hand sie zur Seite riss. Kräftige Arme fingen sie auf und drückten sie an eine samtene Brust.
    »Sally!«
    Finch packte die Rasende von hinten am Arm, um sie zurückzuhalten. Mit einem Schrei fuhr Sally zu ihm herum, holte aus und stieß ihm die Klinge in die Brust. Einen Augenblick lang stand der junge Mann nur da und sah ungläubig auf den Griff des Messers hinab, der aus seinem Oberkörper ragte. Kein Laut kam über seine Lippen. Dann gaben plötzlich seine Beine unter ihm nach, und er sank zu Boden.
    Wie vom Blitz getroffen starrte Sally ihren Liebhaber an. Der Anblick schien sie von einem Moment zum anderen wieder zur Besinnung zu bringen.
    »Barmherziger Gott!«, stieß sie erschüttert hervor. »Was habe ich getan?« Schluchzend fiel sie neben dem Verwundeten auf die Knie. »Jacky! Sag doch etwas!«
    Der Herzog von Richmond, der Kitty schützend in die Arme genommen hatte, wickelte schnell eine Serviette um Kittys Arm, machte einen Knoten und schob sie auf einen Stuhl.
    »Setzt Euch, meine Liebe«, sagte er beruhigend. »Ich sehe nach, wie schwer es unseren Freund erwischt hat.«
    Kitty nickte stumm. Sie fühlte kalten Schweiß auf der Stirn, und in ihrem Magen breitete sich Übelkeit als Folge von Schmerz und Blutverlust aus.
    Die anderen Gäste hatten den Wirt herbeigerufen, der seinen Schankburschen weckte und nach einem Wundarzt schickte. Richmond beugte sich über Finch und half ihm, sich ein wenig aufzurichten, bis er sich gegen ein Tischbein lehnen konnte. Er war bei Bewusstsein, atmete aber mühsam. Sein Gesicht war kalkweiß. An seiner Seite rang Sally verzweifelt die Hände.
    »Jacky, bitte verzeih mir. Du darfst nicht sterben.«
    Finch lächelte schwach. »Lieber sterbe ich durch deine Hand als allein in meinem Bett.«
    Als der Wundarzt eintraf, weigerte sich Sally, von Finchs Seite zu weichen. Am ganzen Leib zitternd, sah sie zu, wie Colhart, der Chirurg, das Brotmesser aus der Brust des Verletzten zog, dann eine scharfe Klinge aus seinem Bindfutter holte und an der Wunde ansetzte.
    »Aber was tut Ihr denn da, Sir?«, rief sie entsetzt und wollte dem Wundarzt in den Arm fallen.
    »Ich muss die Wunde erweitern, damit das Blut herausfließen kann und nicht in die Brusthöhle rinnt«, erklärte Colhart. »Und nun lasst mich in Ruhe arbeiten, wenn Ihr nicht den Tod dieses Mannes auf dem Gewissen haben wollt!«
    Der Herzog von Richmond trat zu Sally und wollte sie von dem Verwundeten wegziehen, doch da

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