Die Kurtisane des Teufels
andächtig eine Strähne ihres blonden Haares, die unter der Leinenhaube hervorlugte.
Da Kitty steif dastand und sich unbehaglich umsah, nahm Montague galant ihre Hand und geleitete sie zu einem mit Damast überzogenen Kanapee.
»Macht es Euch bequem«, sagte er nachsichtig. »Mein Diener wird Euch eine Erfrischung bringen, und ich spiele für Euch. Dann essen wir in Ruhe zu Abend.«
Montague setzte sich wieder an das Spinett und begann ein flottes Stück zu spielen. Nachdem der Diener ein Glas Wein aus einer bereitstehenden Karaffe gefüllt und auf einem Kartentisch neben Kitty abgestellt hatte, zog er sich schweigend zurück und schloss die Tür. Für einen Moment überkam die junge Frau ein Gefühl der Beklemmung. Nun war sie ganz allein mit diesem fremden Mann, dem sie sich verkauft hatte. Was würde er für sein Geld erwarten? Würde er sie sanft oder roh behandeln? Um ihren nervösen Magen zu beruhigen, nahm Kitty einen tiefen Schluck von dem herben Rotwein und fühlte sich sogleich besser.
»Mögt Ihr Kaninchen-Frikassee und gerösteten Kapaun?«, fragte Montague, ohne sein Spiel zu unterbrechen. »Mein Koch macht Artischocken-Salat dazu. Ich bin sicher, das Gericht wird Euch munden. Habt Ihr eine Vorliebe für Süßigkeiten? Dann wird Euch das Zitronen-Gelee, das es zum Dessert gibt, auf der Zunge zergehen.«
Montagues fröhliche Plauderei und seine joviale Art nahmen Kitty bald die Angst. Im Grunde fand sie ihn sympathisch. Er war ein wenig kleiner als sie und von fast zierlicher Gestalt. Die Blässe seiner Haut, die hellblonden Brauen und die blauen Augen verrieten seine schottische Herkunft. Sein Akzent war jedoch nicht sehr ausgeprägt. Vermutlich lebte er schon seit geraumer Zeit in London. Soweit Kitty es beurteilen konnte, war er geschmackvoll und nach der neuesten Mode gekleidet. Nur die wie eine Löwenmähne frisierte und gepuderte Perücke wirkte für seine schlanke Person zu mächtig.
Während er ein Stück nach dem anderen spielte, verging die Zeit wie im Flug. Er erzählte ihr von seiner Sammlung an Gemälden und Kleinodien aus Frankreich, Italien und Deutschland, die er auf seinen Reisen erworben hatte. Als Kitty ihm eröffnete, dass sie Französisch sprach, war er entzückt und erklärte voller Bewunderung, dass er zu seinem Bedauern über keinerlei Sprachbegabung verfügte und bei seinen Ausflügen auf den Kontinent stets auf Dolmetscher angewiesen war.
Um neun Uhr meldete der Diener, dass das Nachtmahl angerichtet sei. Montague nahm Kittys Hand und geleitete sie in den Speiseraum. Der Hausherr hatte nicht zu viel versprochen. Das Essen erwies sich als vorzüglich. Als Kitty satt und angeheitert vom Wein in ihren Lehnstuhl zurücksank, hatte sie den Grund ihres Besuches fast vergessen. Erst als Montague die Tafel aufhob und ihr erneut die Hand reichte, kehrte die Erinnerung und damit die Beklemmung zurück. In ihren Eingeweiden bildete sich ein Knoten.
»Habt keine Angst, meine Liebe«, sagte er aufmunternd, als er ihren verunsicherten Gesichtsausdruck bemerkte. »Ich werde nichts von Euch verlangen, was Ihr nicht zu tun bereit seid.«
Er führte sie in sein Schlafgemach, das von einem großen Baldachinbett beherrscht wurde. Vorhänge aus bedrucktem Kamelott waren um die Pfosten drapiert. Die Wände schmückte karmesinroter Seidendamast. Neben dem Bett standen einige Polsterstühle und ein Klapptisch. Ein Diener hatte die Wandleuchter entzündet, die einen angenehmen Duft nach Bienenwachs verbreiteten.
»Erlaubt mir, Euch beim Entkleiden zu helfen«, bat Montague.
Der fröhliche Ausdruck in seinen Augen wich einer ernsten Feierlichkeit. Seine Wangen, die bereits vom üppigen Essen und dem ausgiebigen Weingenuss gerötet waren, begannen zu glühen, und seine Lippen wurden feucht.
Kitty wurde klar, dass es nun kein Zurück mehr gab. Die Lust des kleinen Mannes war entfacht und verlangte nach Befriedigung. Für einen Moment durchzuckte sie der Gedanke, die Flucht zu ergreifen und ihre Ehre zu retten … um früher oder später in einer schmutzigen Gasse elendig zu verhungern! Nein, sie hatte einen Entschluss gefasst, und sie würde standhaft bleiben. Es war das Risiko wert.
Schon lösten Henry Montagues geschickte Finger den Knoten, der ihr Brusttuch über dem Dekolleté zusammenhielt, und ließen es achtlos zu Boden fallen. Die weiße Schürze folgte dem Tuch. Dann begann der kleine Schotte das mit einem Blumenmuster bedruckte Kleid aus indischer Baumwolle aufzuhaken, bis Kitty
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