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Die Lady auf den Klippen

Die Lady auf den Klippen

Titel: Die Lady auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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bereiten konnte. Und warum kehrten diese Bruchstücke jetzt zurück?
      War sie wirklich verrückt?
      Gesunde Menschen vergaßen nicht, wo, was und wer sie waren. Gesunde Menschen reisten nicht plötzlich in die Vergangenheit, wie bei einer Zeitreise, und vergaßen dabei alles andere.
      „Blanche?“
      Sie zuckte zusammen, als sie sah, dass Sir Rex am Fuß der Treppe stand und auf sie wartete. Doch er lächelte – er hatte ihren Anfall von Wahnsinn nicht gesehen. Und als sie ängstlich in seine Augen sah, verebbte die Panik allmählich. Zum Abendessen hatte er einen weißen Rock angelegt, und nie zuvor hatte er besser ausgesehen. Wie er so dastand, erschien es ihr auf einmal sehr wichtig, an seine Seite zu eilen. Er war ein sicherer Hafen, ein Ziel, der Ort, zu dem sie gehen musste.
      Aber er hat das Recht zu erfahren, was mit mir geschieht.
      Sie ging nach unten, bemüht um eine entspannte Miene und einen ruhigen Atem, damit er nicht merkte, dass etwas nicht stimmte. „Wie ich sehe, wollten wir uns beide gut anziehen“, sagte sie. Sie durfte ihm nichts erzählen von dem, was gerade geschehen war, denn er würde glauben, sie hätte den Verstand verloren. Sie würde sich grenzenlos schämen.
      Prüfend musterte er sie. „Stimmt etwas nicht?“
      Sie zögerte. Aber wie sollte sie es ihm verschweigen? Er war ihr Verlobter. Er hatte ein Recht darauf, es zu erfahren. In gewisser Weise wäre es eine Erleichterung, ihm zu erzählen, dass sie anfing, sich an diesen lange zurückliegenden Aufstand zu erinnern. Es wäre eine Erleichterung, in seine Arme zu sinken und zu gestehen, dass etwas Schreckliches geschah, bei dem sie sich wieder fühlte, als wäre sie sechs Jahre alt. Aber er würde sie für verrückt halten und sie verlassen – was er auch tun sollte. Denn wenn diese Anfälle nicht aufhörten, dann hatte er etwas weitaus Besseres verdient als das, was sie ihm zu bieten hatte.
      Blanche richtete sich auf. Sie war nicht verrückt. Es gab eine Erklärung für das, was geschah, es musste eine geben. Und bald würde das alles vorbei sein. Die Erinnerungen würden verblassen und für immer vergessen sein, und sie würde nie mehr an diesen Tag denken. Es musste aufhören, denn sie war endlich verliebt!
      Furcht und Panik erfassten sie. Was, wenn sie auf einem Weg war, von dem es kein Zurück gab? Was, wenn diese Anfälle immer wiederkamen? „Es ist alles in Ordnung“, sagte sie.
      Blanche trat an seine Seite, und er nahm ihren Arm, bewegte sich jedoch nicht. Sie wollte ihm so gern näher sein.
      „Sie sehen ängstlich aus“, sagte er leise.
      Blanche erschrak. Und sie log, obwohl sie keine Lügnerin war und lieber alles verloren hätte, als Sir Rex anzulügen. „Ich bin ein wenig nervös wegen der Einladung.“
      Er lächelte, aber das Lächeln erreichte nicht seine Augen. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie ein paar Geheimnisse haben“, meinte er leichthin.
      Sie musste sich zu einer heiteren Miene zwingen. „Ich habe keine Geheimnisse“, sagte sie ebenso leichthin. Aber es hatte ein Geheimnis gegeben, und jetzt gab es ein weiteres, das weitaus bedeutender war als das über ihren Charakterfehler.
      „Ich meinte das nicht als Frage“, sagte er schnell. Aber er wandte den Blick nicht von ihr. „Blanche, haben Sie Schwierigkeiten?“
      „Ich weiß nicht, was Sie meinen“, entgegnete sie. „Die einzige Schwierigkeit in meinem Leben ist das komplizierte Vermögen, das mein Vater mir hinterließ – und das soll in Ihre Hände gelegt werden, damit Sie ein sorgenfreies Leben haben.“
      Sein Lächeln wirkte etwas unsicher. „Ich hoffte, dass wir bald in die Stadt fahren. Ich weiß, dass Sie vermutlich gern unsere Verlobung bekannt geben würden, und es werden viele Pläne zu machen sein, selbst für eine kleine Hochzeit.“
      „Sie hassen die Stadt – und nun haben Sie es eilig, dorthin zu kommen?“
      Er zuckte die Achseln. „Die Countess wird außer sich sein vor Freude über unsere Neuigkeiten.“
      Misstrauisch starrte sie ihn an.
      „Nun ja.“ Seine Miene war finster. „Ich möchte, dass Sie dort einen Arzt aufsuchen. Ich mache mir Sorgen.“
      Hatte Anne ihm erzählt, was geschehen war? Sie wurde noch unsicherer, und damit sah sie auch wieder die Bilder des sterbenden Pferdes vor sich und den Monstermann, der die Arme nach ihr ausstreckte. Wie sollte ein Arzt ihr helfen, wenn sie nicht alles gestand? Und wie sollte sie

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