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Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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Rinder zum Schlachter geführt wurden, versperrte ein Tor aus Eisen und Holz ihnen den Weg. Nachdem er es geschafft hatte, das Hindernis geräuschlos aufzuschieben, hätte er vor Erleichterung beinahe laut aufgeschrien, doch war die Schlacht noch nicht gewonnen.
    Saxon zog Schwester Mallory in die enge Straße und schloss das Tor hinter ihnen. Ohne die zu ihren Füßen umherhuschenden Ratten und die von den blutbefleckten Steinen aufsteigenden üblen Gerüche zu beachten, legte er die Hand auf ihre Schulter und führte sie um eine zerbrochene Kiste herum. Er drückte sie nieder, damit sie sich setzte. Sein Staunen, dass sie gehorchte und den Bogen griffbereit an die Kiste lehnte, hielt sich in Grenzen. Sie mochte einen Streit über die einzuschlagende Richtung beginnen, doch schien sie ein feines Gespür dafür zu besitzen, was angebracht war, wenn es um Leben und Tod ging.
    Als er neben ihr niederkniete, spürte er Feuchtigkeit auf den Steinen. Er versuchte, nicht daran zu denken, in was er sich gekniet haben mochte.
    Fackelschein und Rufe, die unter dem niedrigen Bogengewölbe widerhallten, drangen die Straße herauf. Augenblicklich verharrte das Licht vor dem Tor. Es wurde zu Boden gesenkt, als jemand einen Fluch ausstieß.
    »Was ist?«, rief jemand jenseits des Tores.
    »Eine Ratte!«
    »Rasch! Wir müssen sie erwischen!«
    »Wenn sie hinter diesem Tor sind …« Das Licht fiel über den oberen Rand des Tores und auf den feuchten Boden. Quiekend rannten die Ratten in alle Richtungen auf der Suche nach Dunkelheit.
    »Eine Frau setzt keinen Fuß dorthin, wo Ratten sind!«, wandte ein anderer ein.
    »Aber sie ist nicht wie andere Frauen. Sie …«
    Wieder ein Ausruf, und der Mann mit der Fackel lief den anderen nach.
    Neben Saxon rührte Schwester Mallory sich nicht. Wieder verhielt sie sich sehr klug. Die Diebe brauchten ausreichend Zeit, um so weit zu kommen, dass sie ihnen den Weg zum Palast nicht wieder abschneiden konnten.
    Als sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte, war er erstaunt. Sie war hübsch, doch war es das erste Mal, dass ihm etwas Weiches an ihr auffiel.
    »Sind sie fort?«, flüsterte sie.
    »Ja«, gab er ebenso leise zurück.
    »Gut.« Sie schloss die Augen. »Seid Ihr unverletzt?«
    »Ja. Und Ihr?«
    »Wir müssen der Königin von den Söldnern berichten.«
    »Sobald wir unser Versteck verlassen können.«
    »Also gut«, flüsterte sie mit unerwarteter Ergebenheit.
    Er schob seine Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. Das letzte Licht des Tages brachte die Umrisse sanft zur Geltung und schien die leicht geöffneten Lippen zu betonen. Er beugte sich vor, von der Frage bewegt, ob die Lippen einer der Kriegerinnen der Königin ebenso weich sein würden wie jene ihrer Hofdamen. Sein Arm glitt um ihre Taille, und sie lehnte sich an ihn, wobei ihr brauner Sack sein Bein streifte. Erregung brach sich Bahn ob ihrer erstaunlichen Hingabe, die berauschender war als der billige Wein, den er am Fluss zu trinken vorgegeben hatte.
    Er drückte seinen Mund auf ihren und zog sich erst zurück, als er sie stöhnen hörte. Nicht lustvoll, sondern vor Schmerzen. Er zog seinen Arm weg, und sie sackte zusammen wie ein Bootssegel. Er konnte sie eben noch auffangen, ehe sie in die Nässe und den Schmutz fiel. Ihr Kopf fiel gegen seinen Schenkel, ihr rascher Atem wärmte seine Haut durch sein Gewand.
    Mit einer Hand stützte er sie, während er die andere hob und sah, dass sie feucht war. Feucht und schwarz, wie es ihm im spärlichen Licht vorkam.
    Blut. Schwester Mallorys Blut.
    Er legte die Finger an ihren Hals. Ihr Puls war kräftig. Überleben würde sie, aber würde sie der Königin dienen können, wie es von ihr gefordert wurde? Um Königin Eleanors Geduld war es schlecht bestellt, und für Fehler hatte sie wenig Verständnis. Wurde eine Frau verletzt, deren Aufgabe es war, ihr zu dienen, würde sie sehr ungnädig reagieren. Mehr noch, sie würde wütend sein, dass einer ihrer eigenen Gefolgsleute nicht imstande gewesen war, diese Frau vor drei Dieben zu schützen.
    Wie also sollte er der Königin das Geschehene erklären, ohne sich ihre Gunst zu verscherzen? Gelang ihm das nicht, würde alles zunichte, wofür er gearbeitet hatte.

kapitel 3
    S ie erwachte und wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Mallory, die blinzelnd die Augen aufschlug, schloss sie sofort wieder ganz fest unter dem Angriff der grellen Sonne. Der kurze Blick hatte jedoch genügt, um zu erfassen, dass sie sich nicht in ihrer

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