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Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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seufzte. Er würde es nicht riskieren, ihren Vater zu erzürnen. Sie schloss die Augen und wünschte, sie hätte Saxon trauen können, hätte ihn mit der Nachricht zur Äbtissin schicken können. Er hatte in Poitiers die Wahrheit über die Abtei nicht verraten … das nahm sie jedenfalls an. Sicher konnte sie nicht sein, in keiner Hinsicht.
    Nur, dass sie wünschte, er wäre mit ihr hier im Zelt, um sie festzuhalten und zu trösten und sich von ihr sagen zu lassen, dass sie ihn liebte. Auch wenn sie wütend auf ihn war, weil er ihr Vertrauen missbraucht hatte, konnte sie ihre Liebe zu ihm nicht zügeln. Es war sinnlos, doch drängte sich ihr die Frage auf, ob alles auf der Welt einen Sinn ergeben musste. Sie hasste, was er getan hatte, doch liebte sie den Mann, der er war – loyal, fürsorglich, phantasievoll und sinnlich.
    So saß sie da und wartete auf den Sonnenuntergang. Die Schatten glitten von einer Seite des Zeltes zur anderen. Als es dunkelte, fragte sie sich verwundert, warum der König ihre Hinrichtung hinauszögerte. Sie versuchte, sich vorzustellen, was sie erwartete. Wie lange würde man sie foltern, ehe der Tod Erlösung brachte? Würde Saxon kommen und Zeuge ihres Sterbens werden?
    »Oder mich retten«, flüsterte sie. Eine Ironie des Schicksals, nun zu entdecken, dass sie sich nach einem edlen Ritter sehnte, einem, wie er ihn am Hof der Königin besungen hatte. Hatte sie nicht erfahren müssen, dass nur Dummköpfe an einen solchen Helden glaubten?
    »Ich würde gern einen Versuch wagen«, ertönte es als Antwort hinter ihr im Flüsterton.
    Als sie mit gezogenem Messer herumfuhr, sah sie sich einem Mann in einem dunklen, von einem Tierkopf und einem Halbmond gezierten Wappenrock gegenüber. Ihr Arm wurde gepackt, sie wurde auf den Boden gestoßen. Sein Daumen grub sich in ihr rechtes Handgelenk, ihren plötzlich tauben Fingern entglitt das Messer. Sie starrte zu ihm empor, geschockt, als sie ihn erkannte.
    »Saxon!«, flüsterte sie.
    Sie umfasste sein Gesicht und zog seinen Mund an sich, wollte glauben, das Unmögliche sei möglich. Er war bei ihr, sie lag in seinen Armen.
    Gleich darauf stieß sie ihn mit einem Fluch von sich, der sogar Jacques Malcoeur schockiert hätte.
    Er hielt ihr den Mund zu. In der Dunkelheit konnte sie seine Züge nicht erkennen, auch als er so nahe war, dass er ihr ins Ohr flüstern konnte.
    »Sag nichts, Mallory«, raunte er ihr zu, als er seine Hand unter ihren Arm schob, um ihr zu helfen, sich aufzusetzen. »Wir haben nur wenig Zeit, um dich hier herauszuholen.«
    Seine Stimme prallte von ihr ab wie eine Pfeilsalve von gefrorenem Boden. Sie wärmte sie von den Ohren zu den Zehenspitzen, die sich in ihren Schuhen krümmten. Sogar ihr flammender Zorn schmolz in der mächtigeren Hitze seiner Berührung.
    Er hob den rückwärtigen Teil des Zeltes an und bedeutete ihr, auf dem Bauch hinauszukriechen. Sie wollte fragen, wie sie ihren Bewachern entkommen sollten, doch lag seine Hand noch auf ihrem Mund. Er deutete mit Nachdruck auf die Zeltwand. Wohl wissend, dass sie das Risiko eingehen musste, ihm einmal mehr zu vertrauen – da er sich nicht in ihr Zelt geschlichen hätte, wenn er ihr nicht wirklich hätte helfen wollen -, legte sie sich auf den Bauch und kroch hinaus.
    Schlamm spritzte ihr ins Gesicht und glitt in ihren Ärmeln hinauf, als sie hinausrobbte. Flach auf dem Boden liegend, wartete sie, dass Saxon ihr folgte. Das tat er, nahm wieder ihren Arm und legte den Finger auf ihren Mund. Gemeinsam richteten sie sich auf und schlichen durch die Dunkelheit davon.
    Bei den Bäumen am Flussufer angelangt, blieb er stehen. Sie wollte ihn fragen, was aus den Wachposten geworden war, er aber zog sie an sich und forderte ihre Lippen. Und sie überließ sie ihm bereitwillig.
    »Es tut mir leid, Liebste«, flüsterte er, als er sich allzu früh zurückzog. »Ich war ein Narr, nicht aufrichtig zu sein, doch fürchtete ich, dass du, wenn ich ehrlich gewesen wäre, mich verachten würdest, weil ich zuvor falsch war.«
    »Ich weiß nicht, ob es etwas geändert hätte«, antwortete sie ebenso wahrheitsgemäß. »Ich hätte dennoch darauf bestanden, zum Schutz der Königin mitzukommen.« Ihre Stimme brach. »Und jetzt habe ich möglicherweise ihr Ende und jenes der Abtei verschuldet.«
    »Mach dir ihretwegen keine Sorgen.«
    »Saxon …«
    »Überlege dir lieber, wie du dich retten kannst. Wenn du tot bist, kannst du ihnen nicht mehr helfen.«
    Mallory nicke, wenngleich zu bezweifeln

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