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Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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dabei gefunden, mit seiner Geliebten unter demselben Dach zu wohnen wie mit seiner Frau. Auch hatte ihn die Tatsache, dass er zwei Frauen fürs Bett hatte, nicht davon abgehalten, sein nimmermüdes Auge auf andere weibliche Wesen innerhalb seines Herrschaftsbereiches zu werfen und als Gutsherr das ihm zustehende droit de seigneur auszuüben. Das Recht auf die erste Nacht sah vor, dass eine jungfräuliche Braut in das Bett ihres Angetrauten erst gelangte, wenn sie zuvor dem Earl zu Willen war. Es machte ihn stolz, dass nun viele Kinder auf seinem Landgut seine Züge trugen. Da ein jedes an seinem zehnten Geburtstag eine Silbermünze von ihm bekam, war es ein wahres Wunder, dass er sein Erbe noch nicht verwirtschaftet hatte.
    Mallory hatte die Hälfte einer breiten Treppe hinter sich gebracht, als ihr einfiel, dass sie keine Ahnung hatte, wo die Gemächer der Königin lagen. Sie machte kehrt, um Ruby zu fragen, doch der Gedanke, die Treppe hinaufzugehen, wirkte entmutigender als alles, was sie erlebt hatte, seitdem sie das Schloss ihres Vaters verlassen hatte und nach St. Jude’s Abbey gegangen war. Sie würde jemanden finden, der ihr den richtigen Weg wies.
    Am Fuße der steinernen Treppe öffnete sich ein Bogengang in den Garten, den sie von ihrem Gemach aus gesehen hatte. Die in voller Blüte stehenden Anlagen in allen nur vorstellbaren Farben wirkten von hier aus noch einladender. Sie hatte nur selten Zeit gefunden, die kleine Gartenanlage des Klosters zu durchstreifen. Als Halbwüchsige durfte sie mit ihrer Mutter oft in den Gärten von Castle Saint-Sebastian lustwandeln. Dort hatte ihre Muter ihr von der bewundernswerten Frau erzählt, die Königin von England und Herzogin des fernen Aquitanien war.
    Überzeugt, dass niemand an Königin Eleanor heranreichen konnte, hatte Mallory schon als Kind gelobt, sich die Königin zum Vorbild zu nehmen, Äußerungen, die ihr Vater stets lachend abgetan hatte, ihre Mutter aber musste sie als Wahrheit erkannt haben, da sie aus dem tiefsten Herzen ihres Kindes kamen. Warum hätte sie sonst auf dem Totenbett den Wunsch geäußert, Mallory solle in die von der Königin gegründete Abtei eintreten?
    Sie verdrängte die Erinnerungen und blickte den Korridor entlang.
    Weitere Bögen führten in den Garten. Von ihrem Gemach im oberen Geschoss aus hatte sie Menschen im Garten gesehen. Einer von ihnen konnte ihr doch gewiss den Weg zu den königlichen Gemächern zeigen.
    Sie furchte verärgert die Stirn, als der Garten verlassen schien, wohin sie auch blickte. Hatten sich alle wieder in den Palast begeben, um ihren Verpflichtungen nachzugehen? Alle? Alle auf einmal? Sehr sonderbar! Ihre Mitschwestern hatten sie gewarnt, dass ihr die Hofgesellschaft zu Poitiers sehr sonderbar vorkommen würde, da man hier lieber Geschichten erzählte und Lieder vortrug, anstatt sich zum Schutz der Königin in der Waffenkunst zu üben. Nun mochten Musik und Dichtung hier in hohem Ansehen stehen und als ehrbarer Zeitvertreib gelten, doch gab ihr sehr zu denken, dass die Diebe am Tag zuvor einen so vortrefflichen Beweis ihrer Kampfkraft geliefert hatten.
    Mallory wollte ihre Suche im Garten schon aufgeben, als sie unweit eines Springbrunnens eine Bewegung gewahrte. Sie trat unter den Torbogen und sah ein paar Stufen zwischen den Blumenbeeten. Eben als sie hinuntergehen wollte, bewegte sich eine der Gestalten, und sie sah deren Gesicht.
    Saxon Fitz-Juste! Er lehnte unbekümmert an dem Brunnen, dessen Wasser sich mit melodischem Plätschern in das tiefere Becken ergoss. Sein Gewand war mehrfarbig, schlicht rot auf der einen Seite, und nun fiel ihr auf, was ihr in ihrem Gemach entgangen war, dass die andere Seite mit Goldstickerei verziert und mit einem kurzen Cape versehen war. Hätte er gestanden, hätte das Gewand ihm nur bis zum halben Schenkel gereicht. Dunkelgrüne Strümpfe endeten in den aufgerollten Rändern wadenhoher Lederstiefel. Auf seiner Laute klimpernd lächelte er den vier um ihn herumsitzenden Damen charmant zu. Eine fünfte war über sein rechtes Bein drapiert und blickte schmachtend zu ihm auf.
    Über Königin Eleanors Liebeshof war viel geflüstert worden, doch hatte man in der Abtei niemals offen von der Sinnlichkeit gesprochen, die im Palast der Königin kultiviert wurde. Mallory hatte an all diese Geschichten keinen Gedanken verschwendet, bis sie jetzt Fitz-Juste umgeben von seinen Anbeterinnen sah.
    Sie würde den Weg zu den königlichen Gemächern allein finden. Sie wollte mit

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