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Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Titel: Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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rief: »Rasch! Ich brauche etwas, um den Reisestaub aus meiner Kehle zu spülen.«
    »Dann warte nicht auf mich!«
    Er warf ihr einen finsteren Blick zu, als sein Bruder leise auflachte. »Ich sagte ›rasch‹ zu Euch, Avisa.«
    Zum Teufel … Dieser Mensch konnte einen zur Verzweiflung treiben. Doch seine Worte waren eine unnötige Mahnung, dass sie in seiner Nähe bleiben musste, um ihn schützen zu können.
    Sie folgte den Männern und ließ ihren Blick wandern, damit sie nicht mit ansehen musste, wie Christian sich bei jedem Schritt plagte. Die Anlage war aus dem gleichen Stein erbaut wie die Abtei und wie diese von einer Außenmauer umgeben, doch das war die einzige Ähnlichkeit. Zusätzlich zu der Gruppe kleinerer Bauten, wie sie sie kannte, besaß diese Burg eine Innenmauer und einen schlanken Hauptturm, der höher als die Abteikirche war. In Fingerform gegliederte Fenster waren über die Mauerfläche verteilt. Drei Stufen führten zu Doppeltüren, dicker, als ihre Handflächen groß waren, wie sie im Vorübergehen sah.
    Der dunkle Turm wurde von flackernden Lampen in Wandnischen erhellt. Avisa blieb stehen, als zwei Frauen mit beladenen Tabletts ihren Weg kreuzten. Sie blickte nach links und sah einen finsteren Eingang, der zur Küche hinunterführen musste. Aufgeregte Stimmen kamen aus dieser Richtung. Aus der Nähe hörte man das Gurren von Tauben, die das Risiko, gefangen zu werden und als Abendessen auf dem Tisch des Lords zu landen, der Abendkälte vorzogen.
    Wohin war Christian mit seinem Bruder und seinem Pagen verschwunden? Sie spähte durch die Finsternis. Direkt vor ihr führte eine Treppe nach oben, zwei Türen gingen nach links und rechts ab. Der Hauptturm war so groß, dass sie stundenlang suchen konnte, ohne auf die beiden zu stoßen.
    Sie ballte die Hände zu Fäusten. Die Königin hatte ihr einen Auftrag erteilt, den sie über dem Schicksal zweier Tauben vergessen hatte. Ihre Erschöpfung hatte sie daran gehindert, sich auf das zu konzentrieren, was sie zu tun hatte. Letzte Nacht war an Schlaf nicht zu denken gewesen, da Christian nur eine Armlänge von ihr entfernt schlummerte. Immer wieder kam ihr die Erinnerung an die erregenden Empfindungen, die sein Mund in ihr weckte. Jedes Mal hatte sie sich ihre Gelübde in Erinnerung gerufen, die sie in der Abtei abgelegt hatte. Würde sie wegen ein paar Küssen in der Abtei verdammt? Sie war eine Ordensschwester, aber eine, die von der Königin beauftragt war, alles zu tun, um Christians Schutz zu gewährleisten. Daran hatte sie sich gehalten, denn die Küsse hatten mitgeholfen, ihr Abkommen zu besiegeln … er würde ihr helfen, ihre »Schwester« zu retten, und wurde somit von seiner Reise nach Canterbury abgelenkt.
    Aber die Küsse hatten auch sie abgelenkt. Wenn er wieder versuchen sollte, sie zu küssen, musste sie klaren Kopf bewahren. Wie sie das schaffen sollte, wusste sie nicht, doch sie war noch nie an einer gestellten Aufgabe gescheitert. Sie würde auch jetzt nicht scheitern.
    Als sie von rechts Guys Gejammer hörte, hätte Avisa am liebsten laut gejubelt. Nie hätte sie gedacht, sie könnte für sein Unvermögen, Schmerz schweigend zu erdulden, je dankbar sein. Sie eilte in diese Richtung, durch einen so engen Gang, dass sie mit beiden Ellbogen die Wände hätte berühren können. Rasch holte sie die anderen ein. Ihr fiel auf, dass Christian jetzt sein rechtes Bein mehr schonte.
    »Kann ich helfen?«, fragte sie.
    Christian sagte: »Ich glaube, wir haben …«
    »Natürlich könnt Ihr«, unterbrach ihn sein Bruder und versetzte Baldwin einen rüden Stoß, ohne Rücksicht darauf, dass seine Pfeile aus dem Köcher fielen und auf dem Boden verstreut landeten. »Kommt her, Avisa.«
    »Baldwin«, befahl Christian, »du hilfst Guy, und ich helfe Avisa.«
    »Ihr helfen?« Guys Blick überflog sie. »Wann hat sie sich verletzt?« Sein leises Lachen klang durch den niedrigen Gang. »Du solltest mit der holden Avisa nicht so grob umspringen. Wenn du deine Ritterlichkeit vergisst, wird es dir nie gelingen, de Tracy von seinem Platz als einer der bevorzugten Ritter des Königs zu verdrängen.«
    »Mir fehlt nichts«, sagte sie, als Guy nicht aufhören wollte zu lachen. Zu Christian sagte sie: »Ich kann Baldwin ablösen. Er hat sich den ganzen Tag um Euren Bruder gekümmert.«
    »Das ist gut für ihn.« Christian nahm ihren Arm und hinderte sie daran vorzutreten, als Baldwin, der seinen Köcher wieder über die Schulter schlang, mit Guy den Gang

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