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Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Titel: Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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sie seinen Fuß behutsam auf den Boden und richtete sich auf.
    »Nun, wie fühlt sich das an?«, fragte sie.
    Er bewegte die Zehen und richtete sich auf. Dann machte er vorsichtig einen Schritt, dann noch einen und einen dritten. »Viel besser. Gibt es etwas, das Ihr nicht könnt, Avisa?«
    »Vieles.« Sie sah zu, als er nach seinem Stiefel griff und ihn langsam anzog. »Ich begreife nicht, warum Lord de l’Isle uns nur so widerstrebend aufnahm. Er hätte sich geehrt fühlen sollen.«
    »Das hätte er.« Er ging mit vorsichtigen Schritten zum Kamin, stocherte mit einem Stock im Feuer und schürte die Flammen, bis sie höher loderten. Das wäre nicht nötig gewesen, und sie fragte sich, ob er versuchte, seine Miene vor ihr zu verbergen.
    »Sagte er nicht, dass der König Euch gewogen ist?« Dass Christian die Gunst der Königin besaß, wusste sie. Im ganzen Land und sogar im Kloster war freilich bekannt, dass das Herrscherpaar oft heftige Meinungsverschiedenheiten hatte.
    Sie zuckte erschrocken zusammen und war froh, dass Christian noch ins Feuer starrte. War dieser Mangel an ehelicher Eintracht einer der Gründe, weshalb Königin Eleanor St. Jude’s Abbey gegründet hatte? Die Königin konnte dort im Schutz der Ordensschwestern Zuflucht finden, falls das Zusammenleben mit Henry unerträglich wurde. Was für ein abwegiger Gedanke! Und ein unwürdiger obendrein, denn wer sich ein Urteil über das Königspaar anmaßte, ließ es an Loyalität fehlen. Sie hoffte, das Kloster müsste sich nie zwischen König und Königin entscheiden.
    Christians Stimme riss sie aus ihren trüben Gedanken. »Es stimmt, dass ich jüngst in Bayeux dem König meinen Lehenseid leistete und er mich für die Dauer meines Aufenthalts willkommen hieß. Andere machten allerdings kein Hehl aus ihrer Verachtung.«
    »Warum sollte Euch nicht jeder warm willkommen heißen?«
    »Weil mein Vater aus den Augen des Königs verbannt wurde.«
    Avisa schluckte. »Warum?«
    »Im Jahre 1147 nahm mein Vater am Feldzug des Königs gegen Stephen teil, der den englischen Thron unrechtmäßig beanspruchte. Der Großteil der Männer, die damals mit Henry nach England kamen, waren nur Söldner, mein Vater aber kämpfte für seine Überzeugung, dass der Duke of Normandy, wie Henry zu jener Zeit hieß, rechtmäßiger Erbe der englischen Krone wäre. Auf dem Schlachtfeld ließ mein Vater den König jedoch im Stich, und Henry musste sich geschlagen geben.«
    Sie war fassungslos – unvorstellbar, dass Christian einen Kampf scheute. Wäre es ihm nicht um ihren Schutz gegangen, er hätte gegen die Banditen im Wald gekämpft, bis er sie bezwungen hätte.
    »Henry blieb nichts anderes übrig«, fuhr er fort, »als sich der Gnade Stephens auszuliefern, der sogar für die Rückfahrt Henrys über den Kanal aufkommen musste.« Er schlug mit der Faust auf die Kaminsteine. »Hätte mein Vater sich nicht feige davongemacht, wären England weitere Jahre unter Stephen erspart geblieben, und Henry hätte den Thron bereits 1147 bestiegen und nicht erst sieben Jahre später.«
    »Aber der König vertraute Eurem Vater.«
    »Dummerweise.«
    »Henry muss einen Grund gehabt haben, Vertrauen in Euren Vater zu setzen.«
    Er stieß ein kurzes Lachen aus. »Den hatte er. Kein Lovell ließ jemals seinen Lehensherrn im Stich, bis mein Vater sein eigenes Leben über Henrys Thronansprüche stellte.«
    »Warum entschied er so?«
    »Das verriet er mir nie.«
    »Doch der König nahm Euren Treueeid an.«
    »Ich darf mich glücklich schätzen, dass König Henry dem Sohn nicht die Fehler des Vaters anlastet.«
    »Wie andere es tun.«
    Er gab wie erwartet keine Antwort.
    Sie verschränkte die Hände im Rücken und sparte sich jede Geste des Trostes, die er in seiner momentanen Stimmung sicher zurückgewiesen hätte. »Glaubt Ihr, dass Euer Vater ein Feigling ist?«
    »Er gilt als solcher. Das ist alles, was zählt.«
    »Wirklich?«
    Er sah sie an, ebenso die Hände im Rücken verschränkend, eine Pose, die die Breite seiner Brust unter dem Umhang betonte. »Ja.«
    Sie kannte diesen Ton, den sie schon viel zu oft gehört hatte, seitdem sie einander vor kaum einem Tag begegnet waren. Er würde sich von seinem Entschluss, das Thema zu wechseln, nicht abbringen lassen, gleichgültig, was sie sagen oder tun mochte. Deshalb versuchte sie es gar nicht.
    Seufzend fragte sie: »Was wolltet Ihr mich fragen, ohne dass Euer Bruder es hört?«
    »Warum wolltet Ihr vermeiden, dass de l’Isle Euren Familiennamen

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