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Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Titel: Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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hätten.
    Er humpelte zu einem der Eimer und brach die gefrorene Oberfläche auf. Das kalte Wasser darunter war genau das Richtige, um ihn von seinen Traumbildern zu befreien. Er rasierte sich in aller Eile und zuckte zusammen, als er sich schnitt. Sein Messer musste geschliffen werden, ehe sie sich auf den Weg machten.
    Christian trat beiseite, als sein Bruder zur Toilette hinkte. Auf dem Boden streckte Baldwin sich und kratzte sich am Kinn, das noch glatt war wie das eines Mädchens. Der Junge murmelte etwas, als Christian an ihm vorüberging, um seinen Mantel aufzuheben.
    Er legte sich ihn um die Schultern und befestigte ihn. Als er nach seinem Schwert griff, stutzte er. Er blickte zu der schmalen Tür, die zu dem Raum führte, in dem Avisa noch immer schlafen musste.
    Sie wollte die kleinere Kammer und die Liegestatt dort erst nicht benutzen und hatte eingewandt, dass sie den Tag zuvor nichts getan hätte und wie ein Mehlsack mitgeschleppt worden sei. Christian solle das Bett nehmen, während sie auf dem Boden schlafen wolle. Die Frau konnte wegen allem Streit anfangen, obwohl sie wissen musste, dass ein Ritter einer Dame nie mehr Unbequemlichkeiten zumuten würde als sich selbst. Dass sie oft Recht hatte, vermehrte seine Erbitterung.
    Er machte einen einzigen Schritt auf die Tür zu, die so niedrig war, dass sogar Baldwin den Kopf einziehen musste. Ein Stöhnen entrang sich seinen Tiefen, als er sich vorstellte, welches Bild sich ihm im Raum bieten würde. Selbst sein Ärger über Avisa konnte seine Phantasie nicht daran hindern, sich auszumalen, wie sie auf dem Bett lag. Ihre goldenen Flechten würden über ihre Brüste drapiert liegen und sich mit jedem Atemzug mit bewegen und weiter in Wellen über ihre verlockenden Hüften fallen. Ihre herrlichen Augen wären unter gesenkten Lidern verborgen, doch ihre einladenden, im Schlaf geöffneten Lippen würden auf seinen Mund warten, wenn er sie an sich zog und ihr zeigte, wie sie zusammen an diesem Wintermorgen im Bett liegen sollten.
    »Was suchst du?« Baldwin setzte sich auf und rieb sich die Augen.
    Christian schüttelte sich, als die Worte des Jungen das Phantasiebild zerstörten, in dem er Avisa in die Arme genommen und sie die Wonnen gelehrt hatte, die sie vermutlich noch nicht kannte. »Mach dich reisefertig. Und achte darauf, dass nichts vergessen wird.«
    Als Baldwin sichtlich verblüfft nickte – das Einzige, was sie ihrem Gepäck entnommen hatten, war der Medizinbeutel -, ging Christian mit vorsichtigen Schritten zur Tür. Er spähte in den Raum, in den durch eine Ritze seitlich am Fensterladen ein Streifen schwachen Sonnenlichtes fiel. Kälte drang aus der Kammer. Sie entsprach der Kälte, die sich in seinem Inneren breitmachte, als er sah, dass der Raum leer war.
    »Glaubst du, dass Lady Avisa ohne uns aufbrach?«, fragte Baldwin, der dicht hinter ihm stand.
    »Nein.« An Avisa de Vere war vieles rätselhaft, doch er zweifelte nicht daran, dass ihr verzweifelt daran lag, zu de Sommeville zu gelangen.
    »Vielleicht ist sie auf der Suche nach etwas Essbarem.« Guy klopfte auf seinen Magen, als er zu ihnen trat. »Warum folgen wir nicht ihrem Beispiel? Mit vollem Bauch kann ich klarer denken.«
    Christian rührte sich nicht. »Ausgeschlossen.«
    »Sei versichert, dass es sehr gut möglich ist. Mein Magen und mein Verstand stehen in enger Verbindung.«
    »Es ist ausgeschlossen, dass sie unbemerkt von uns hinausschlich.«
    Sein Bruder zeigte lachend auf das Fenster. »Dann muss die holde Avisa aus dem Fenster geklettert sein.«
    Als Baldwin zum schmalen Fenster lief und die Läden aufriss, lachte Guy erneut. Der Page beugte die Schultern, sein Gesicht rötete sich.
    Christian, den es juckte, seinen Bruder daran zu erinnern, dass Baldwin nicht sein Page war, bedeutete dem Jungen, das Fenster zu schließen.
    »Bringt alles mit«, ordnete er an, als er sein Schwert holte. Er schnallte es um und ging ohne Rücksicht auf den Schmerz in seinem Knöchel hinaus. Hinter sich hörte er Guys ungleichmäßige Schritte. Bis er die Treppe am Ende des Ganges erreicht hatte, kam Baldwin ihm nachgelaufen.
    »Vielleicht flog sie davon«, sagte Guy. »Es gibt Geschichten …«
    »Behalte diesen Unsinn für dich.«
    »Aber wenn sie an dir nicht vorbeischleichen konnte, ohne dich zu wecken, wie du steif und fest behauptest, muss es eine andere Erklärung geben.« Sein Bruder lachte.
    Christian gab keine Antwort. Jede Erwiderung hätte Guy ermutigt, mit seinen lächerlichen

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