Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
schmeckten, sagte sie: »Weil ich nie vergessen werde, was ich versprach, um meine …«
»Wie heißt doch gleich Eure Schwester?«
»Mavise.« Sie nannte den Namen der Schwester von St. Jude’s Abbey, die die Rolle ihrer entführten Schwester spielen würde.
»Mavise und Avisa? Die Namen klingen sehr ähnlich.«
Wieder lügen zu müssen, war ihr zuwider. »Beide Name stammen vom Namen unserer Urgroßmutter«, sagte sie ruhig. »Wir sehen es als Privileg an, den Namen einer so angesehenen Frau zu teilen. Es ist dieses Ansehen, das Lord Waine zu zerstören sucht. Er hat bewiesen, dass er alles tun würde, um Schande über unsere Familie zu bringen, er schreckt nicht davor zurück, Gefolgsleute meines Vaters zu töten und ein unschuldiges Mädchen zu entführen.«
Seine Finger umfassten ihre Wange und streichelten sie sanft. »Er wird für seine Untaten büßen, Avisa. Das glaubt Ihr doch, oder?«
»Ich glaube, dass ich Glück hatte, als ich Euch traf.« Sie umfasste sein Handgelenk. Anstatt seine Hand wegzuziehen, wie sie es geplant hatte, kosteten ihre Finger das kitzelnde Gefühl seiner Armbehaarung aus. Sie ließ zu, dass sie sich in seinem glutvollen Blick verlor und im gleichen Rhythmus mit ihm atmete.
»Das gehört Euch«, flüsterte er ihr zu.
»Das?« Sie wollte fragen, ob er seinen Arm, seine Augen oder seinen Atem meinte. Letzteren brauchte sie, da sie offenbar vergessen hatte, wie man selbst atmete.
Er reichte ihr den Dolch. »Er gehört keinem von uns. Daher nahm ich an, dass er Euch gehört. Angesichts Eurer Bewaffnung ist mir klar, wie Ihr im Gegensatz zu anderen Familienmitgliedern entkommen konntet.«
Ein Fluch, auf der anderen Seite des Raumes ausgestoßen, brach den Bann. Christian ließ sie los und hinkte ans Bett. Avisa stand auf und steckte die Klinge unter ihren Rock.
Sie drückte die Hand auf ihr heftig pochendes Herz und sagte nichts, als Christian Guy und Baldwin befragte, wie es um die Verletzung stünde. Baldwin zeigte ihm, wie er sich abmühte, die Wunde frisch zu verbinden.
»Er ist so unbeholfen«, klage Guy. »Ich würde Avisas sanfte Handreichungen vorziehen.« Er krümmte den Finger. »Kommt, holde Avisa, und heilt mich mit Euren süßen Liebkosungen.«
»Du wirst mit Baldwin vorliebnehmen.« Christian streckte die Hand aus. »Avisa, wir wollen gehen und ihm diese Aufgabe überlassen.«
»Gehen? Wohin?«, fragte sie. »Ihr solltet Euren Knöchel schonen. Warum setzt Ihr Euch nicht an den Kamin und …«
»Ihr habt versprochen, meinen Befehlen zu gehorchen.«
In der Hoffnung, sie müsste dieses Versprechen nur dieses eine Mal bereuen, legte sie ihre Rechte auf seine offene Handfläche. Seine Finger umschlossen ihre. Sie hätte sich nötigenfalls mit einer der Bewegungen befreien können, die Nariko sie immer wieder hatte üben lassen, doch waren diese Kniffe einmal enthüllt, könnte sie ihn nie wieder überrumpeln. Im Moment musste sie sich fügen.
»Danke«, sagte Christian leise.
»Wofür?«
»Für das Eingeständnis, dass Ihr mich jetzt braucht.«
Avisa, die keine Ahnung hatte, was sie darauf antworten sollte, entschied sich für Schweigen. Als sie mit ihm zur Tür ging, sah sie, dass um seinen Mund schmerzliche Anspannung lag.
Guy rief ihm nach: »Du verschwendest deine Zeit, Bruder. Die holde Avisa ist der Meinung, Männer sollten das kirchliche Gebot befolgen und sich im Advent ihrer … wie nanntet Ihr das? Ach ja, sie sollten sich ihrer fleischlichen Gelüste enthalten.«
Ihr Rücken wurde steif, und sie sah, wie Christians Mund arbeitete. Unterdrückte er wieder mit Gewalt, was er sagen wollte? Was immer er äußern wollte, blieb ungesagt, da er sie wortlos durch die Tür führte.
6
Das Licht der wenigen Leuchten, die im Korridor brannten, zuckte flackernd über die Decke, die sich knapp eine Handbreit über Christians Kopf wölbte. In den Schatten vor ihr bewegte sich etwas, und Avisa fasste an ihren Gürtel. Sie atmete scharf ein, als sie merkte, dass sie ihr Schwert im Gemach vergessen hatte.
»Keine Angst.« Christian lachte leise, als ein großer Hund sich erhob und den Kopf schüttelte, ehe er davontrottete. »Sich vor jedem Schatten zu fürchten, bringt nichts, Avisa. Panik ist der Verbündete Eures Gegners.«
»Das hörte ich.« Mehr sagte sie nicht, als er eine Tür öffnete. Was hätte sie auch sagen können? Dass er genau die Worte wiederholte, die sie von ihrer ersten Lektion in der Abtei an ständig zu hören bekommen hatte?
Der
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