Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
Als er auf Distanz ging, hörte sie ihn triumphierend auflachen. Sie wollte ihm sagen, dass das Rennen noch nicht vorüber war, doch sie durfte ihn nicht warnen, so wie er sie nicht gewarnt hatte. Sie beugte sich übers Pferd, als sie Christian überholte.
»Was macht Ihr da?«, rief er ihr nach.
»Ich werde Euch eine Lektion erteilen«, sagte sie so leise, dass er es nicht hören konnte.
Das Pferd unter ihr kämpfte sich Stück um Stück vor. Sie hielt den Kopf so tief, dass ihre Nase keinen Finger breit über der Mähne war. Ein Blick zurück zeigte ihr, dass Christians Pferd immer weiter zurückblieb.
Jetzt hieß es Geduld zeigen. Ritt sie zu schnell, konnte es Verletzungen geben. Den Abstand zwischen der Nase seines Pferdes und dem Schweif ihres Pferdes abschätzend, zählte sie bis zehn.
Plötzlich riss sie ihre Zügel zurück und lenkte ihr Pferd direkt in Christians Weg. Christian schrie laut. Sein Pferd bäumte sich auf. Sie hob ihren Dolch.
»Habt Ihr den Verstand verloren?«, rief er.
Sie schleuderte ihren Dolch, der seinen Mantel traf, ehe er sich in einen Baumstamm hinter ihm bohrte. Er drehte sich um und starrte den zitternden Dolch an. Mit einem Aufschrei sprang sie vom Pferd, lief zu ihm und zog ihr Schwert aus seinem Sattel. In dem Moment, als sie es erfasste, legte sich seine Hand über ihr Handgelenk.
»Ihr seid eine Verrückte und könnt einen verrückt machen«, knurrte er. »Wenn …«
»Christian!«, ertönte ein Schreckensschrei hinter ihnen. »Hilfe!«
»Baldwin!«, stieß sie hervor.
Der nur mit seinem Messer bewaffnete Page sah sich zwei Männern gegenüber, die ihn beide um mehr als einen Kopf überragten. Neben ihm fing Guy an, mit seinem Schwert wild um sich zu schlagen. Er traf niemanden, da die Angreifer sich außerhalb seiner Reichweite bewegten. Der eine schwang eine altertümliche Streitaxt.
Avisa zog ihren Dolch aus dem Baum. Kaum war sein Mantel befreit, wendete Christian sein Pferd in einem waghalsigen Winkel und raste zu seinem Pagen und seinem Bruder zurück.
Sie machte nur einen Schritt ihm nach und drehte sich blitzschnell um, als weitere Männer hinter den Bäumen auftauchten. Sie zögerten, als sie ihr Messer wieder in den Baum rammte und ihr Schwert hob. Das schwindende Sonnenlicht tanzte auf der geschliffenen Schneide. Da hinter ihr Sträucher und Bäume waren, konnte sich niemand von rückwärts an sie anschleichen, und das Messer war da, falls sie es brauchte.
Ein bärtiger Mann bewegte sich hämisch grinsend auf sie zu. Sie behielt den großen Kerl mit einem vorstehenden Wanst, der in einen einfachen Kittel gekleidet war, wachsam im Auge. Das Lederband um seinen Hals schmückten einige Glasperlen. Zwei waren durchsichtig, eine wies ein rundes, eingeschliffenes Muster auf. Wie die drei anderen Männer trug er einen mit Leder bezogenen Schild.
Schreie und Rufe kamen aus Christians Richtung, doch sie konnte sich nicht ablenken lassen. Sie hielt ihr Schwert zwischen sich und dem Bärtigen.
Er sagte etwas in einer Sprache, die weder Normannisch noch Englisch war, doch die Art, wie sich seine Lippen unter dem buschigen Schnurrbart zu einem verächtlichen Lächeln verzogen, verriet ihr die Bedeutung seiner Worte.
Sie balancierte, bereit für seinen Angriff, locker auf ihren Füßen. Jede Lektion, die sie jemals genossen hatte, spielte sie im Geiste durch, während sie seine Augen beobachtete. Was für eine Waffe er hinter seinem Schild verborgen hielt, war einerlei. Alles konnte verwendet werden, um sie zu töten, wenn sie unvorbereitet war.
Er schnellte vor und berührte ihre Schwertspitze mit einem langen Messer. Als er seine Bemerkung wiederholte, erntete er Gelächter von seinen Gefährten.
Sie rührte sich nicht.
Wieder schlug er gegen ihr Schwert, diesmal stärker.
Sie rührte sich nicht.
Sein Lächeln schwand, als er seine Klinge abermals gegen ihr Schwert schwang.
Sie parierte seinen Hieb mit einer Drehung ihres Schwertes, die ihm das Messer aus der Hand schlug.
Seinen Schild hebend stieß er einen wütenden Fluch hervor. Sie verstand die normannischen Worte, wie er es beabsichtigt hatte.
»Ich habe nicht die Absicht, Satan heute noch zu treffen«, sagte sie lächelnd. »Auch beabsichtige ich nicht, mein Knie vor seinen Kreaturen zu beugen.«
Er spuckte aus. »Luder!«
»Sprich nicht so von deiner Mutter.« Sie holte mit dem Schwert gegen ihn aus.
Als sein langer Bart fiel, blieb ihm nur ein fingerbreiter Kinnbart. Er fasste nach dem Haar an
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