Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
werdet niemanden durchsuchen«, gab sie zurück. »Heute gibt es kein Lösegeld.«
Baldwin stürzte vor, um ihren Arm zu packen, sie aber schüttelte ihn ab.
» Ich führe die Verhandlungen«, sagte sie in ungewohnt heftigem Ton zu dem Jungen.
Der Page starrte sie ungläubig an, um dann Christian anzublicken. »Sir, bitte sagt ihr, dass sie Acht geben soll. Auf ihr Leben und Eures.«
»Ja«, kläffte Pyt. »Sagt es ihr.«
Der schmutzige Lappen, der Christian knebelte, wurde losgebunden und weggeworfen. Seine trockenen Lippen lechzten nach einem Trunk kalten Wassers oder der Wärme ihrer weichen Lippen. Wieder fluchte er, diesmal wegen seiner ungebetenen Gedanken. Er durfte sich nicht von der Erinnerung an ihre heißen Küsse ablenken lassen. Aber wie sollte er sie nicht begehren, wenn sie so stolz und unbeugsam vor den Schurken stand? Sie bewahrte Haltung vor Pyt. Hätte sein Bruder nur halb so viel Mut bewiesen, müssten sie jetzt nicht mit Banditen verhandeln. Ihr Pferd hinter sich haltend, um nicht hinterrücks angegriffen zu werden, stand sie locker und völlig im Gleichgewicht da. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte Christian Hoffnung geschöpft. So aber konnte er nur hoffen, dass Pyt nicht beides, den Ring und sie, fordern würde.
Als sie Baldwin wieder bedeutete, er solle zurücktreten, sah er, wie sie einen Blick auf den hinter ihrem Sattel befestigten Packen warf. Hatte sie trotz ihrer gegenteiligen Behauptungen in diesem schmutzigen Tuch etwas mitgebracht, das als Lösegeld eingesetzt werden konnte? Konnten sich Felle zu einem so langen, schmalen Bündel zusammenpressen lassen?
»Avisa, du solltest gehen«, sagte er.
»Ich bin nicht den ganzen Weg gekommen, um ohne dich zu gehen«, antwortete sie gelassen.
»Ich hätte mir denken können, dass du nicht so besonnen bist, dich herauszuhalten.«
»Edle Worte, da wir kamen, um dein Lösegeld auszuhandeln.«
»Ich sagte es bereits, Mylady«, sagte Pyt schroff. »Es gibt nichts zu verhandeln. Ihr werdet geben, was ich fordere, oder Euer Ritter wird um einen Kopf kürzer gemacht.«
»Ich sagte, dass ich vernünftig bin, doch ich muss dasselbe von Euch fordern.« Ihre ungerührte Antwort hörte sich an, als ginge es um nichts Aufregenderes als den Eierpreis auf dem Markt.
Christian war von ihrer Ruhe in Reichweite des Schwertes dieses Schurken beeindruckt. Dann bemerkte er das leichte unwillkürliche Zittern ihrer Finger. So schwach war die Bewegung, dass sie ihm entgangen wäre, hätte er die beiden nicht genau im Auge behalten, da er auf eine Chance hoffte, diesem Wortgefecht ein Ende zu bereiten, ohne Avisa zu gefährden.
»Also gut, Mylady, ich werde völlig vernünftig sein.« Pyt verbeugte sich spöttisch, und ihre Hand umfasste das Schwert fester.
Christian, der ihr am liebsten zugerufen hätte, sie solle keine Dummheiten machen, hielt den Mund, als Pyt sich aufrichtete und ihre Finger am Schwertgriff sich entspannten. Was hatte sie vor? Er betete darum, dass es nicht mit dem Tod aller enden möge. Er konnte sich kein schmählicheres Ende vorstellen, als mit gefesselten Händen zuzusehen, während eine Frau um seine Befreiung feilschte.
»Wie lautet Eure Forderung, Pyt?«, fragte Avisa.
»Ich will den Ring. Eine Glasperle, blau geädert, in Silber gefasst. Das wisst Ihr bereits.«
Sie deutete mit dem Schwert auf Christian. »Ihr fordert ein edles Geschmeide für einen Mann, der nicht einmal fähig war, seine Gefährten zu verteidigen? Pyt, Ihr müsst mich für ebenso närrisch halten, wie Ihr es seid.«
Als der Räuber wieder ein unwilliges Knurren ausstieß, bedeutete Christian ihr, auf der Hut zu sein. Sie aber sah ihn finster an und stieß mit ihrem Schwert in seine Richtung, während sie nicht davon abließ, seinen Mut und Pyts Verstand zu schmähen.
Er zuckte zusammen, als ihr Schwert fast seine Hand berührte. Wie konnte sie so achtlos sein? Dummes Ding! Sie … Vor Überraschung stockte ihm der Atem. Während sie mit Pyt stritt, hatte sie seine Fesseln durchschnitten. Vorsichtig bewegte er seine Gelenke und zog an den Fesseln. Es glückte ihm, einen Teil der Schnur aufzufangen, ehe diese zu Boden gleiten und verraten konnte, dass Avisa ihn vor den Augen der Bande befreit hatte.
»Wenn Ihr das Lösegeld für Lovell nicht zahlen wollt«, fauchte Pyt, »werde ich Euch auf der Stelle durchsuchen lassen, Mylady.«
Mit einem verächtlichen Auflachen stützte sie das Schwert wieder zwischen ihren Füßen auf den Boden. »Was für eine
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