Die Lady mit der Feder - Roman
übertrieben heftig reagiert. Eine andere Erklärung für ihre törichte Reaktion gab es nicht.
Als sie ausatmete, fragte sie: »Erkennt Ihr das Wappen auf dem Messergriff?«
»Nein.« Seine Finger umklammerten das Messer so fest, als
wolle er es in jemanden stoßen. »Der Mönch, der mich an diese Stelle führte, konnte die Mörder nicht benennen. Er schien sich sogar zu fürchten, ihre Namen auszusprechen.«
»Er hatte Angst? Warum?«
»Ich weiß es nicht.« Er schob den Dolch in seinen Gürtel. Während er zu dem verhüllten Leichnam trat, fragte er: »Wo ist Euer Pferd, Isabella?«
»Ich habe keines.«
»Ihr seid von Kenwick Castle hergelaufen?«
»Das ist nicht viel mehr als eine Meile.«
Er ließ die Andeutung eines Lächelns sehen. »Dagegen kann ich nichts sagen.« Er wurde wieder ernst. »Wenn wir keine Pferde haben, zwischen denen wir einen Tragegurt spannen können, werden wir einen Karren brauchen, um Ryce zu befördern.«
»Vielleicht könnten die Mönche Euch einen leihen.«
Er lachte verbittert. »Da sie ihm ein anständiges Begräbnis verweigerten, bezweifle ich sehr, dass sie ihm gestatten, seinen letzten Weg in einem ihrer Karren zurückzulegen.«
»Wir …«
»Nein«, sagte er mit Bestimmtheit und beschirmte mit der Hand seine Augen, als er den Blick über das Feld und darüber hinaus wandern ließ. Er deutete auf eine Häusergruppe, die keine ganze Meile entfernt an der Straße zu sehen war. »Vielleicht wird dort jemand bereit sein, einen Karren und ein Zugtier gegen ein paar Münzen einzutauschen.«
Isabella wollte nicht widersprechen, wenn sie auch der Meinung war, dass er sich irrte. Wenn es auf dem Gehöft ein Pferd gab, konnte sie sich nicht denken, dass ein Bauer sich für noch so viel Geld von einem Tier trennen würde, das für
ihn unentbehrlich war. Wenn sie aber wollte, dass Jordan mit ihr ging und die Kassette ausfindig machte, musste sie ihm helfen, seinen Freund zur letzten Ruhe zu betten.
Sie wischte Schmutz von ihren Händen ab und sagte: »Wir werden es nie erfahren, wenn wir nicht fragen.«
4
N achdem sie Sir Ryces Gebeine zurück ins Grab gelegt hatten, damit sie unentdeckt blieben, ging Isabella mit Jordan und dessen Pferd die steinige Straße entlang. Er sagte nichts, und alles, was ihr einfiel, um das Schweigen zu brechen, erschien ihr so abgeschmackt, dass das einzige Geräusch der Schrei eines Falken blieb, der dem Leben einer Feldmaus ein jähes Ende bereitete.
Hinter einer niedrigen Mauer gelegen, die einst höher gewesen sein mochte, wirkte das Gehöft mit seinem löchrigen Strohdach wenig einladend. Ein zweiter Bau drohte in sich zusammenzustürzen. Kaputte Eimer und ein paar magere Hühner waren über den schlammigen Hof verstreut.
»Hier sieht es wirklich aus, als könnte der Eigentümer ein paar Münzen gebrauchen«, stellte Jordan fest.
Isabella schlang die Arme um sich und fasste unwillkürlich nach dem Peitschengriff, als ein schmuddeliger Kerl in einem geflickten und verschmutzten Kittel auf sie zuschritt. Ein Strick um die Mitte diente dazu, sein Messer festzuhalten. Er blieb eine Armlänge vor ihnen auf der anderen Seite der verfallenden Mauer stehen und kratzte sich die Rippen, die
sich durch sein zerfetztes Gewand abzeichneten. Ein struppiger dunkler Bart umgab sein Gesicht und verbarg einen Teil der Schmutzstreifen, die sich über seine Züge zogen.
»Haut ab«, knurrte er. »Hier sind Gauner unerwünscht.«
Auf einen wackligen Karren neben dem Kuhstall deutend sagte Jordan: »Wir möchten den Besitzer dieses Karrens sprechen. Bist du das?«
»Möglich.« Der Mann spuckte auf den Boden aus und starrte den nassen Fleck interessiert an. Seine Augen wurden schmal, als er zu Jordan aufschaute, der ihn um einen halben Kopf überragte. »Warum wollt Ihr den Karren?«
»Wir müssen etwas transportieren.«
»Ach, wirklich? Ein schönes Pferd habt Ihr da.«
»Ein Pferd genügt nicht.«
Der Mann starrte Isabella mit lüsternem Grinsen an. »Ich hätte nichts dagegen, mit einer so schönen Lady in enger Tuchfühlung auf einem Pferd dahinzuschaukeln.«
Isabella fragte sich, ob ein Peitschenschnalzen dem Mann so viel Respekt einjagen würde, dass ihm dieser grässliche Ausdruck verging, der in ihr das Gefühl weckte, sie sei so schmutzig wie seine Kleidung, doch hätte ihr das noch mehr Aufmerksamkeit beschert, und das wollte sie vermeiden.
So gelassen, als hätte der Mann nicht gesprochen, sagte Jordan: »Ich möchte deinen Karren
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