Die Lady mit der Feder - Roman
Courtenay!«
Der Ruf hallte von der Mauer wider. Als wieder Jordans Titel und Name gerufen wurde, erkannte Isabella Emerys Stimme.
Sie strich mit dem Mund über Jordans Hals und flüsterte an seinem Ohr: »Er soll gehen!«
»Nein.« Er stellte sie auf die Füße und strich ihren Rock um sie herum glatt. Sie hörte, dass er den Atem anhielt, als er seine Hände zurückzog und diese anstarrte, als könne er nicht glauben, dass sie ihn verführt hatten, sie wieder zu berühren.
»Ich muss ihm antworten.«
»Jordan …«
»Sag nichts.« Die Verzweiflung, die sie in seinem Kuss gespürt hatte, war nun in seinem Ton zu hören, als er seine Hände ausstreckte, damit sie nicht näher käme. »Tu nichts, um mein Verlangen zu steigern.« Er griff nach dem Sack, der ihr unbemerkt von der Schulter geglitten war, und hielt ihn ihr hin.
Wortlos nahm sie den Sack entgegen.
»Es tut mir leid«, sagte er, ehe er auf seinen Knappen zuging, der den schmalen Sims entlanggelaufen kam.
»Dass du anfingst oder dass du aufhörtest?«
Er hielt so lange inne, um zu sagen: »Beides.«
Jordan durchmaß unruhig sein Schlafgemach. Als er die Treppe von der großen Halle herauf erklomm, nachdem er sich Weirton gewidmet hatte, der Emery nach ihm ausgeschickt
hatte, war er nicht erstaunt zu entdecken, dass der Raum leer war und Isabella um ein anderes Gemach gebeten hatte.
Herrgott! Jordan zweifelte nicht daran, dass er jetzt mit Isabella im Bett gewesen wäre, hätte Emery sie nicht unterbrochen. Schwester Isabella! Ob sie die ewigen Gelübde abgelegt hatte oder nicht, sie gehörte der Abtei seiner Tante an.
Ein Gedanke, der ihn bis in die Tiefen seines Seins erschütterte.
»Mylord?«, fragte Lew vom Eingang her.
Jordan war verblüfft, dass der Steward nicht eintrat. Dann ging ihm auf, dass Lew nicht stören wollte. Am liebsten hätte er gelacht. Er hatte dafür gesorgt, dass Isabella ihm mit dem kühlen Misstrauen begegnen würde, das sie Weirton gegenüber an den Tag legte. Würde er jemals den Schmerz in ihrer Miene vergessen können, als er sie von sich gestoßen hatte?
»Tretet ein, Lew«, rief er. Er wies auf den Tisch, auf dem eine geöffnete, aber unberührte Weinflasche stand. »Bedient Euch, wenn Ihr Durst habt«, setzte er hinzu.
Lächelnd schenkte Lew sich ein Glas großzügig ein. »Auch für Euch, Mylord?«
»Ich hatte schon mehr als genug.«
Der Alte sah zu einem Stuhl hin.
»Setzt Euch«, sagte Jordan.
Lew, dessen Lächeln breiter wurde, folgte der Aufforderung. Und trank einen Schluck. »Lord Weirton und seine Schwester sind nun in Gemächern untergebracht, die ihrem Geschmack eher entsprechen«, sagte er.
»Sehr gut.« Er hatte nicht wenig gestaunt, als Emery ins Freie gestürzt war und seinen Namen laut gerufen hatte, nur weil Lady Odette ein Gemach ohne Fenster wollte. Sie hatte
Angst, ihr Eichhörnchen könnte entwischen. Die Sache hätte vom Steward oder sogar vom Knappen geregelt werden können. Hätte Emery ihn nicht gestört … er schüttelte den Gedanken ab.
»Auf diese Weise werdet Ihr sie nicht los, Mylord«, sagte Lew und führte das Glas zum Mund. »Keine Frau ließ sich jemals aus dem Kopf eines Mannes verbannen, weil er es möchte.«
»Hoffentlich irrt Ihr Euch.«
»Ich habe in diesem Punkt Recht, Mylord, da mich solche Gedanken schon viel länger plagen als einen jungen Mann wie Euch. Sie ist eine Frau, die man nicht vergisst.«
»Recht habt Ihr.« Er ging ans Fenster und verschränkte die Arme auf dem tiefen Fenstersims wie schon unzählige Male in der Vergangenheit. Mit einer Verwünschung stieß er sich wieder ab. Von diesem Fenster hatte sich der Eindringling in die Tiefe gestürzt.
»Deshalb werdet Ihr sie nicht vergessen.«
Er fing wieder an, auf und ab zu laufen. »Wieder habt Ihr Recht.«
»Warum tut Ihr dann nicht, was für Eure Gemütsverfassung und La Tour am besten ist, und heiratet sie?«
Jordan blieb jäh stehen und sah Lew an. »Das ist die ungeheuerlichste Bemerkung, die Ihr je gemacht habt. Soll ich mich um meinen Gemütszustand oder um Euren sorgen?«
Lew nahm einen tiefen Schluck und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »La Tour braucht einen Erben, wenn die Gerüchte stimmen und es zwischen Prinz Richard und seinem Vater Zwistigkeiten gibt, werdet Ihr womöglich wieder in den Kampf ziehen. Ihr müsst an La Tour denken,
Mylord, und für einen legitimen Erben sorgen. Als wir Euch für tot hielten …« Der Alte schauderte so heftig zusammen, dass man
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