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Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Zu Fuß wäre der Weg zu weit gewesen, vor allem wegen Anne und der vielen Sachen, die sie brauchte. Sie näherten sich dem Cottage von der Rückseite und Charlotte sah weder den Strand noch das Meer, als sie den gepflasterten Weg hinaufging. Der Junge trug ihr Gepäck zur Hintertür, wo Daniel ihn bezahlte und entließ. Charlotte, die mit Anne auf dem Arm dastand und wartete, meinte, in der Ferne Möwenschreie zu hören.
    »Wir sind knapp hundert Meter vom Meer entfernt. Man kann es vom Cottage aus nicht sehen, aber es ist nicht weit, nur ein kleines Stück den Hügel hinunter.«
    Daniel ging voraus und betrat das Haus als Erster. Er setzte seine Arzttasche in der Halle ab. Charlotte holte tief Luft und folgte ihm.
    Mrs Taylor schien in guter Verfassung zu sein und empfing Daniel und Anne voller Freude. Sie nahm Charlotte das Kind ab und küsste es wiederholt. Zum Schluss begrüßte sie die Amme zurückhaltend, aber höflich.
    Marie, das französische Dienstmädchen, führte sie hinauf und zeigte ihnen die Zimmer, in denen der Herr und die Herrin schliefen. Dann keuchte sie vor Charlotte her eine weitere Treppe hinauf. Schnaufend deutete sie auf zwei dicht nebeneinander liegende Türen.
    »Für Sie und das Kinderzimmer.«
    Charlotte öffnete die erste Tür. Sie führte in ein kleines, behagliches Zimmer, in dem lediglich ein schmales Himmelbett und eine Kommode standen. Die Wände waren weiß getäfelt . Ein Kinderzimmer , dachte sie. Dann öffnete sie die Tür zum eigentlichen Kinderzimmer und ging hinein. Sofort fiel ihr auf, dass es sehr viel größer war als ihr eigenes Zimmer, ein gemütlicher Raum mit einer weißen Wiege und rosa Bettwäsche, zwei Kommoden und zwei Stühlen. Auf dem einen Stuhl saßen eine Puppe und ein Plüschhase.
    »Wir sind nicht im gleichen Zimmer untergebracht?«, fragte Charlotte. Was sollte sie davon halten? Dieses Zimmer war durchaus groß genug für ein weiteres Bett.
    » Non «, antwortete Marie hochmütig. »Madame wünscht nicht, Sie jedes Mal, wenn sie ihr Kind sehen möchte, zu belästigen.«
    Charlotte zog die Brauen hoch. Vielleicht war es ja nur der Akzent, aber aus Maries Tonfall war eher zu schließen, dass Madame nicht wünschte, jedes Mal von der Amme belästigt zu werden, wenn sie ihr Kind holen wollte.
    Doch sie sagte nur: »Ich verstehe«, und zwang sich, die Frau anzulächeln, die, wenn sie jünger oder hübscher gewesen wäre, sicherlich eine höher bezahlte Stellung als Zofe gefunden hätte – französische Mädchen waren in diesem Beruf sehr gesucht. Aber Marie war weder das eine noch das andere. Charlotte fragte sich, ob das vielleicht ihr säuerliches und ablehnendes Verhalten erklärte.

    Nach kurzer Zeit hatte Charlotte zu einer täglichen Routine gefunden. Morgens stillte und badete sie Anne und kleidete sie an. Dann machte sie mit ihr lange Spaziergänge am Meer, wenn das Wetter es erlaubte. Ihre Mahlzeiten nahm sie mit den Dienstboten ein: mit Marie und Mr und Mrs Beebe, die das Haus während der Abwesenheit der Besitzer instand hielten und völlig vernarrt waren in ihre sechs Enkel, die alle in der Nähe lebten. Der schon recht betagte Mr Beebe pflegte den äußerst schlicht gehaltenen Garten und erledigte kleinere Reparaturarbeiten. Der leicht heruntergekommene Zustand des Hauses ließ allerdings erkennen, dass er der Aufgabe nicht mehr so ganz gewachsen war. Mrs Beebe, die um einiges jünger war als ihr Mann, war eine bescheidene, vernünftige Frau. Sie kochte und putzte. Allerdings ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie von Marie erwartete, ihr während ihres Aufenthalts bei der Hausarbeit und bei der Wäsche zu helfen.
    An ihrem ersten Sonntag in Shoreham stillte Charlotte Anne und überließ sie dann den Taylors, während sie sich auf den Gottesdienstbesuch vorbereitete. Sie zog ihr bestes Kleid an. Die Taylors fuhren zusammen in dem offenen Wagen, der den Mietern von Lloyd Lodge zur Verfügung stand. Charlotte wollte ebenfalls in die Kirche, aber sie würde zu Fuß gehen. Zusammen mit Mr und Mrs Beebe machte sie sich auf den Weg zu der alten Kirche von Shoreham.
    Als sie ankamen, hatten die Taylors bereits vorn in der Kirche Platz genommen. Charlotte setzte sich nach hinten, neben Mrs Beebe, deren Kopf sich im Laufe der langen Predigt immer weiter zur Seite neigte und schließlich sacht auf Charlottes Schulter ruhte. Dabei fiel Charlotte ein breitschultriger junger Mann auf der anderen Seite des Kirchenschiffs auf, der wiederholt zu ihr

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