Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)
welche Gefühle du für sie hattest?«
»Ich hielt es nicht für nötig, ihr das zu sagen. Es ist Jahre her.«
»Wirklich?«
»Ja. Kendall, ich liebe meine Frau.«
»Natürlich tust du das. Ich meinte nichts Ungehöriges. Es ist nur die Ironie an der ganzen Situation – siehst du das denn gar nicht? Charlotte Lamb arbeitet für dich, lebt unter deinem Dach, ist die Amme deines Kindes und sieht genauso schön aus, wie ich es mir nach deinen Beschreibungen vorgestellt habe.«
»Und was willst du damit sagen?«, fragte Daniel mit zunehmender Irritation.
»Ich sinniere nur so vor mich hin. Ich nehme an, der Kerl, der dafür verantwortlich war, hat ihr weder die Ehe noch sonst ein Arrangement angeboten?«
»Nein. Er ist verheiratet.« Daniel nahm einen Schluck. »Wie ich auch.«
»Ja, ja. Und Mrs Taylor ist sehr schön, das muss ich zugeben.« Kendall schüttelte den Kopf. »Da bin ich nun ein ganzes Jahr älter als du und habe keine Frau und du hast zwei.«
»Ich habe nicht zwei Frauen!« Daniel hörte selbst, wie ärgerlich seine Stimme klang.
»Schau, ich weiß, dass du ein Ehrenmann bist. Immer gewesen bist. Aber du weißt, Daniel, so was kommt vor. Es ist heutzutage schon fast respektabel, einer schönen Dame in einer solchen Situation unter die Arme zu greifen. Obwohl das Wort ›Dame‹ in diesem Fall wohl in einem lockeren Wortsinn verwendet werden sollte.«
»Richard, du weißt nicht, wovon du sprichst. Ich war Lizette treu und werde es immer sein. Ich habe einen Eid abgelegt. Einen heiligen Eid. Und selbst, wenn ich das nicht hätte, ich liebe meine Frau!«
»Das sagtest du bereits.«
Daniel wandte sich ab. Er war nahe daran, den Mann hinauszuwerfen, doch er zwang sich, seine zu Fäusten geballten Hände flach an seine Hosennähte zu legen und atmete mehrmals tief ein und aus.
»Entschuldige«, sagte Kendall. »Ich habe mich danebenbenommen. Du bist ganz sicher nicht der Einzige, der sich gesellschaftlich ruiniert.« Er seufzte. »Ich finde selbst hinaus. Richte Mrs Taylor meinen Dank für das ausgezeichnete Mahl aus.«
Daniel nickte steif, ohne sich umzudrehen.
Als sie sich später zum Schlafen fertig machten, lächelte Lizette sich selbst im Spiegel zu, während sie ihr Haar herunterließ.
»Dein Freund konnte den ganzen Abend über kaum seine Augen von mir lassen.«
»Das habe ich auch bemerkt.«
Sie blickte ihn an. »Dir dagegen scheint das keine Schwierigkeiten zu bereiten.«
»Mein Liebling, du weißt doch, dass ich dich wunderschön finde.«
»Das sagst du jedenfalls.«
»Glaubst du mir nicht?«
»Du handelst nicht nach dem, was du sagst. Ich fühle nicht, dass du mich begehrenswert oder unwiderstehlich findest. Und ich kann mir nicht vorstellen, warum du mir widerstehen wollen solltest.«
»Es ist nur aus Rücksicht auf deine … Gesundheit.«
»Es sei denn«, fuhr sie fort, als hätte sie ihn nicht gehört, »eine andere Frau hat deine Aufmerksamkeit erregt?«
»Natürlich nicht, Lizette. Das weißt du doch selbst. Du bist meine einzige Geliebte.«
Sie trat dicht an ihn heran. »Aber wir leben nicht wie Liebende. Ich muss spüren, dass du mich begehrst. Ich muss spüren, dass du …«
Sie presste sich an ihn. Ihr Atem war heiß in seinem Nacken und er konnte ihr nicht widerstehen.
Daniel saß im Cottage, faltete den Brief zusammen und legte ihn auf den Schreibtisch. Er setzte die Brille ab und rieb sich die Augen. Als er sie wieder aufsetzte, sah er Charlotte an seiner Tür vorbeigehen.
»Miss Lamb? Dürfte ich kurz mit Ihnen sprechen?«
»Natürlich.« Sie trat ins Arbeitszimmer und blieb vor seinem Schreibtisch stehen. »Worum geht es denn?«
»Ich habe einen Brief von Charles Harris bekommen.«
»Ja?« Ihr Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an.
»Keine Sorge, Ihrer … Familie geht es gut. Er schrieb, um mir mitzuteilen, dass er Sally Mitchell entlassen hat.«
»Entlassen? Warum?«
»Offenbar hatte eine andere Amme ihr Laudanum gegeben, das sie dem Kind verabreichen sollte …«
»Guter Gott, nein …«
»Beruhigen Sie sich. Edmund geht es gut. Es sieht so aus, als hätte sie es ihm nicht gegeben, aber die Amme der Nachbarn hat dem Kind, für das sie sorgte, eine tödliche Dosis eingeflößt.«
»Um Himmels willen.«
»Er schreibt, angesichts der Tatsache, dass ich Sally persönlich empfohlen habe und da sein Kind nach wie vor bei guter Gesundheit ist, glaubt er, das Einzige, was man ihr vorwerfen kann, ist, dass sie die Tat in Erwägung gezogen hat. Doch
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