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Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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eigenen kleinen Sohn. Ob ihre Schwester wohl jemals so etwas getan hatte, um ihn ruhig zu halten? Sie hielt es für möglich; andererseits war sie überzeugt, dass ihre Schwester ihn wirklich liebte. Immerhin war sie mit dem Kind verwandt. Dieses Kind hier war jedoch nicht mit ihr verwandt, warum empfand sie dann trotzdem so stark den Drang, ihn zu beschützen? Sie dachte wieder an die bestickte Decke, die wegzuwerfen sie sich hartnäckig geweigert hatte. Sie wusste nun, warum.
    Sally seufzte.
    Sie wollte Davey nicht enttäuschen, sie würde ihn so gerne wiedersehen. Wenn sie sich beeilte, würde sie Mary vielleicht noch einholen.

    Sally rannte die Straße entlang, so schnell sie konnte, und presste dabei ihre Arme gegen ihre schwere Brust, um sie bei dem schnellen Lauf ein wenig zu stützen. Mary würde wütend sein, denn sie kam eine Viertelstunde zu spät. Ein Stück weiter vorn sah sie die Gestalt ihrer Freundin im Schatten der Hainbuche.
    Mary musste sie gehört haben, was kein Wunder war; sie hörte sich an wie ein Maultier, das über eine gepflasterte Straße klapperte, weil es ein Rennen gewinnen wollte.
    »Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben«, rief sie. »Gerade wollte ich ohne dich losgehen.«
    »Tut mir leid, Mary«, japste Sally, vornübergebeugt und die Hände auf die Knie gestützt.
    »Du solltest doch das Blaue anziehen«, sagte ihre Freundin gereizt. »Und jetzt trägst du noch immer das olle Ding?«
    »Ich komme nicht mit.«
    »Was?«
    »Ich komme nicht mit. Hier.« Sie drückte Mary entschlossen die Phiole in die Hand.
    »Warum nicht, um alles in der Welt?«
    »Ich kann es nicht tun.«
    Mary stieß einen ärgerlichen Laut aus. »Aber ich habe dir doch gesagt, wie man es macht.«
    »Ich weiß.« Sally schüttelte den Kopf und trat ein paar Schritte zurück. »Bitte sag Davey, dass es mir leidtut und dass wir uns vielleicht ein andermal irgendwo sehen können.«
    »Ich werde ihm nichts dergleichen sagen. Wenn du nicht auf der Stelle mit mir mitkommst, Sally, bist du aus dem Rennen. Ein Mann wie er bleibt nicht lange allein und ich will verdammt sein, wenn ich nicht selbst versuche, bei ihm zu landen.« Sally schwieg, dann nickte sie traurig. »Mach's gut, Mary.« Sie drehte sich um und trottete die Straße langsam wieder zurück.
    »Du bist ein noch größerer Dummkopf als ich dachte«, rief Mary hinter ihr her. »Gibst deine eigene Chance auf Glück auf wegen des Balgs einer Fremden, die sich keinen Pfifferling um dich schert.«
    Die Worte brannten in ihren Ohren und in ihrem Herzen wie glühende Eisen. Ich bin ein Dummkopf , dachte Sally. Trotzdem lief sie unverdrossen weiter, so schnell ihre großen Füße sie trugen, als sei ihr eine Meute wilder Hunde auf den Fersen.

    Am Morgen wachte Sally auf, weil irgendjemand wie verrückt an die Tür des Kinderzimmers hämmerte. Sie hatte Edmund bereits gestillt und war wieder eingeduselt, seinen warmen, kleinen Körper im Arm. Der Kleine war in der Nacht drei Mal aufgewacht und hatte jämmerlich geschrien; sie hatte kaum zwei Stunden geschlafen. Fast hatte sie bereut, dass sie ihm nicht das Schlafmittel gegeben hatte. Als das Kind sie mit großen Augen zu fixieren schien, hatte sie gemurmelt: »Mach dir nichts draus. Ich werd einfach grantig, wenn ich mir nicht genug Schlaf kriege.« Und ganz offensichtlich verflüchtigten sich auch ihre Grammatikkenntnisse, wenn sie übermüdet war, hatte sie noch selbstironisch gedacht.
    »Einen Moment – ich komme!«, rief sie jetzt und zog sich eilig ihren Morgenmantel über. Doch die Tür krachte auf, bevor sie fertig war. Sie verknotete schnell ihren Gürtel und starrte die Eindringlinge erschrocken an. Die Herrin und der Herr waren die Ersten, die ins Zimmer stürmten und an die Wiege des kleinen Edmund eilten.
    »Wo ist er?«, fragte er.
    »Was haben Sie mit ihm gemacht?«, rief sie.
    »Edmund ist hier. In meinem Bett.« Sie deutete auf ihr Bett, in dem Edmund sicher zwischen einer Decke und einem zusammengerollten Kissen lag.
    »Geht es ihm gut?«, fragte die Lady atemlos.
    »Scheint so«, meinte ihr Mann und beugte sich über ihn.
    »Gott sei Dank!«, rief Lady Katherine, nahm ihn auf und presste ihn an sich. Dann sah sie Sally scharf an. »Warum ist er nicht in seiner Wiege? Sie hätten ihn ersticken können!«
    »Ich bin nach dem letzten Stillen eingeschlafen. Der Kleine hat mich die halbe Nacht wachgehalten.«
    »Hat er das wirklich?«, fragte sie eindringlich.
    »Ja, M'lady.«
    Lady Katherine wies mit

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