Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)
auf.
Sally folgte ihr. »Es ist schon in Ordnung, wenn du es tust. Ich möchte ganz einfach nur wissen, wie die Dinge zwischen euch stehen.«
Charlotte hob Anne hoch. »Hier ist jemand, der dich kennenlernen möchte, Miss Anne.«
»Sie ist entzückend. Und sehr gewachsen, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe.«
»Ja.« Charlotte strich Anne über die Wange. Dann seufzte sie und legte sie Sally in die Arme. »Ich werde Thomas vermissen und er wird mich vermissen, aber das ist alles.«
»Aber ich habe gesehen, wie er dich angeschaut hat.«
Charlotte lächelte ihre Freundin freundlich an. »Und ich habe gesehen, wie er dich angeschaut hat. Ich glaube, er wird mich nicht lange vermissen.«
Im Gegensatz zu Mrs Taylor übertrug die kleine Anne ihre Gefühle nicht so schnell auf die neue Amme. In der ersten Nacht wollte sie nicht bei Sally trinken. Sie weinte und streckte die Ärmchen nach Charlotte aus. Charlotte setzte sich mit ihr in den Schaukelstuhl, stillte und beschwichtigte sie – und sich selbst. Sie wusste, dass sie das nicht hätte tun und sofort mit dem Stillen aufhören sollen, aber sie schaffte es einfach nicht. Sie konnte Annes jämmerliches Weinen nicht mit anhören.
Als Anne am nächsten Morgen aufwachte und weinte, weil sie trinken wollte, legte Charlotte sie neben Sally ins Bett. Amme und Kind waren beide erst halb wach und so gewann der Hunger die Oberhand und Anne trank. Sallys schläfrige Augen füllten sich mit Tränen, als sie Charlotte in schweigendem Verstehen ansah.
Richard Kendall stand vor dem Schreibtisch im Arbeitszimmer, das Daniel als Büro benutzte.
»Du hat also keine Einwände, wenn ich ihr eine … Situation … anbiete?«
Daniel starrte den Mann an und hätte ihn am liebsten erwürgt. Stattdessen sagt er mit sorgfältig kontrollierter Stimme: »Du wirst sie kränken.«
»Möglich. Doch davon abgesehen, hast du keine Einwände?« Als Daniel nicht antwortete, fuhr Richard fort. »Du hast selbst gesagt, dass sie nur wenige Möglichkeiten hat. Dass der Mann, der ihr eigentlich Wiedergutmachung anbieten und für sie sorgen müsste, seiner Verantwortung nicht nachkommt. Und du bist ebenfalls nicht in der Lage ihr zu helfen. Ich aber bin es.«
»Aber du bietest ihr nicht an, sie zu heiraten.«
Kendall runzelte die Stirn und seufzte. »Nein, ich fürchte, nicht. Nicht zu diesem Zeitpunkt. So gut kennen wir uns noch nicht.«
»Aber offenbar gut genug, um sie zu bitten, deine Geliebte zu werden.«
»Nun ja.« Er räusperte sich. »Über die Einzelheiten müssen wir uns natürlich noch einigen und das Ganze wird streng unter uns, unter Miss Lamb und mir, bleiben. Du kannst meiner Diskretion sicher sein.«
»Sie wird ablehnen.«
»Diese Möglichkeit ist mir bewusst.«
»Ich würde dir raten, den Gedanken fallen zu lassen. Aber ich habe nicht das Recht, dir etwas zu verbieten.«
»Nein, du bist nur ihr ehemaliger Arbeitgeber …« Er nickte nachdenklich. »Obwohl ich anfange zu verstehen, warum du Mrs Taylor nichts von deinem früheren Interesse an Miss Lamb erzählt hast.«
Richard Kendall fand Charlotte unten am Strand. Sie hielt ein Stück Treibholz in der Hand und wanderte am Meer entlang. Er ging auf sie zu und passte seinen Schritt dem ihren an.
»Wohin werden Sie jetzt gehen, Miss Lamb?«
»Nach Crawley. Ich habe dort eine Großtante.«
Er nickte. »Und ist das eine angenehme Aussicht?«
Sie zuckte die Achseln. »Mehr oder weniger.«
Sie wirkte nachdenklich. Ihre Augen blickten auf das graue Meer hinaus, zu den fernen Möwen und weiter. »Wenn ich hingehen könnte, wo ich wollte, würde ich nach Doddington zurückkehren. Obwohl ich in meinem Vaterhaus nicht mehr willkommen bin. Trotzdem würde ich mich an diesen geliebten Ort zurückstehlen, wenn ich könnte. Ich habe mir gerade vorgestellt, wie ich durchs Dorf schlendere und dann den Weg hinauf, am Kirchhof vorbei, und den Garten meiner Mutter betrete.«
»Ihre Familie würde einen solchen Besuch nicht billigen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Mein Vater würde mich wahrscheinlich gar nicht bemerken, er verbringt die meiste Zeit in der Bibliothek. Beatrice, meine Schwester, sitzt so oft am Klavier oder ist in ein Buch vertieft, dass sie die Welt außerhalb des Pfarrhauses kaum wahrnimmt und mich wahrscheinlich ebenfalls gar nicht bemerken würde.«
»Was würden Sie dort tun?«
»Ich würde über die Gartenwege gehen, an jedem Blumenbeet und jedem Strauch stehen bleiben und nachsehen, welche gediehen sind,
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