Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)
gerade rechtzeitig, um meine Diagnose mit einer zweiten Meinung zu stützen. Mrs Taylor hat eine Hautirritation, zu der sie mich soeben konsultiert hat.«
Daniel sah ihn an und blickte dann zu seiner Frau hinüber. Seine Augen wanderten über ihre entblößte Schulter.
»Das hast du mir gar nicht gezeigt«, sagte er und trat einen Schritt vor. »Seit wann hast du es?«
Sie sah ihn bedeutsam an. »Es kommt und geht.«
»Du wusstest doch, dass ich heute komme. Hättest du nicht warten können?«
Lizette Taylor kniff die Augen zusammen. »Sie haben in letzter Zeit wenig Interesse an meiner Haut gezeigt, Dr. Taylor.«
Daniel blickte auf und Kendall schüttelte leicht den Kopf. Er zwang sich, dem Blick seines Freundes standzuhalten. Immerhin hatte er nichts Unrechtes getan, ganz gleich, welche Gedanken ihm durch den Kopf gegangen waren. Er hoffte nur, dass Daniel ihm glaubte.
Dr. Kendall bat Lizette, in seinem Behandlungszimmer zu warten, während er in dem anderen Raum mit Daniel sprach. Mr Dumfries hatte sich inzwischen verabschiedet und war nach Hause gegangen. Er hatte gemeint, er käme morgen wieder.
Als sie allein waren, begann Kendall ernst: »Ich glaube, es ist, wie du befürchtet hast.«
Daniel starrte den Mann an, ohne ihn zu sehen. In seinem Magen bildete sich ein Klumpen aus Angst. »Bist du sicher?«
»Nein. Aber sie zeigt Symptome – beschleunigter Puls, juckende Haut und … ähm … auffällige Verhaltensweisen …«
»Es stimmt, sie war in letzter Zeit nicht wie immer – und heute Nachmittag offenbar auch nicht.«
»Daniel, ich hoffe, du denkst nicht …«
»Ich weiß nicht, was ich denken soll. Warum jetzt? Unser Kind ist über sieben Monate alt. Es sah so aus, als hätte Lizette die postnatale Psychose völlig überwunden. Ja, sie war ein wenig melancholisch, aber längst nicht so schlimm wie früher.«
»Du weißt es also nicht?«
»Was weiß ich nicht?«
»Nun, ich habe sie nur oberflächlich untersucht, aber ich glaube, deine Frau ist schwanger.«
Daniel schloss die Augen, als wolle er sie vor der Wahrheit verschließen. Er war so fest entschlossen gewesen, jede Intimität mit Lizette zu vermeiden, dass er sie in den letzten Monaten kaum angesehen, geschweige denn berührt hatte – abgesehen von jenem einen, einzigen Mal. Die Zeichen, die ihm dennoch aufgefallen waren, hatte er zu ignorieren oder wegzuerklären versucht. Es war keine Morgenübelkeit, ganz sicher nicht – nur Mrs Beebes fettiges Essen …
Sein Freund musste ihn für einen Idioten halten.
»Die Symptome der Wochenbettpsychose beginnen häufig bereits bei der Empfängnis«, dozierte Kendall. »Bei manchen Frauen setzen sie allerdings erst nach der Entbindung ein. Hat sie es bei der ersten Schwangerschaft auch gehabt?«
Daniel nickte. Seine Furcht wuchs.
»Wie schlimm war es?«
Er sah Richard an, zu niedergeschmettert, um zu lügen. »Sehr schlimm.«
»Hat sie versucht, sich etwas anzutun?«
Daniel nickte.
»Wie hast du sie behandelt?«
»Kräuter, Abführmittel, Zugpflaster … nichts hat geholfen. Als sie gewalttätig wurde, habe ich eine Zeit lang Laudanum eingesetzt. Zum Schluss musste ich sie einsperren.«
Richard starrte ihn an, Entsetzen und Mitleid im Gesicht. »Es tut mir leid, Daniel.«
»Mir auch.«
»Was wirst du tun?«
»Das Beste, was ich kann. Im Moment ist sie nur traurig und ruhelos, aber noch nicht gewalttätig. Ich werde jemand suchen, der meine Aufgaben in London übernimmt, und hier bei ihr bleiben und selbst für sie sorgen, so lange es geht.«
»Wenn ich etwas höre … von einer neuen Entwicklung oder Behandlungsmethoden …«
»Danke, Kendall.«
29
Frauen wandten sich gegen ihre Männer, vernachlässigten sich selbst und den Haushalt, behandelten ihre Dienstboten schlecht, zerschlugen Porzellan … zeigten eine aggressive Sexualität, machten völlig Fremden gegenüber anzügliche und vulgäre Bemerkungen. Diese Störung war jedoch so weit verbreitet, dass man sie schon fast zu den normalen Begleitumständen einer Schwangerschaft rechnete.
Dr. Hilary Marland, Dangerous Motherhood
Nach dem Abendessen fing Lizette an, sich zu kratzen, erst am Arm, dann am Hals. Daniel beobachtete sie zunächst ruhig, doch als sie immer heftiger kratzte, stand er auf und legte ihr die Hand auf den Arm, um sie zu beruhigen. Ihr weißer Hals zeigte bereits lange, rote Striemen. »Komm mit, ich gebe dir etwas dafür.«
»Es hilft doch alles nicht.«
»Ich werde etwas finden. Komm.«
Er holte
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