Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
»Und wie.«
    »Ich glaube, wir alle bedürfen jetzt einer Tasse Tee«, sagte Bess.
    »Einverstanden.« Sally grinste und erhob sich. »Und ein paar Marmeladentörtchen.«

    Ab und zu blickte Charlotte auf, sah sich im Raum um und versuchte, sich die Gesichter der etwa zwei Dutzend junger Frauen einzuprägen. Neugierig fragte sie sich, wo wohl das Mädchen war, das letzte Nacht bei ihr und Mae im Bett geschlafen hatte. Ihre Zeit war doch ganz sicher noch nicht gekommen.
    »Mae, darf ich fragen, wie das andere Mädchen heißt, das bei uns im Zimmer wohnt?«
    »Du meinst die kleine Becky.«
    »Ja. Ich sehe sie hier nirgends, oder?«
    »Nein. Ich fürchte, sie ist heute Morgen an der Reihe.«
    »Sie ist an der Reihe? Kommt etwa ihr Kind?«
    »Nee. Sie ist an der Reihe, sich von einem dieser Knochenflicker untersuchen zu lassen. Du weißt schon.«
    »Oh …«
    »Lieber sie als ich.« Mae schauderte.
    »Was meinst du damit?«
    »Das wirst du noch schnell genug herausfinden.«
    Gibbs trat an den Tisch und tippte mit einem stumpfen, tintengeschwärzten Finger auf ihr großes Buch. »Miss Smith, Sie sind die Nächste.«
    »Verzeihung?«
    »Zur Untersuchung. Alle Mädchen werden von einem unserer Ärzte untersucht.«
    »Oh, ich verstehe.«
    »Im Moment ist er noch mit einem anderen Mädchen beschäftigt. Warten Sie hier, ich rufe Sie, wenn es so weit ist.« Damit drehte sie sich um und ging.
    Charlotte blieb bewegungslos sitzen und starrte ihr nach.
    »Du siehst ja zu Tode erschrocken aus.« Sally legte ihre Hand auf Charlottes. »Du brauchst keine Angst davor zu haben.«
    »Es sei denn, sie kommt zu Dr. Preston«, sagte Mae. »Der Mann ist wie ein Waisenjunge im Süßwarenladen, ganz Augen und Hände, und leckt sich unaufhörlich die Lippen.«
    »Wahrscheinlich denkt er sich, warum nicht zugreifen – immerhin ist die Bar ja bereits geöffnet.« Bess' scharfes Gesicht sagte alles. »Einmal mehr macht da auch nichts mehr aus.«
    Charlotte schluckte. »Willst du damit sagen, dass … Dr. Preston … die Mädchen hier ausnutzt?«
    »Ich will gar nichts sagen«, meinte Bess. »Ich sage nur, dass du aufpassen solltest.«
    »Mich hat er noch nie belästigt«, sagte Mae.
    »Du siehst auch nicht halb so gut aus wie ich, oder?«
    »Nein, und darüber bin ich froh.«
    »Haben sie denn hier keine Hebammen?«
    Bess feixte. »Oh wie süß, ein Mädchen vom Lande!«
    »Sie hatten welche«, antwortete Sally. »Aber zurzeit gibt es keine.«
    »Machen sie …? Ich meine, ich bin noch nie ›untersucht‹ worden. Jedenfalls … nicht so. Machen sie …? Ich meine … werden sie mich fragen …?«
    »Du meinst, ob du deine Unterhosen ausziehen musst?«, grinste Bess.
    Charlotte zog die Augenbrauen zusammen und schluckte nervös.
    »Ich sage es dir ungern, Kleine, aber wenn das Kind kommt, hast du auch keine Unterhosen oder Unterröcke oder überhaupt sonst was an.«
    »Still jetzt«, ging Sally dazwischen. »Mach ihr doch nicht noch mehr Angst, als sie ohnehin schon hat. Keine Sorge, Charlotte. Du darfst dein Nachthemd anbehalten, auch wenn es höchstwahrscheinlich beschmutzt wird.«
    »Und was die Untersuchung angeht«, sagte Mae, »kommt es ganz darauf an, zu wem du musst.«
    »Gibt es zwei Ärzte?«
    »Und einen Wundarzt.«
    »Der junge Arzt ist ein richtiger Gentleman«, sagte Mae.
    Bess schnaubte. »Unerfahren, meinst du. Er ist ja fast noch ein Junge. Ich glaube nicht, dass er überhaupt schon einmal eine Frau in ihrer ganzen Herrlichkeit gesehen hat.«
    »Natürlich hat er«, sagte Mae.
    »Jedenfalls wurde er rot, als er mich letzten Monat untersucht hat.« Bess verschränkte selbstgefällig die Arme.
    Mae ignorierte sie. »Aber wenn du zu dem anderen kommst, Dr. Preston, kannst du dich auf was gefasst machen«, sagte sie. »Er liebt es, uns Mädchen aufzuziehen.«
    »Uns auszuziehen, meinst du!«
    In diesem Augenblick erkannte Charlotte die kleine Becky, die schnell durchs Zimmer ging, den Kopf gesenkt, das Gesicht dunkelrot, Schal und Arme eng um die Brust geschmiegt wie einen Schutzwall aus Wolle und Haut. Sally folgte Charlottes Blick und schnalzte mitfühlend mit der Zunge.
    »Becky, armes Ding, setz dich doch zu uns«, rief sie. »Soll ich dir eine Tasse Tee eingießen?«
    Aber das junge Mädchen schüttelte nur den Kopf. Sie hielt den Blick zu Boden gerichtet, während sie rasch an ihnen vorbeihuschte und den Raum verließ.
    »Was ist denn mit ihr?«, fragte Charlotte. »Ist sie krank?«
    »Vor der Untersuchung war sie noch

Weitere Kostenlose Bücher