Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)
Lügen, die die alte Frau erzählt hatte, als spiele sie eine Rolle in einem Shakespeare'schen Stück.
»Jetzt, da Katherine weiß, wo ich bin … nun, sollte sie noch einmal herkommen und feststellen, dass Anne fort ist, müsste ich eine Erklärung parat haben. Ich möchte nicht noch einmal über eine vorgetäuschte Trauer Auskunft geben. Obwohl das Gefühl nicht vorgetäuscht ist.«
Er nickte.
»Und Edmund so zu sehen«, fuhr sie fort, »mit ihr. Ich weiß nicht. Es ist sowohl Labsal als auch Pein, Freude und Verzweiflung.«
Er biss sich auf die Lippen. »Aber wenn Sie hierbleiben … würden Sie ihn höchstwahrscheinlich öfter sehen.«
»Ja, da haben Sie zweifellos recht. Aber ich kenne mich. Ich würde die ganze Zeit hoffen – und gleichzeitig fürchten –, dass irgendjemand eine Ähnlichkeit entdeckt oder meint, dass ich ihn seltsam ansehe. Ich weiß, dass ich mich überwinden muss. Dass ich ihn überwinden muss.« Sie stieß ein trockenes Lachen aus. »Komische Wortwahl, ich weiß.«
»Wünschen Sie immer noch, das Arrangement rückgängig machen zu können?«
»Nur manchmal. Meistens bin ich überzeugt, dass ich das Richtige getan habe.«
Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Ich fühle mich so verantwortlich …«
»Dr. Taylor«, sagte sie streng, »das haben wir doch alles schon besprochen. Sie tragen keine Schuld. Für gar nichts. Nicht einmal dafür.« Sie nickte zu Anne hinüber. Doch plötzlich kam ihr ein neuer Gedanke. »Vielleicht sollte ich aber doch auf sie verzichten und Sie mit ihr allein nach Hause gehen lassen, zurück in Ihr früheres, sorgenfreies Leben. Solange Sie mich vor Augen haben, werden Sie immer daran erinnert werden, wie es kam, dass ich für Sie arbeite, und werden sich immer irgendwie verantwortlich für mich fühlen.«
»Ein sorgenfreies Leben.« Jetzt war er an der Reihe, trocken zu lachen. »Ich fürchte, mein früheres Leben liegt für mich so weit zurück wie das Ihre für Sie. Obwohl, es gibt Tage, da bin ich versucht zu hoffen. Wie jetzt, wo Lizette fast wieder sie selbst ist.«
»Nun also, worauf warten wir dann noch.« Charlotte lächelte mutig. »Bringen wir die Kleine zurück zu ihrer Mama. Man muss einfach fröhlich sein, wenn das liebe Wesen bei einem ist.«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Und ich freue mich, dass Sie meine Frau kennenlernen werden, jetzt, wo es ihr besser geht.« Er zögerte, fuhr dann aber verlegen fort: »Es wäre allerdings besser, wenn wir die Zeit … im Heim … nicht erwähnten.«
»Natürlich, ich verstehe.«
So kam es, dass Charlotte Margaret Dunweedy noch am gleichen Tag Lebewohl sagte und kurz darauf mit Daniel Taylor in der Kutsche nach London saß. Sie hielt die schlafende Anne im Arm. Außer ihnen gab es nur noch zwei weitere Passagiere, ein älteres Paar mit Gesichtern, die so verbraucht wirkten wie ihre fadenscheinige Reisekleidung und die abgetragenen Hüte. Die Frau lächelte höflich zu ihnen hinüber.
»Wie alt ist sie denn?«, fragte sie.
»Fünfeinhalb Monate.«
Die Frau sah Dr. Taylor an, der schon wieder in eine medizinische Zeitschrift vertieft war. »Sie sieht Ihrem Mann sehr ähnlich.«
Charlotte spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. »Wir sind nicht …«
Doch Dr. Taylor sah von seiner Abhandlung auf und unterbrach sie. Er sagte freundlich: »Danke, Madam. Ich hoffe allerdings inständig, dass meine Tochter hübscher werden wird als ich.«
Er lächelte die Frau an und sie lächelte zurück. Sie schien nicht zu merken, dass etwas nicht stimmte.
Später, als die Frau und der Mann ausgestiegen waren, lehnte Charlotte sich in die Ecke und fragte ruhig: »Glauben Sie, dass meine Cousine Verdacht geschöpft hat … weil Sie gekommen sind und … na ja, und alles andere?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Daniel leise. »Ich fürchte, ich bin kein so begabter Schauspieler wie Ihre Tante. Es ist gut möglich, dass mein Gesicht etwas verraten hat. Was meinen Sie denn? Sie kennen sie besser als ich.«
»Ich glaube, genau diese Fragen gehen ihr gerade jetzt durch den Kopf.«
21
GESUCHT
Eine AMME mit guter Milch, gesund, mit solidem Charakter,
die bereit ist, bei der Familie eines Gentleman zu leben.
Anzeige in der Maryland Gazette , 1750
Charles Harris versuchte zu lesen, während seine Frau rastlos in dem großen Salon von Fawnwell auf und ab ging.
»Also wirklich, Charles. Eine so lange Reise nur für einen Hausbesuch? Bei einer Witwe, die mit Sicherheit nicht mehr als hundert Pfund im Jahr
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