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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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so fehlt ihnen schlussendlich der Ernst für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens.«
    Er sah Marlena eindringlich an, bemerkte aber sogleich, dass er sie noch nicht gewonnen hatte.
    »O Marlena, schau dir diese Modepuppen doch nur an, auch Estella! Mit acht oder neun Jahren wird so eine kleine Argentinierin bereits als Señorita den Gästen des Hauses vorgeführt – und sie bereitet sich meisterlich darauf vor. Sie tanzt, deklamiert, spielt auf dem Klavier vor und produziert sich auf jedwede Art. Natürlich wird sie von den Besuchern – das gebietet sich – ungeheuer bewundert. Man rühmt ihre Schönheit, Kunstfertigkeit und ihr Talent. Sie gewöhnt sich daran, Komplimenten zu lauschen, ohne zu erröten, ja, sogar auf das allgemeine Lob zu spekulieren, was ihre Eitelkeit nur noch stärkt. Anstatt sich um Orthografie zu kümmern, beschäftigt sie sich mit Mode. Deine Freundin Estella ist genau so, da habe ich doch Recht, und deshalb kann sie mir nie so viel bedeuten wie du, denn in dir finde ich Schönheit und Klugheit vereint.«
    John musterte Marlena wieder eindringlich, doch diese sah ihn nicht an.
    »Ich weiß nicht«, murrte sie, doch ein erleichtertes Lächeln stahl sich in ihre Mundwinkel. Wenn er so von Estella sprach, konnte sie ihm wirklich nicht so wichtig sein. Vielleicht war sie ja vollkommen unnötig eifersüchtig?
    »Arbeiten wir jetzt endlich mal wieder an einem Artikel?«, fragte er sie nun.
    Marlena nickte und sah endlich wieder voller Vertrauen zu John auf. Ihr erster Artikel war recht erfolgreich unter seinem Namen veröffentlicht worden. John hatte vorgeschlagen, es so zu handhaben, und ihr war es einfacher erschienen, zumal sie das Gespräch mit ihren Eltern fürchtete. Trotz all ihrer Bemühungen, sich auf die Sache zu besinnen, war Marlena heute allerdings nur halb dabei. Fieberhaft überlegte sie, wie sie Estella beibringen sollte, dass John sich für sie, für Marlena, entschieden hatte.

Fünfzehntes Kapitel
    Lorenz schenkte sich ein Glas Rum ein, während er seine schöne Frau durch die offen stehende Terrassentür seines Arbeitszimmers beobachtete. Maisie vergnügte sich gerade mit dem chuña , einem Stelzvogel, den er ihr kürzlich gekauft hatte. Sie trug einen Hausmantel im asiatischen Stil. Das blonde Haar fiel ihr wie meist glatt und schimmernd über den Rücken. Sogar ihre weiße Haut schimmerte. Es kam ihm beinahe so vor, als leuchte sie von innen heraus. Ja, wirklich. Für ihn war da etwas, das dicht unter Maisies Haut funkelte wie ein Diamant. Zwar war Maisie klein und wirkte zerbrechlich, doch wenn sie einen Raum betrat, konnte sie keiner übersehen. Sie hatte die natürliche Autorität der Cuthberts. Niemand gab ihr Widerworte.
    Sie hatte seinen kleinen Sohn Lionel Nicolás zur Welt gebracht, sie war das Beste, was er hatte, sein Juwel, sein Ein und Alles. Lorenz bemühte sich, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Er war ihr unendlich dankbar. Für alles.
    Mit der Hochzeit mit Maisie Cuthbert hatte Lorenz eine neue Welt kennengelernt. Am Tag vor dem großen Fest hatte er seinen letzten Mord begangen. Danach, das war längst beschlossen, wollte er nur noch Geschäftsmann sein. Bevor er sich am Hochzeitsabend mit Maisie zurückgezogen hatte, hatte ihn sein Schwiegervater zur Seite genommen.
    »Ich weiß, wer du bist und wo du herkommst, Schmid«, hatte er gesagt. »Ich weiß, dass du die nötige Skrupellosigkeit besitzt, um voranzukommen. Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Das Einzige, was ich von dir verlange, ist: Behandle meine Tochter immer gut. Wenn mir auch nur der geringste Verstoß gegen dieses eherne Gesetz zu Ohren kommt, wird es dir schlecht ergehen.«
    Lorenz hatte genickt. Maisies Bruder Jeffrey hatte ihm auf die Schulter geklopft. Sie waren recht gute Freunde geworden seitdem, so gut das eben ging bei zwei so unterschiedlichen Menschen. Jeffrey hatte nie um etwas kämpfen müssen. Er hatte, wie üblich in den höheren Kreisen, eine fundierte Ausbildung in den klassischen Sprachen erhalten und mühte sich nun seit geraumer Zeit mit Jura ab. Obwohl er nicht wirklich voranzukommen schien, machte er sich keine Sorgen. Regierung und Handel, pflegte er zu sagen, benötigten unzählige Beamte. Zudem konnte er damit rechnen, im Geschäft seines Vaters unterzukommen. Er war schon mehrfach nach Europa gereist, ein Standard in der jungen Generation, und beabsichtigte, seine Ausbildung an der Universität irgendwann durch einen Kurs an der Sorbonne in Paris, in

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