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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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Annelie zog sich bis spät in die Nacht hinein. Fröhlich und ausgelassen feierten die Menschen von La Dulce. Am nächsten Vormittag führte Eduard die beiden Frauen zu einem kleinen Gewässer, das, vor neugierigen Blicken verborgen, ganz in der Nähe des Hauses lag. Erstaunt hielten Mina und ihre Mutter inne. Eine Weile standen sie schweigend da und ließen den Anblick auf sich wirken.
    »Schau, schau nur«, rief Mina mit einem Mal begeistert wie ein Kind aus, als sie erstmals die Flamingos in Ufernähe bemerkte.
    Eduard, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wandte sich zu Annelie um. »Flamingos bevorzugen übrigens Salzwasser. Das Wasser ist als Trinkwasser also nicht zu genießen.«
    »Oh«, Annelie kam einen Schritt näher, »das wusste ich nicht.«
    »Aber die kleine Lagune hier bei La Dulce bietet den Flamingos eine Heimat, also ist es vielleicht doch nicht so schade«, fuhr Eduard mit einem Lächeln fort.
    »Sie sind wunderschön«, mischte sich Mina ein.
    Sie verfolgte die Vögel mit ihrem zwischen Rosa, Rot und Orange changierenden Gefieder aufmerksam mit ihrem Blick. Manche schritten langsam und majestätisch einher und suchten das Wasser mit ihren Schnäbeln ab. Andere standen nur da, ein Bein angezogen, den Kopf mit dem langen Hals nach hinten gebogen oder seitlich unter dem Flügel versteckt.
    Eduard räusperte sich, worauf Annelie zu ihm hinblickte. Gleich hob er die Hand, als wolle er sie berühren, und zog sie dann unverrichteter Dinge wieder zurück. Annelie war irritiert. Doch Eduard hatte sich ohnehin schon wieder abgewandt, und sie entschied, dass sie sich wohl getäuscht haben musste.
    Er hat mich gewiss nicht berühren wollen.
    » Ich komme hierher, wenn ich meine Ruhe brauche«, sagte Eduard.
    »Das ist ein sehr schöner Ort«, pflichtete Annelie ihm bei. Sie schaute sich nach ihrer Tochter um. Verwundert bemerkte sie, dass Mina das Ufer schon wieder verlassen hatte.
    »Gehen wir auch, Eduard?«
    Er nickte. Als sie den Pfad hinter sich gelassen hatten, drehte Annelie sich zu ihm um.
    »Ich gehe schon zurück. Würden Sie später meine Tochter nach Hause begleiten? Ich habe den Eindruck, sie möchte sich noch ein wenig umsehen.«
    »Natürlich.«
    Eduard sah jetzt, dass Mina ein Stück von ihnen entfernt an einem Zaunpfahl lehnte. Sie starrte in die Ferne. Während er sich ihr langsam näherte, hörte er hinter sich Annelies Schritte leiser werden. Erst als er Mina fast erreicht hatte, sprach er sie behutsam an. Sie schreckte kurz zusammen, bevor sie sich mit einem Lächeln zu ihm umdrehte. Manchmal wollte er sie fragen, was geschehen war, woran sie dachte, wenn sie so traurig aussah, so abwesend, aber dann … Eduard erwiderte Minas Lächeln. Dann klopfte er gegen den Zaunpfahl.
    »Ursprünglich«, sagte er, »bezeichnete man mit dem Wort estancia in der Rinderzucht einen Kratzpfahl aus Hartholz, den man in den Boden rammte, damit sich die Rinder in der baumlosen Weite das juckende Fell reiben konnten. Was lag also näher für den Rinderhirten, als sich irgendwann neben diesem Pfahl eine Schlafstatt mit Feuerstelle einzurichten?« Eduard schlug den Kragen seiner Jacke höher. Es war kühl geworden, der Winter war im Anzug. »Gehen wir noch ein Stück, Mina?«, fragte er dann.
    »Natürlich.«
    Manchmal hatte er den seltsamen Eindruck, dass sie niemals Nein zu jemandem sagen würde. Er runzelte die Stirn, entschied aber, nichts dazu zu sagen.
    Sie waren noch nicht weit gegangen, als Mina abrupt stehen blieb. »Oh«, sagte sie nur.
    »Oh«, echote er, als er ihrem Blick folgte. »Daran habe ich gar nicht mehr gedacht.«
    Im letzten Jahr hatten ein paar seiner Knechte einige Schlaglöcher und tiefere Rillen im Weg mit Tierknochen gefüllt, eine übliche Praxis in dieser holzarmen Gegend. Er hatte sich bisher keine Gedanken darum gemacht, aber der Anblick war für einen Fremden sicherlich gewöhnungsbedürftig.
    »Äh … also das … Ja, ich weiß, das ist seltsam, wenn man es zum ersten Mal sieht. Hier draußen bleiben einem einfach nicht viele Materialien. Es gibt kaum Holz … Man muss also das nehmen, was anfällt.«
    Mina nickte.
    »Man muss das Beste aus den Dingen machen«, sagte sie nach einer Weile langsam. Dann lächelte sie wieder.
    Plötzlich war Eduard sicher, dass sie nicht von den Knochen sprach.
    Annelie achtete streng darauf, dass Mina und sie sich nützlich machten. Es dauerte jedoch seine Zeit, bevor sie wirklich etwas fand, wo ihre Unterstützung hilfreich sein mochte:

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