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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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Teil
    Regreso – Rückkehr
    Buenos Aires, New York, Rosario
    1880 bis 1881

Erstes Kapitel
    Eduard war neben dem Springbrunnen im ersten Patio stehen geblieben und schaute dem Wasserspiel zu. Er war lange nicht mehr in Buenos Aires gewesen. Als sich ihm damals die Gelegenheit geboten hatte, eine Estancia zu führen, hatte er nicht gezögert und sein altes, schändliches Leben hinter sich gelassen. Don Eduardo, den König der Unterwelt, gab es nicht mehr. Er brauchte seine feinen Anzüge kaum noch. Draußen, auf der Estancia bewegte er sich meist in robuster Arbeitskleidung, aß und teilte die Zeit mit seinen peones, den Knechten, und ab und zu mit einer Frau.
    Plötzlich musste er an Monica denken. Er fragte sich, ob er sie aufsuchen sollte. Er hatte nichts mehr von ihr gehört, seit er aus Buenos Aires fortgegangen war und alles hinter sich gelassen hatte. Ob es ihr gut ging?
    Helles Vogelzwitschern riss Eduard aus seinen Gedanken. Etwas entfernt, an der sonnenbeschienenen Hauswand, hing ein Käfig mit Singvögeln. Eduard trat näher an den Käfig heran und musterte die kleinen Finken mit ihrem metallisch blauen Rücken und dem gelben Bauch. Dann schaute er sich erneut um.
    Die ganze Anlage strahlte eine ruhige Gediegenheit aus. Seine Schwester Anna hatte es wirklich weit gebracht, seit sie alle vor nunmehr siebzehn Jahren aus Deutschland weggegangen waren. Er hob den Kopf und schaute zu dem Torbogen hinüber, der ihn in den zweiten Patio, der der Familie vorbehalten war, bringen würde. Mit einem Mal konnte er sich nicht dazu durchringen, einzutreten. Von einem Moment auf den anderen fühlte er sich fehl am Platz. Er atmete tief durch, dann strich er mit beiden Händen über den feinen Anzugstoff und machte sich endlich doch auf den Weg.
    Er hatte den Eingang zum Patio fast erreicht, als ihm ein vielleicht drei- oder vierjähriges Mädchen entgegensprang. Es hatte das ihm so vertraute braune Brunner-Haar mit dem unverkennbaren roten Schimmer und grüne Augen. Als die Kleine ihn bemerkte, blieb sie sofort stehen. Misstrauisch musterte sie ihn.
    »Guten Tag«, sagte Eduard.
    »Guten Tag«, antwortete das Mädchen nach kurzem Zögern. Sie sah ihn immer noch aufmerksam an. »Wer bist du?«
    »Ich bin dein Onkel Eduard.«
    Seine Antwort wurde mit einem kurzen Zucken der rechten Augenbraue quittiert.
    »Wer hat dich hereingelassen?«, begehrte die Kleine dann zu wissen und spähte an ihm vorbei in Richtung Tür.
    »Ein Diener.«
    »Die dürfen aber niemanden hereinlassen, den Mama nicht kennt«, stellte das Mädchen ernst fest.
    Eduard lächelte. »Aber sie kennt mich. Ich bin ihr Bruder.«
    »Ich kenne dich aber nicht.« Das Kind blickte Eduard weiter ernst an.
    »Aber ich kenne dich.« Eduard lächelte. »Du bist Leonora, stimmt’s?«
    Die Kleine runzelte die Stirn. »Woher weißt du das?«
    Er kam nicht mehr dazu, zu antworten. Erneut näherten sich Schritte. Eine weibliche Stimme rief.
    »Leonora! Wo bleibst du denn? Wer ist denn da draußen?«
    Die Rufende kam durch den Torbogen gelaufen und blieb unvermittelt stehen, als sie Eduard bemerkte.
    »Maria!«
    Eduard machte eine leichte Verbeugung und küsste der besten Freundin seiner Schwester die Hand. Anna hatte Maria in ihrer ersten Zeit in Buenos Aires kennengelernt. Sie war mit ihrem Mann Luca aus Italien nach Argentinien gekommen – wie sie alle in der Hoffnung, hier ein besseres Leben führen zu können. Marias Mann war viel zu früh unter tragischen Umständen gestorben, aber sie hatten einen gemeinsamen Sohn, Fabio, der inzwischen schon bald zehn Jahre alt sein musste.
    »Eduard! Was für eine Überraschung!«
    »Ich habe gehört, du führst inzwischen eine weltberühmte Konditorei in der Calle Florida. Das Café Maria ist wegen seiner feinen Kuchen und seinem Gebäck in aller Munde.«
    Maria lächelte geschmeichelt, ergriff dann entschlossen Eduards Arm und zog ihn mit sich. »Worauf wartest du? Deine Schwester wird außer sich sein vor Freude!«
    Einen Moment später stand er im Patio. Anna, deren Töchter Leonora und Marlena, Annas und Eduards Schwester Lenchen saßen da.
    »Eduard«, rief Anna, »warum hast du denn nicht gesagt, dass du kommst?«
    »Es sollte eine Überraschung sein.«
    »Na, die ist dir gelungen.«
    Die Frauen tauschten kurz nochmals ihre Freude über seine Anwesenheit aus. Eduard schaute sich derweil im zweiten Patio um. Er war deutlich kleiner, aber auch lauschiger als der erste. Auch hier befand sich ein Springbrunnen, Topfpflanzen

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