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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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und verletzt, aber Carlo war sicher, dass dicht unter dieser Reaktion noch etwas anderes lauerte. Sicherlich würde er, wenn er genauer und länger hinschaute, jene nur mühsam gezähmte Gier nach Folter und Vergewaltigung entdecken, von der er wusste, dass sie immer noch zu Giacomos Wesen gehörte. Die beiden Diener des Verurteilten waren tot, sie waren schon vor Wochen ermordet aufgefunden worden, bis zur Unkenntlichkeit von Messern zerschnitten, mit glühenden Fackeln verbrannt, ihr Unterleib eine einzige verstümmelte Masse. Ihre in Agonie verzerrten Gesichter waren der Beweis dafür, dass sie all das bei lebendigem Leib ertragen hatten.
    Für den Mann dort drüben auf dem Scheiterhaufen war ein solches Schicksal in Cattaneos Augen offenbar zu gnädig. Er gehörte dem Adel an und hatte daher die schlimmste Strafe von allen verdient, die öffentliche Schande. Winselnd und jeder Würde entblößt vor den Augen des Volkes in Flammen aufzugehen – weniger war nicht genug.
    Die Renghiera , die Hinrichtungsglocke des Campanile, läutete den Vollzug der Strafe ein. Der Verurteilte brüllte noch lauter als zuvor, während der Henker, der in sicherer Entfernung von dem Scheiterhaufen stehen geblieben war, die Fackel auf den Holzstoß schleuderte. Zuerst brannten nur einige dünne Zweige. Vereinzelt loderte es lediglich rings um die Fackel auf, dann jedoch griff das Feuer rasch um sich. Es gab ein dumpf knallendes Geräusch, und nur einen Atemzug später stand der ganze Scheiterhaufen in hohen Flammen. Das Kreischen hinter der Feuerwand dauerte nur noch wenige Augenblicke, bevor es abrupt verstummte.
    Cattaneo lief erregt auf und ab, die Augen unnatürlich geweitet und den Mund geöffnet, als wolle er mit allen Sinnen das Spektakel des Feuertodes in sich aufnehmen.
    »Zu schnell«, stieß er hervor. »Es ging viel zu schnell!«
    In den tosenden Flammen war der Körper des Kinderschänders nur schemenhaft zu erkennen. Der Kopf war vornübergesackt, und die ganze Gestalt war bereits so schwarz wie die Asche, zu der sie bald zerfallen würde. Der Gestank nach verbranntem Fleisch war ekelerregend, und der eine oder andere Zuschauer wich bereits zurück, die Hand oder einen Zipfel des Gewandes vor Mund und Nase gepresst.
    Carlo blieb stehen und starrte ins Feuer. Er fühlte sich ausgehöhlt und verloren. Der Tod des Mannes konnte die Schande und die Schmerzen nicht ungeschehen machen. Vor allem aber taugte das, was Giacomo ihm hier als Liebesbeweis vorführte, nicht dazu, Vertrauen herzustellen. Giacomo war wie ein Tier, das seine eigene Wildheit nicht unter Kontrolle hatte. In dem einen Moment würde er ihm die Hand lecken, nur um sie im nächsten vielleicht abzubeißen.
    Während der Wind hier und da Asche vom Scheiterhaufen über den Platz wehte, wandten sie sich zum Gehen. Carlo fühlte Cattaneos Erschöpfung ebenso wie seine eigene, und er verfluchte diesen Augenblick der inneren Verbundenheit. Es hatten sich davon zu viele in ihrer beider Leben geschlichen. Nein, verbesserte er sich sofort wütend in Gedanken, in sein Leben! Es war nur sein Leben, um das es ging. Und das von Valeria. Er würde herausfinden, was sie fortgetrieben hatte, und sobald sie wieder da wäre, würde er sie fragen, warum sie zurückgekommen war. Um sie anschließend zu überzeugen, wie viel besser es wäre, wenn sie wieder ging. Und er auch.
    Nachdem er Giacomo getötet hatte.
    Eine Nonne trat ihnen in den Weg. Ihre große, schlanke Gestalt war in eine graubraune Kutte gehüllt, die mit einem hellen Strick um die Mitte gegürtet war. Sie schlug den Gesichtsschleier zurück. Das Antlitz unter ihrer Kopfbedeckung war von madonnenhafter Schönheit, mit geschwungenen schwarzen Brauen und strahlend grünen Augen.
    Die Nonne war in Begleitung einer Conversa, die sich stumm im Hintergrund hielt, während ihre Herrin vortrat und sich Cattaneo in den Weg stellte.
    »Sieh an«, sagte sie, mit dem Kinn auf den niederbrennenden Scheiterhaufen deutend. »Du gehst erbaulichen Zeitvertreiben nach, während ich für dich die Schmutzarbeit erledige. Aber war es nicht schon immer so?«
    Cattaneo, der beim Anblick der Nonne zusammengezuckt war, rang sich ein freundliches Lächeln ab. »Arcanzola, mein liebes Herz! Wir haben uns lange nicht gesehen!«
    »Ungewöhnlich lange«, bestätigte sie schmallippig. »Wenn man es genau bedenkt, schon über ein Jahr.«
    »Das ist eine Schande, ich hoffe, du verzeihst mir!« Giacomo wirkte bedrückt und nervös unter den

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