Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
gartenähnliches Anwesen auf, das an den drei Landseiten von einer hohen Mauer eingefasst und zum Wasser hin offen war. Hatte schon Giacomos Palazzo in der Stadt herrschaftliche Ausmaße, so war diese Villa von geradezu fürstlichem Gepränge. Mit Säulengängen vor der Fassade, kostbaren Marmorinkrustationen und hohen Fenstern aus farbigem Glas stellte es jedes Wohngebäude, das Carlo bisher gesehen hatte, in den Schatten. Etwas abseits, aber noch im Bereich der Umfriedung, gab es kleinere Stein- und Holzhäuser, in denen vermutlich Bedienstete lebten.
    »Eigentlich wäre ich lieber im Sommer mit dir hergefahren«, sagte Giacomo. Er stieg aus der Barke, den dunklen Umhang fest um sich geschlungen. »Aber dann wäre die Überraschung noch nicht hier gewesen.« Er ergriff Carlo am Arm und zog ihn mit sich. »Komm. Du wirst staunen!« Seine Wangen hatten sich vor freudiger Erwartung gerötet, und Carlo fragte sich unbehaglich, was Giacomo nun schon wieder ausgeheckt hatte. Meist waren seine Überraschungen nicht von der Art, wie andere Menschen sie liebten. Sie gingen zuweilen mit Schockeffekten einher, die einem nicht nur die Sprache verschlugen, sondern oft auch den Appetit und die Laune für lange Zeit verdarben.
    Cattaneo ließ Carlo los, um vorauszulaufen. »Nun mach schon!« Er blickte aufgeregt über die Schulter zurück und hielt sein Barett fest, damit der Wind es nicht davonwehte. »Ich will, dass du es siehst!«
    Carlo sog schnüffelnd die Luft ein; ein seltsamer, vage vertrauter Geruch war ihm in die Nase gestiegen. Er folgte Cattaneo zwischen den Bäumen hindurch, und dann sah er es. Ein weites Gehege, mit Holzbalken eingezäunt, und drüben, ganz am anderen Ende, stand das Tier und äste.
    Carlo lachte und schüttelte ungläubig den Kopf. »Ein Nashorn!«
    Cattaneo strahlte ihn an. »Gefällt es dir? Sieht es genauso aus wie die Tiere in deiner Wüste?«
    »Nashörner leben nicht in der Wüste, sondern in der Savanne.«
    »Was ist der Unterschied?«
    »So ähnlich wie zwischen hier und Venedig.«
    »Aha. Also wie zwischen Tag und Nacht.« Cattaneo lachte erwartungsvoll. »Freust du dich?«
    Carlo starrte das Rhinozeros an, und dumpf stiegen die Erinnerungen in ihm auf. Wie er durch das hüfthohe Gras gestreift war, gemeinsam mit den jungen Männern seines Krals, auf der Suche nach dem Löwen, den sie töten mussten, um später eine Frau gewinnen zu können. Bei einem dieser Ausflüge waren sie einem Nashorn begegnet. Es hatte sich bedroht gefühlt und sie angegriffen. Wie lange war das her? Carlo schien es, als sei das alles in einem früheren Leben geschehen. Doch dann war auf einmal alles ganz nah. Der Geruch der Herde, die schmalen Kruppen der Antilopen, die weidend durch das Tal zogen. Die Wolken von Staub und das Donnern der Hufe, wenn sie vor dem jagenden Löwenrudel flohen. Das Knistern im Feuer, wenn der getrocknete Dung brannte, und der Springtanz der Männer im Dunkeln, mit gereckten Speeren, unter einem Mond, der voll und so riesig war, dass die Welt darin zu ertrinken schien. Das trockene Gras raschelte um sie herum, während das Feuer Funken sprühte, und die Nacht war unendlich und so voller Verheißungen gewesen, dass der Trommelwirbel in seiner Brust fast sein Herz zerspringen ließ.
    Mit einem Mal hörte er auch wieder das Gebrüll der Sklavenjäger. Sie hatten Gewehre, aus denen außer Donner und Feuer auch der Tod kam, und ihre Schwerter hatten in der Sonne geleuchtet wie von einem bösen Fluch beseelt. Ihre Peitschen hatten Rücken aufgerissen und Blut spritzen lassen, und dann hatten die Jungen doch geschrien, obwohl es gegen das Stammesgesetz war. Vor Schmerz zu schreien brachte Schande über die Familie und über diejenigen, die sich erst bewähren mussten, um zum Mann zu werden. Gleich darauf war der Portugiese gekommen, der ihn gepackt und ihm das Messer an die Kehle gehalten hatte, während seine gedungenen arabischen Menschenjäger ihn niederzwangen und mit Lederstricken fesselten, bis seine Hände und Füße wie totes Holz waren und nicht mehr zu seinem Körper gehörten. Der Portugiese hatte ihn auch später nicht losgebunden, im Zelt, als er ihm die bis dahin schlimmsten Schmerzen zugefügt hatte, jene Qualen, die ihn seither in seinen Träumen begleiteten.
    »Du weinst ja«, sagte Cattaneo überrascht. »So sehr freut dich dieses Geschenk?« Er lachte zufrieden. »Dann wird dich die andere Überraschung erst recht freuen! Komm mit, ich zeige sie dir!« Er fasste Carlo bei

Weitere Kostenlose Bücher