Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
gefährliches Licht, und Carlo begriff, dass die Tiere nur Vorgeplänkel gewesen waren.
    Wie schon so oft zuvor begann er, nach Möglichkeiten zu sinnen, wie er seinen wahnsinnigen und unberechenbaren Gönner zu dessen Ahnen befördern konnte, ohne dass es auf ihn oder Valeria zurückfiel. Und wie immer schienen sowohl Giacomo wie auch sein Diener Silvio zu ahnen, was ihm durch den Kopf ging.
    Silvio schüttelte feixend den Kopf, als wisse er bereits, was Cattaneo als Nächstes äußern würde. Mit schlenkernden Armen trottete er hinter ihnen her, die zwergenhaft gedrungene Gestalt mit den absurd kurzen Beinen und dem fassartig aufgeblähten Brustkorb in Gewänder gehüllt, die ihn in ihrer Eleganz noch lächerlicher wirken ließen. Doch wer den Fehler beging, ihn für einen dummen Hofnarren zu halten, konnte rasch auf tödliche Weise eines Besseren belehrt werden.
    »Du hasst mich nicht wirklich«, meinte Cattaneo vertraulich, während er Carlo die Hand auf die Schulter legte. »Dafür liebst du dein Leben im Luxus zu sehr. Und vor allem natürlich die süße blonde Gefährtin deiner Jugend. Du liebst sie, und ich liebe sie. Sie ist unser beider kostbarer Augapfel. Nie würde ich zulassen, dass ihr ein Leid geschieht!«
    Nicht, solange ich lebe , lautete der unausgesprochene Zusatz, und Carlo wusste genau, dass dieser die eigentliche Aussage bildete. Giacomo hatte Vorsorge getroffen, und er hatte es Carlo wissen lassen. Es gab verschwiegene Helfer und Helfershelfer, über die Giacomo Cattaneo gebot und die sich all seinen Befehlen blindlings beugen würden, auch über seinen Tod hinaus. Nicht nur die Macht des Geldes brachte sie dazu, sondern auch andere, dunklere Einflüsse, die er auf manche Menschen ausübte, vielleicht, weil sie denselben verderbten Leidenschaften unterworfen waren wie er.
    Carlo folgte Cattaneo zu einem hölzernen Schuppen in der Nähe der Löwengrube. Cattaneo trat zur Seite und ließ Silvio vortreten, damit dieser die Tür öffnen konnte.
    Carlo prallte zurück. Der Gestank, der ihm aus der fensterlosen Hütte entgegenschlug, war unbeschreiblich. Er starrte ungläubig das Wesen an, das dort zwischen Strohhaufen an einem Balken angekettet kauerte, ein Eisenband um den Hals, mit zotteligem Haar und blutverkrustetem Bart. Der Mann war nackt bis auf einen schmutzigen Lendenschurz und besudelt von seinen eigenen Exkrementen. Mit angstvoll aufgerissenen Augen glotzte er zu ihnen hoch.
    »Mein Gott, wie er stinkt!«, sagte Cattaneo angewidert. »Wie lange sitzt er jetzt schon hier, Silvio?«
    Der Diener dachte kurz nach. »Drei Wochen, Domine. Ich habe ihn in der Woche geschnappt, als die Tiere gebracht wurden.«
    »Er riecht schlimmer als der Löwe. Vielleicht sollten wir ihn zur Erbauung gleich in die Grube werfen?« Er runzelte die Stirn. »Nein, das ist nicht Sinn der Sache. Er gehört ja dir, mein schwarzer Prinz. Es ist dein Recht, ihn zu töten. Oder sonst was mit ihm zu tun.«
    »Wer ist er?«, brachte Carlo mühsam hervor.
    »Erkennst du ihn denn nicht, nach allem, was du durch ihn erdulden musstest?« Cattaneo stieß mit dem Fuß die Tür weiter auf, damit mehr Licht in den Verschlag fallen konnte. Er trat den Kauernden hart in die Seite, was diesem einen dumpfen Schmerzlaut entlockte. »Na ja, ihm wurde natürlich die Zunge herausgeschnitten, damit er nicht zetern und fluchen kann, das hat ihn vielleicht ein wenig entstellt. Aber ansonsten ist er noch ganz der betrügerische Kerl wie vorher. Sieh ihn dir nur genau an.«
    Das war nicht mehr nötig, denn inzwischen hatte Carlo ihn erkannt. Es war der portugiesische Sklavenhändler.
    Laura hätte schreien mögen vor Wut und Kummer, und es gab niemanden in ihrer Umgebung, an dem sie es nicht ausließ. Sie hasste sich selbst für ihr schlechtes Benehmen, doch sie konnte nichts daran ändern. Die ganze Welt schien sich gegen sie verschworen zu haben, alles strebte nur danach, sie ins Unglück zu stürzen.
    Am schlimmsten hätte es für sie sein sollen, dass Crestina weg war, über Nacht verschwunden, mitsamt ihrer persönlichen Habe, als hätte ein vorüberziehender Sturm sie mitgenommen. Doch das war nicht das Schlimmste, auch nicht das, was in ihrem Brief gestanden hatte. Im Gegenteil, Letzteres war schon eher wieder seltsam tröstlich gewesen, auch wenn Mansuetta darüber anscheinend anderer Meinung war.
    Das Schlimmste war, dass er abgereist war. Einfach so, ohne ein Wort. Ohne Abschiedsgruß, ohne noch einmal nach ihr zu schauen.
    Laura

Weitere Kostenlose Bücher