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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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schien ein Windstoß von irgendwoher Kälte ins Haus zu wehen. Laura hielt inne, sie ließ den Lappen sinken, den sie wieder zur Hand genommen hatte, und dann wurde ihr klar, dass es nicht durch die Türritzen zog, sondern dass diese Kälte aus ihrem Inneren kam. Es war so intensiv, wie sie es seit vielen Jahren nicht mehr erlebt hatte, eine Empfindung, die sie, wenn es nach ihr gegangen wäre, auch nie wieder hätte haben müssen. Nicht diese, die sie selbst glauben machte, sie könne eine Hexe sein. Doch es war da, sie konnte es nicht wegleugnen. Sie spürte das Herannahen einer Gefahr.
    Das Gefühl hatte sich kaum manifestiert, als sich auch schon die Tür auftat und eine Frauengestalt im Rahmen erschien, die für Laura alle Schrecknisse der Vergangenheit verkörperte.
    »Wer hätte das gedacht«, sagte Arcanzola lächelnd. Ihr Gesicht über dem Skapulier schien sich nicht verändert zu haben. Ihre Wangen waren von zarter Blässe, und die schmalen, schräg geschnittenen Augen leuchteten in demselben hellen Grün wie damals.
    »Was wollt Ihr?«, brachte Laura mühsam hervor.
    »Ist das eine Art, eine alte Gönnerin zu begrüßen?« Mit ausgreifenden Schritten trat die Nonne näher. Laura konnte sehen, dass hinter ihr eine der Converse stand, die sie schon früher immer auf ihren Wegen begleitet hatten. Arcanzola ließ die Dienerin einfach draußen in der Kälte stehen und warf ihr die Tür vor der Nase zu. Interessiert schlenderte sie durch den Ladenraum, schaute hier in ein Fass, öffnete dort einen Sack, schnupperte an einem Krug. »Sagen wir, ich komme aus mildtätigem Interesse, schließlich bist du eines der mir einstmals anvertrauten Schäflein. Ich verfolge gern die Wege aller meiner Schützlinge, denn nichts liegt mir so sehr am Herzen wie ihre Zukunft.« Sie lächelte. »Ich hörte, die alte Apothekerin ist von euch gegangen. Hat dich ganz allein gelassen. Ein sechzehnjähriges Mädchen. Ohne Vormund, ohne gesetzlichen Hüter der jungen Tugend.« Sie trat dicht vor Laura hin und blieb Auge in Auge mit ihr stehen.
    Ich bin so groß wie sie, dachte Laura benommen. Ich bin kein kleines Mädchen mehr, das sie züchtigen kann! Sie kann mir nichts mehr tun! Ich bin nicht mehr im Waisenhaus! Doch der Aufruhr in ihrem Inneren hinderte sie daran, ihre Gedanken in Worte zu fassen. Plötzlich war sie wieder zehn Jahre alt und wartete in ihrer Kammer auf die Bestrafung.
    Arcanzola packte sie beim Zopf und zog ihren Kopf so nah zu sich heran, dass Laura den Atem der Nonne auf ihrem Gesicht spürte. Er roch schwach nach Zimt und Wein und noch etwas anderem. Nelkenöl, durchfuhr es Laura. Das war damals schon Arcanzolas Duft gewesen. Blitzartig erinnerte Laura sich wieder in allen Einzelheiten an die demütigenden, schmerzhaften Prügel, die Arcanzola ihr verabreicht hatte. Brennende Scham stieg in ihr auf, als sie daran dachte, was die Nonne kurz davor mit ihr getan hatte. Damals hatte sie nur gewusst, dass es etwas Verbotenes sein musste. Heute hatte sie eine sehr genaue Vorstellung von der wirklichen Bedeutung des Vorfalls.
    »Du bist an allem schuld«, sagte Arcanzola. Hass schwelte in ihren Augen, doch das Lächeln verließ nicht ihre Lippen. »Weil er dich nicht bekommen konnte, hat er die andere genommen, und den moro nero , Gott verdamme seine schwarze Seele. Er hat sie in sein Leben aufgenommen, so wie er mich ausgeschlossen hat.«
    »Allmächtiger«, kam es von Veronica. Sie stand in der offenen Verbindungstür zur Küche, die Hände gegen die Wangen gepresst. Hinter ihr lugte Matteo hervor. Veronica hustete und rang würgend nach Luft. »Die Hölle hat sich aufgetan und ihren schlimmsten Dämon geschickt, um uns alle zu holen!«
    Arcanzola ließ Laura los und trat einen Schritt zurück, das Gesicht glatt und ausdruckslos. »Sieh an, dich kenne ich ebenfalls! Ah, ich weiß es wieder, du bist doch die kleine Veronica! Einst auch in seiner engeren Auswahl! Und der Junge da – das muss Lauras Bruder sein. Das wird ja immer besser. Das halbe Waisenhaus hat sich hier versammelt. Lauter herrenlose Bälger. Ich meine, dies könnte ein Fall für den zuständigen Provveditore sein.«
    Mansuetta schob sich an Veronica vorbei und betrat den Laden. »Hier ist niemand herrenlos«, sagte sie mit schneidender Stimme. Ihr Gesicht wirkte entschlossen. »Diese da ist meine Magd ...«, sie deutete auf Veronica, »... und hier seht Ihr meine Schwester und meinen Bruder. Sie unterstehen meiner Aufsicht. Ich bin seit langem

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