Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
in vollem Galopp ein Reiter über der nächsten Anhöhe auftauchte.
Die Griechen zückten ihre Schwerter und Armbrüste, als der Reiter herangeprescht kam, doch gleich darauf entspannten sie sich wieder, denn es war zu sehen, dass er allein war und dass es sich um einen Boten handelte. Er zügelte sein Pferd zehn Schritte vom Feuer entfernt, saß ab und kam herübergeeilt.
Der Ritt musste äußerst anstrengend gewesen sein, denn sein Atem kam stoßweise und ließ weiße Dampfwolken um sein Gesicht aufsteigen. Zielgerichtet näherte er sich Mosè und blieb vor ihm stehen, verschwitzt, verschmutzt und so tropfnass wie sie alle. Mit einer ehrerbietigen Verneigung zog er seine Kappe. »Messèr Zinzi, ich kam, so schnell ich konnte, ganze acht Pferde habe ich auf dem Weg hierher müde geritten, ganz zu schweigen davon, dass ich mir selbst kaum eine Rast gegönnt habe!«
»Kommt ans Feuer, setzt Euch nieder.« Mosè zog eine Flasche aus seiner Satteltasche und öffnete sie. »Hier, trinkt einen Schluck Wein, kommt erst einmal zu Atem!«
Der Bote sank neben dem Feuer nieder und trank in durstigen Zügen von dem Wein, dann wischte er sich die Lippen ab und blickte ernst zu Mosè auf.
»Die Zusammenkunft hat genau das erbracht, was Ihr schon vorausgesehen habt. Es gab den offiziellen Vertrag, von dem alle wissen, und auch den geheimen, wie Ihr es schon ahntet.«
Mosè wirkte angespannt. »Sprecht.«
Auf der anderen Seite des Feuers hatten sich Raffaele und Ippolito erhoben und kamen näher, und auch die Griechen waren aufgestanden, um zu hören, was der Bote zu sagen hatte, obwohl sie vermutlich nur jedes dritte Wort verstanden.
»Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen«, sagte der Bote erschöpft. »Die Liga von Cambrai kann unser aller Ende bedeuten. In jedem Fall aber das Ende unseres Landes, der Heimat, wie wir sie kennen. Unsere glorreiche Serenissima – vielleicht gibt es sie bald nicht mehr.«
Antonio verschränkte die Arme vor dem Körper, ihn fröstelte noch stärker als vorher.
»Der Habsburger und Ludwig von Frankreich haben den Vertrag schon am Vorabend des Martinstages geschlossen«, berichtete der Bote. Er war ein magerer, aber zäh wirkender Bursche in den Dreißigern, der nur noch die Hälfte seiner Zähne besaß, was seine Aussprache undeutlich klingen ließ. »Der Kaiser will den König mit Mailand belehnen. Die Terraferma wollen sie sich teilen. Der Papst soll die Romagna, die Spanier Apulien und der Kaiser Istrien zurückerhalten. Dem König von Ungarn soll im Falle seines Beitritts Dalmatien zufallen, dem Herzog von Savoyen Zypern, dem Markgrafen von Ferrara das Polesine, und Florenz darf sich Pisa nehmen.« Er rülpste und trank erneut von dem Wein. »Damit wäre das gesamte Herrschaftsgebiet der Serenissima aufgeteilt. Offiziell soll es ein Feldzug gegen die Osmanen werden. Aber in Wahrheit geht es nur um eines: Venedig zu unterwerfen. Als ich über die Grenze ritt, sammelten sich bereits die ersten Truppen auf kaiserlichem Boden, und sicher sind auch schon Kontingente von Frankreich unterwegs. Vielleicht brennt uns bald sogar in Ungarn der Boden unter den Füßen. Wer weiß, wie lange wir hier in diesem Land als Venezianer noch sicher sind.«
»Ist der Papst bereits beigetreten?«
»Noch nicht. Auch der König von Spanien bedenkt sich noch. Aber wenn Ihr mich fragt, ist es nur eine Frage der Zeit.«
Mosè nickte mit unbewegter Miene. »Habt Dank für Euren schnellen Ritt. Ruht Euch einstweilen aus, dann gebe ich Euch weitere Weisungen.«
Er fasste Antonio beim Arm, um ihn ein Stück zur Seite zu führen, wo sie ungestört reden konnten.
»Ist das der Krieg, von dem von Wessel sprach?«, fragte Antonio.
Mosè hob die Schultern. »Ja, das ist der Krieg. Richtiger Krieg, nicht zu vergleichen mit den örtlichen Scharmützeln der letzten Jahre. Nur scheint sich alles jetzt schneller zu entwickeln, als ich dachte. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
»Wird Ungarn sich dieser Liga ebenfalls anschließen?«
Mosè schüttelte den Kopf. »Wenn es gegen die Osmanen geht, natürlich. Aber sie tun nicht mit bei einem geheimen Bündnis gegen Venedig. Nur um sich Dalmatien einzuverleiben, wird der König bestimmt nicht gegen die Serenissima zu Felde ziehen. Außerdem ist Venedig der einzig zuverlässige Bündnisgenosse gegen die Osmanen. Aber bald werden die Landwege auf der Terraferma umkämpft sein.«
»Was können wir tun?«
»Zunächst einmal unsere Geschäfte hier zu Ende bringen, und zwar
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