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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Laura schicken lassen mit der Botschaft, dass es dem Ende zuging.
    Laura erschrak, als sie den jüdischen Kaufmann sah. Vor zwei Monaten, als sie das letzte Mal bei ihm gewesen war, um ihm Hustenmedizin zu bringen, hatte er schon krank ausgesehen, doch jetzt glich er dem leibhaftigen Tod. Er war bis auf die Knochen abgemagert, und die Haut spannte sich so straff um den fleischlosen Schädel, dass es schien, als sei er bereits gestorben. Die Augen lagen tief und glanzlos in den Höhlen, die Lippen waren trocken und zurückgezogen und entblößten die Zahnlücke, als er bei Lauras Anblick den Versuch eines Lächelns unternahm.
    »Sei gegrüßt, Laura.« Seine Stimme war brüchig, kaum mehr als ein Wispern. Er hob die Hände, doch Laura war schon bei ihm und nahm sie, bevor er sich anstrengen musste, sie auszustrecken.
    »Guten Tag, Messèr Zinzi.« Sie bemühte sich um ein Lächeln, doch ihr war klar, dass ihr der Schock ins Gesicht geschrieben stand. Sie warf dem Rabbi einen unsicheren Blick zu, doch der alte Mann mit den Schläfenlocken, der Kippa und dem dunklen Umhang nickte ihr nur aufmunternd zu, bevor er seinen gelben Hut nahm, der an einem Haken bei der Tür hing. »Ich warte eine Weile draußen«, sagte er.
    Laura wartete, bis der jüdische Geistliche die Tür hinter sich zugezogen hatte. »Es tut mir leid, Messèr Zinzi, aber ich konnte nichts erreichen. Doch ich verspreche Euch, ich werde heute Abend nochmals mein Glück versuchen.«
    »Der arme Junge.« Mosè starrte blicklos die Wand an. Seinem Lehnstuhl gegenüber hing ein Gemälde, und Laura erkannte überrascht, dass es Mosès Familie zeigte. Der kleine Junge auf dem Bild musste Isacco sein, mit rundlichen Wangen und einem angedeuteten Lächeln. Auch die porträtierte Frau lächelte, und tatsächlich musste Monna Elsa irgendwann so ausgesehen haben wie diese dunkelhaarige Schönheit mit den geschwungenen Brauen und den glatten Wangen.
    »Er ist ein undankbarer Sohn«, entfuhr es Laura. Sie war wütend, obwohl sie sich vorgenommen hatte, keine Partei zu ergreifen und vor allem Mosè gegenüber nicht schlecht über Isacco oder seine Mutter zu reden. »Er sollte Euch als seinem Vater den letzten Abschied nicht verwehren! Das ist Sünde!«
    »Ah, Sünde. Was weißt du denn schon über die Sünde, mein Kind.«
    »Alles«, sagte sie trotzig.
    Mosè lächelte flüchtig, und für einen Moment ähnelte er wieder dem verschmitzten, mit allen Wassern gewaschenen Kaufmann, als den sie ihn kennen gelernt hatte.
    »Isacco ist ein guter Sohn. Er hat sich immer rührend um seine Mutter gekümmert.«
    »Aber Ihr seid sein Vater! Seid Ihr denn weniger wert, nur weil Ihr Jude seid?«
    Sie begriff, dass Ihre Äußerung bereits eine Wertung beinhaltete, und verlegen setzte sie hinzu: »Euer Glaube setzt Euch ihm gegenüber nicht herab, denn wir beten zu demselben Gott!«
    »Du weißt nicht genug, um meinen Sohn zu verstehen«, sagte Mosè. »Dass du nie darüber sprachst, zeigt mir, wie verschwiegen er all die Jahre war, und das wiederum ehrt ihn mehr, als wenn er mir vergeben würde.«
    »Was sollte er Euch denn vergeben?«
    Mosè betrachtete seine Hände, die knotig und blau geädert in seinem Schoß ruhten. »Ich war ein schlechter Ehemann«, sagte er ruhig.
    »Weil Ihr Euch geweigert habt, den christlichen Glauben anzunehmen? Aber ich sagte doch schon ...«
    »Nein, das hat damit nichts zu tun«, unterbrach sie Mosè. »Elsa hat sich erst hinterher taufen lassen.«
    »Hinterher?«
    »Nachdem ich Rachel zu meiner Geliebten gemacht hatte.«
    Laura war zu erschüttert, um zu antworten, folglich schwieg sie.
    Mosè schien auf Fragen zu warten, und als er merkte, dass keine kamen, sprach er zögernd weiter. »Ich war fast immer auf Reisen, sie führten mich in die ganze Welt. Elsa war stets zu Hause, obwohl ich sie zuweilen gern mitgenommen hätte. Es lebt sich sehr einsam, wenn man allein unterwegs ist. Manchmal für viele Monate, bis hin zu einem Jahr oder länger.« Er seufzte schwer. »Ich lernte Rachel in Syrien kennen, sie war die Tochter eines einflussreichen spanischen Händlers.«
    »Eine Jüdin?«
    Die Andeutung eines Lächelns zog sich um Mosès Lippen. »Natürlich. Alles andere wäre Todsünde. Aber so war es natürlich auch eine, denn ich war zu jener Zeit seit beinahe zwanzig Jahren ein verheirateter Mann.«
    »Isacco war damals noch nicht geboren«, stellte Laura fest.
    »Nein«, stimmte Mosè zu. »Elsa konnte keine Kinder bekommen. Jedenfalls dachten wir

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