Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
sehen. Er würde bald sterben, sehr bald. Vielleicht schon in dieser Stunde.
    Sein Kopf sank zur Seite, auf seine Schulter, und die Weinflasche drohte ihm aus der Hand zu rutschen. Laura nahm sie rasch an sich und stellte sie auf die Bodendielen neben den Lehnsessel. Vorsichtig zog sie die Decke zurecht, die trotz der Sommerhitze um seinen ausgemergelten Körper gewickelt war. Der Geruch von Urin, altem Schweiß und ranzigem Körperfett stieg ihr in die Nase, und flüchtig fragte sie sich, ob dies das Schicksal aller alten und kranken Menschen war, die sich ohne fremde Hilfe nicht mehr aufrichten konnten. Auch Monna Elsa roch so. Wenn man in ihre Nähe kam, war es, als atmete man bereits den Moder ein, der in nicht allzu ferner Zukunft ihren Gräbern entsteigen würde. Sie und ihr Mann waren seit vielen Jahren getrennt, aber in ihrer Hilflosigkeit waren sie längst wieder eins und würden es auch im Tode sein.
    »Ich werde noch einmal mit Isacco reden«, sagte sie leise, schon auf dem Weg zur Tür.
    Als sie die Hand auf den Knauf legte, gab Mosé ein unwilliges Geräusch von sich, und sie erkannte, dass er ihr noch etwas zu sagen hatte.
    Sie eilte zu ihm zurück und beugte sich dicht über ihn, damit er sich beim Sprechen nicht zu sehr anstrengen musste.
    »Antonio«, sagte er.
    Der Klang seines Namens durchfuhr sie wie ein Messerstich, und sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. »Er ist in der Schlacht von Agnadello gefallen«, flüsterte sie.
    »Ich weiß.« Die Worte kamen abgehackt und so leise, dass sie kaum noch verständlich waren. »Ich weine um ihn wie um mein eigenes Kind. Weißt du, dass er mir teuer war wie ein Sohn?«
    »Eure Gefühle wurden erwidert. Er sprach davon, wie sehr er Euch zugetan war.«
    »Vor seinem Aufbruch zu den Schlachtfeldern kam er noch einmal zu mir.« Ein Hustenanfall unterbrach die Worte des Alten, und keuchend schöpfte er Zug um Zug neuen Atem, bis er in der Lage war, fortzufahren. »Er hat mir etwas für dich hinterlassen, mein Kind.« Seine Hände tasteten fahrig auf der Decke herum, bis seine Rechte etwas aus den Falten seines Ärmels zog. Es war ein Kästchen.
    Sie ergriff es zögernd, und das Herz schlug ihr dabei bis zum Hals.
    »Er sagte, er hätte es dir am Tage eurer Hochzeit geben wollen. Es ist ...« Mosè holte mit qualvoller Anstrengung Luft, bevor er den Satz vollenden konnte. »... sein Brautgeschenk. Er hat dich über alles geliebt, mein Kind.«
    Sie klappte es mit fliegenden Fingern auf, und als sie das kostbare Geschmeide sah, stockte ihr der Atem. Die Tränen liefen ihr nun ungehindert über die Wangen, und sie ging taumelnd die zwei Schritte bis zur nächsten Wand, wo sie sich mit den Schultern anlehnte und rücklings zu Boden sank. In der Hocke schlug sie die Hände vors Gesicht, das Kästchen mit dem Brautgeschenk an die Lippen gepresst, als könne sie auf diese Weise seine Gegenwart fühlen. Nachempfinden, wie er es für sie ausgesucht hatte. Wie er sich vorgestellt hatte, es ihr anzulegen. Sie in die Arme zu schließen, als seine Frau.
    Nimm mich oder lass mich.
    Er hat dich über alles geliebt.
    Schluchzend wiegte sie sich vor und zurück und hörte dabei nicht, wie sich die Tür öffnete. Erst als der Rabbi vor ihr stand und ihr die Hand reichte, um ihr beim Aufstehen zu helfen, kam sie wieder zu sich.
    Immer noch weinend ließ sie sich von ihm hochziehen und ging zurück zu Mosè.
    »Was hat er noch gesagt, bevor er fortging?«, wollte sie wissen.
    Doch der alte Mann gab keine Antwort. Laura starrte ihn voller Entsetzen an, als sie erkannte, dass er nicht mehr atmete. Mosè Zinzi war tot.
    Der Rabbi hob an, in für sie unverständlichem Singsang zu beten. Tränenblind stolperte Laura zur Tür und nach draußen.
    Die Glocken läuteten zur Non, als sie nach wenigen Schritten den Kanal erreichte, wo die Gondel lag, die sie für die Fahrt gemietet hatte. Oratio, der ihr im Wechsel mit seinem Bruder wie ein Schatten folgte, hockte auf der Fondamenta und reinigte sich die Nägel mit seinem Messer. Er blickte auf und runzelte die Stirn, als er Laura weinen sah, doch er gab keinen Kommentar ab, denn in der letzten Zeit war es keine Seltenheit, dass sie die Fassung verlor. Stumm erhob er sich, um hinter ihr ins Boot zu steigen.
    »Was ist geschehen, Madonna?«, fragte der Gondoliere besorgt. Ohne mit dem Rudern innezuhalten, duckte er sich geschmeidig, als sie unter einer Brücke hindurchfuhren. »Kann ich Euch helfen?«
    Laura lauschte den

Weitere Kostenlose Bücher