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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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bis spät übel. Anfangs hatte sie gedacht, sie sei wieder guter Hoffnung. Zwar war ihr bei der ersten Schwangerschaft nicht schlecht gewesen, doch es hieß ja, dass das Befinden bei jedem Male anders sein könne. Indessen stellte sich bald heraus, dass sie an etwas litt, das gemeinhin als Seekrankheit bezeichnet wurde, und so war ihre erste Reise ins Ausland ein einziges Martyrium, in dessen Verlauf sie mehr spie als redete und häufiger lag als aufrecht stand.
    Antonio hätte während dieser Zeit durchaus darauf herumreiten können, dass er sie vor alledem gewarnt habe, doch er tat nichts dergleichen.
    »Mein armes Mädchen«, sagte er, am Rand ihrer Koje sitzend und eine Hand auf ihrer Stirn, wie um ihr Halt gegen die schwankende See zu geben. »Was kann ich für dich tun, um es dir leichter zu machen?«
    »Lass mich einfach sterben.«
    Er lachte und zog sie in seine Arme, und in diesen Momenten war sie davon überzeugt, dass alles nur halb so schlimm war.
    Nach einer bis auf die Seekrankheit ereignislosen Überfahrt erreichten sie Südostengland und die Mündung der Themse, wo sie in Southend auf ein Flussboot umstiegen und nach London weiterfuhren. Hier legte sich auch Lauras Übelkeit, und seither konnte sie auch wieder mit gesundem Appetit essen – oder vielmehr hätte sie mit gesundem Appetit essen können, wenn es nur etwas Schmackhaftes gegeben hätte. Leider sollte Antonio mit seinen üblen Prognosen mehr als recht behalten. Das Essen in England war nach Lauras Dafürhalten durchweg scheußlich, und dabei spielte es kaum eine Rolle, ob die Mahlzeiten in einer Schenke oder im Haushalt eines Kaufmanns gereicht wurden. Eines der Lieblingsgerichte der Engländer war Aal in allen Variationen, den Laura noch nie hatte ausstehen können, ebenso wenig wie Karpfen, der stets schmeckte, als sei er hundert Jahre im Schlamm vermodert. Dem dick eingekochten Brei, der Pottage hieß und hierzulande zu allen Gelegenheiten aufgetischt wurde, konnte sie genauso wenig abgewinnen wie den Innereien, etwa in Form gebackener Nieren, oder gar einem Gericht namens Blutpudding, das die Engländer ganz besonders zum Frühstück zu schätzen schienen.
    Wenn möglich, hielt Laura sich an das, was sie selbst schon vor ihrer Abreise aus der Lagune als akzeptabel bezeichnet hatte: Wasser und Brot. Hin und wieder, wenn es guten Käse oder frisch gebratenes Geflügel gab, langte sie ordentlich zu. Auch das Bier verschmähte sie nicht, denn es war, wenn man sich erst daran gewöhnt hatte, gar nicht so übel. Die Engländer nannten die am meisten verbreitete Sorte Ale und tranken davon, bis sie völlig bezecht bei Tisch zusammenbrachen, jedenfalls war das ein nicht gerade ungewöhnlicher Anblick in den Schenken, in denen sie einkehrten. Es war fast so, als müssten die Leute die Plagen ihres freud- und sonnenlosen Lebens, das sie in Knechtschaft ihrer jeweiligen Herren verbrachten, in Alkohol ertränken. Popolanen oder freie Bürger, so wie in der Serenissima Repubblica , gab es nicht viele in England. Die meisten Menschen waren hier in einem komplizierten Geflecht von Fron-, Lehens- und anderen Diensten höherstehenden Personen untergeordnet, welche wiederum alle dem König unterworfen waren, dem übermächtigen Herrscher des ganzen englischen Reichs.
    In einem Punkt aber ähnelte London der Lagunenstadt: Es gab hier eine Vielzahl von Klöstern. Die halbe Stadt war klerikaler Besitz. Nonnen und Mönche waren ein häufiger Anblick, was London in Lauras Augen nicht unbedingt freundlicher wirken ließ.
    Alles andere als einnehmend fand sie auch die neue Geschäftsidee Antonios, und es wurde nicht besser dadurch, dass er erst zwei Wochen nach ihrer Ankunft in London damit herausrückte. Sie konnte es nicht fassen, als er ihr sein Vorhaben umriss, denn sie fühlte sich sofort auf üble Weise an die Episode rund um das Sanctum Praeputium erinnert.
    Er wollte Investitionen im Ablasshandel tätigen.
    Die Herberge, in der sie abgestiegen waren, zählte laut Antonio zu den besten, die es in London gab. Dennoch hatte Laura sich beim ersten Betreten des winzigen Zimmers gefragt, wie dann wohl die schlechten Herbergen in dieser Stadt aussehen mochten. Allerdings ließ es sich nicht leugnen, dass sie schon in wesentlich scheußlicheren Löchern gehaust hatte. Im Vergleich zum Waisenhaus, dem Zimmer am Corte Cavallo oder auch nur der Schiffskabine war dieses Gemach hier das reinste Luxusdomizil. Es gab immerhin ein ausreichend breites Bett, eine

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