Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Kohlenpfanne, eine große Kerze, einen Nachtstuhl und eine Waschschüssel. Nach einem Spiegel, einer Kommode oder einem Ofen suchte man allerdings vergebens. Wurde es einem Gast über Nacht zu kühl, musste er sich beim Wirt einen erhitzten Ziegelstein für sein Bett besorgen. Damit ließ es sich recht gut einschlafen, und man konnte sogar vergessen, dass sich unter der Schlafkammer ein Schweinekoben befand und die Ritzen der Bodendielen nicht ganz dicht waren, sodass von unten ein beständiges Grunzen heraufdrang, von den üblen Gerüchen ganz zu schweigen.
Mit wenigen Handgriffen konnten sie sich immerhin ein Minimum an Komfort verschaffen. Laura breitete stets eines ihrer mitgebrachten Leinenlaken über der Matratze aus, denn Läuse oder Flöhe waren das Letzte, wonach ihr der Sinn stand. Zwischen die Decken schob sie Lavendelsäckchen, und zum Waschen benützte sie die parfümierte Seife, von der sie einen reichlichen Vorrat eingepackt hatte. Wann immer es möglich war, bestand sie darauf, dass sie beide ein Bad nahmen und ihre Kleidung zu einer Wäscherin gaben, um den Gestank loszuwerden, der sich im Laufe anstrengender Tage unweigerlich in ihre Ausdünstungen mischte. Sie hasste es, wenn ihre Kopfhaut zu jucken begann und ihr Haar fettig wurde. Dann ruhte sie nicht eher, bis sie irgendwo einen Bottich auftat, in den genug Wasser passte, und wenn es nur für eine Kopfwäsche oder ein Abspülen des Körpers reichte.
Immerhin gab es in dieser Herberge sogar einen Badezuber, für den man sich in der Küche heißes Wasser holen konnte. Das stellte im Vergleich zu anderen Unterkünften vermutlich einen veritablen Luxus dar, wenngleich Laura sich verbot, darüber nachzudenken, wie viele von Ungeziefer befallene Pferdeknechte und Themseschiffer schon vor ihr in dem Zuber gesessen haben mochten.
An diesem Abend überlegte sie, ob es wohl schon zu spät für ein Bad wäre, entschied dann aber, dass eine Katzenwäsche reichen musste. Es war einfach zu kalt in der Kammer.
Im Licht der Kerze begann Laura schweigend, sich auszukleiden.
»Du bist böse auf mich«, sagte Antonio, der ihr soeben auf dem Rückweg vom Haus des Tuchhändlers, bei dem sie zum Abendessen gewesen waren, seine neuen Handelspläne eröffnet hatte.
»Ich habe nichts davon gesagt, dass ich böse bin.«
»Aber du denkst es. Und man sieht dir an, dass du vor Wut platzen möchtest.«
Sie hob den Kopf und funkelte ihn an. »Na schön. Du hast recht. Ich bin wütend! Musst du dich unbedingt in diesem Gewerbe betätigen?«
»Es sind nur Vorgespräche.«
»Trotzdem.« Sie ließ sich mit einer abrupten Bewegung auf der Bettstatt nieder, um ihre Strümpfe auszuziehen. »Warum kannst du nicht einfach nur mit Stoffen handeln? Das halbe Schiff war voll mit deiner Fracht, und ich weiß, dass du gut zahlende Abnehmer dafür gefunden hast. Heute Abend auch wieder, ich war schließlich dabei und habe es mitbekommen, auch wenn ich nur Bruchstücke von eurer Unterhaltung verstanden habe. Bringt dir das nicht genug ein?« Sie hob die Hand, bevor er etwas erwidern konnte. »Sag es nicht!«, befahl sie ihm warnend. »Ich habe deine Worte noch sehr gut im Ohr: Es ist nie genug . Ist es nicht so?«
»Was ist gegen den Ablasshandel einzuwenden? Ablassbriefe werden schon seit Generationen geschrieben und verkauft.«
»Das weiß ich, aber das macht es nicht besser.« Sie merkte, wie ihr Zorn wuchs. »Der Handel mit Ablassbriefen ist eine Umgehung der Beichte! Kann es denn sein, dass Mord, Ehebruch oder Diebstahl um ein paar Goldstücke verziehen werden? Ohne Buße und ohne Reue?«
»Der Sünder soll bußfertig sein und bereuen, auch bei Erteilung eines Ablassbriefes.«
»Aber es kontrolliert niemand!«
»Kontrolliert es denn bei der Beichte jemand?«
»Aber die Buße! Was ist mit der Buße?!«
Um Antonios Lippen zuckte es. »Auf den Briefen wird stets eingetragen, wie viele Tage im Fegefeuer der Sünder ertragen muss.«
»Du machst dich lustig über mich!«
»Nein, mein Liebes, ganz bestimmt nicht. Nicht über dich.« Er setzte sich auf einen Schemel, um sich die Stiefel auszuziehen. »Ich weiß, wie empfindlich du in allen Fragen rund um Beichte und Buße bist. Dennoch darfst du dein eigenes Schicksal und deine persönliche Einstellung nicht zum Maßstab für alle Gläubigen machen. Immerhin wird der Ablasshandel mit dem höchsten Segen seiner Heiligkeit, dem Papst, vollzogen. Er ist Gottes Stellvertreter auf Erden. Er erlaubt es nicht nur, sondern wünscht
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