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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Schwellungen und fühlt sich schwach, aber es gibt weder Anzeichen für eine stärkere Beulenentwicklung noch für schwarze Hautflecken. Auch hustet er nicht. Manchmal verläuft die Pest in dieser milden Form, so war es bei mir selbst, als ich ein junger Mann war. Seither habe ich ungezählte Fälle von Pest behandelt, mich aber niemals angesteckt. Wer einmal die Pest hatte, auch in ihrer leichtesten Form, bekommt sie nie wieder.« Er blickte die anderen ernst an. »Abgesehen davon kann man nichts tun, außer die Erkrankten zu meiden, solange man selbst gesund ist.« Sorgenvoll schüttelte er den Kopf. »Aber das lässt sich verständlicherweise in den wenigsten Fällen bewerkstelligen.«
    »Wie viele Menschen in der Stadt sind erkrankt?«, wollte Antonio wissen. »Wie viele werden noch erkranken?«
    Simon zuckte die Achseln. »Bisher sind nach meiner Schätzung vielleicht an die hundert Menschen erkrankt und zwei Dutzend tot. Auf jeden Fall weiß mittlerweile ganz Venedig Bescheid, denn keine Neuigkeit verbreitet sich schneller als diese. Die Leute werden sich vorsehen, und das solltet Ihr auch tun. Messen, Versammlungen, Prozessionen, Märkte – überhaupt jede Art von Menschenansammlung – sollte man tunlichst meiden. Die Toten müssen separat fortgeschafft und bestattet werden, Trauerfeiern und Totenwachen sind verboten. Kleidungsstücke der Verstorbenen sind zu verbrennen, desgleichen die Bettwäsche. Die Häuser von Pesttoten sind mit Essig zu reinigen und mit Theriakfeuern auszuräuchern.«
    »Wenn die Menschen sich an diese Vorsichtsmaßregeln halten, müsste es doch rasch wieder vorbei sein, oder?«, fragte Mansuetta. Sie rieb sich die Tränen aus den Augen und schaute den Arzt kämpferisch an.
    Simon schüttelte den Kopf. »Aller Vorsicht zum Trotz kann man nie sagen, ob und wie die Seuche sich ausbreitet. Anno Domini 1484 beispielsweise war ein Pestjahr, es starben Tausende innerhalb weniger Wochen. In anderen Jahren kam die Pest ebenfalls, aber weniger grausam. Manchmal raffte es einige Dutzend dahin, manchmal nur eine oder zwei Familien.« Der jüdische Arzt breitete resigniert die Hände aus. »Wie dieser neuerliche Seuchenausbruch einzuschätzen ist, weiß nur Gott allein. Es kann nächste Woche schon vorbei sein, es kann aber auch der Auftakt zu einer schlimmeren Epidemie sein, die vielleicht für Monate anhält.«
    »Ich werde meine Familie schnellstmöglich von hier wegbringen«, sagte Antonio mit aller Entschlossenheit. Es widerstrebte ihm, die kranken Mitglieder seines Haushalts ihrem Schicksal zu überlassen, aber er vermochte nichts für sie zu tun, was nicht eine geübte Pflegerin weit besser konnte. Entweder erholten sich die Männer und genasen, oder sie starben. Soweit es ihn selbst betraf, hatte er keine Angst. Er hätte ausgeharrt und alles Nötige getan, selbst auf die Gefahr einer eigenen Ansteckung hin. Doch er trug die Verantwortung für die Frauen und für Matteo. Das Leben seiner Familie war in höchster Gefahr, wenn er nichts dagegen unternahm.
    »Wo können wir denn hin?«, fragte Laura.
    »Das wird sich finden.« Er sagte es gelassen, aber in Wahrheit hatte er nicht die geringste Ahnung. Die Terraferma wäre an sich das naheliegende Ziel gewesen; viele Venezianer flohen jedes Jahr in den Sommermonaten von der heißen, von Fieber und Mückenschwärmen geplagten Laguneninsel hinaus aufs Land, vorzugsweise in die Hügel, wo der Wind frisch und die Luft rein war. Doch ausgerechnet in diesem Jahr war daran kein Denken. Die feindlichen Truppen verheerten das Land mit nicht enden wollenden Kämpfen. Sie zogen brandschatzend und mordend durch die Dörfer und bedrängten die Städte. Unmöglich, dort mitten im Kriegsgebiet Schutz zu finden.
    Laura schaute stumm zu ihm auf. Sie schien zu merken, dass er keinen Plan für sein weiteres Vorgehen hatte. Ihr Gesicht war bleich vor Schrecken, und in ihren Augen las er die unabänderliche Wahrheit. Er hatte versagt. Sie hatte all dies auf geheimnisvolle Art kommen sehen. Es gibt Stürme und Missernten und Krankheiten ...
    Hätte er sie rechtzeitig fortgebracht, statt ihre Vorahnungen als unsinnig abzutun, befänden sie sich jetzt nicht in dieser Situation.
    »Bevor Ihr aufbrecht, wohin auch immer, solltet Ihr sicherstellen, dass niemand von Eurer Familie erkrankt ist«, sagte Simon. »Hier ist die Versorgung in jedem Fall besser als unterwegs, womöglich gar auf einem Schiff. Es passiert nicht selten, dass Pestkranke einfach über Bord

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