Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
schon verheilt war. Kaum hatte sie den Satz ausgesprochen, verfluchte sie sich auch schon dafür. Wieso konnte sie nicht einfach schweigen? Möglicherweise hatte die Nonne schon längst wieder vergessen, was sie Laura nach den letzten Schlägen angedroht hatte.
    Doch das war ein Irrtum, wie sich gleich darauf herausstellte.
    »Ich weiß noch genau, was ich gesagt habe«, meinte Arcanzola gelassen. »Und ich erinnere mich auch sehr gut, wie du dich bei den Schlägen angestellt hast. Sehr tapfer, das muss ich schon sagen. Zehn harte Hiebe mit der Gerte, aber von dir kam kein Laut. Nicht ein Stöhnen, geschweige denn ein Schrei.«
    Laura erinnerte sich so gut daran, dass ihr schon bei dem bloßen Gedanken an den entwürdigenden Vorgang die Wangen brannten.
    »Ich frage mich seither, wie hart man dich schlagen muss, damit du schreist«, ließ Arcanzola sich in verträumtem Tonfall vernehmen. Sie saß Laura gegenüber in der offenen Felze, die Beine unter dem Habit anmutig gekreuzt. Während sie sprach, ließ sie Laura nicht aus den Augen.
    »Bist du aufgeregt?«, wollte Arcanzola wissen.
    Laura, die verkrampft auf der mittleren, im Freien gelegenen Bank saß, verspannte sich noch mehr. Sie wich den Blicken der Nonne aus, als könnte sie so allem Üblen entrinnen, das ihr noch bevorstehen mochte.
    »Ich wüsste nur gern, wo mein Bruder ist.«
    »Er ist dort, wo du auch bald sein wirst«, erwiderte die Nonne.
    Sie tauchte eine Hand in das dahinfließende Wasser des Kanals und zerteilte die Oberfläche mit den Fingern, während sie sich noch weiter vorbeugte, bis der Wind ihren Schleier zur Seite wehte. Ihr Gesicht mit den schmalen Katzenaugen hatte in der Abendsonne den Schimmer makelloser Perlen.
    Um sie herum begannen die Glocken der Stadt zur Komplet zu läuten, ein Konzert aus verschiedenen Klängen, manche voll und rein, andere dumpf und nachhallend, im ständigen Wechsel, als wollten sie miteinander sprechen, bis sie nach und nach wieder verstummten.
    Um diese Zeit waren nicht viele Boote unterwegs; die meisten Menschen hatten ihr Tagwerk bereits beendet, und die Zeit der abendlichen Vergnügungen war noch nicht angebrochen. Nur hier und da fuhren Gondeln, und manchmal kreuzte vor den Anlegestellen ein behäbiger Sàndolo ihren Weg.
    Auf dem Canal Grande gab es auch größere Schiffe, Traghetti, auf denen Fährleute die Menschen von einem Ufer des großen Kanals zum anderen brachten, und außerdem Lastflöße mit hoch gestapelten Ladungen von Holz, die für Murano bestimmt waren, wo die Schmelzöfen zur Glaserzeugung niemals kalt wurden. Inmitten der anderen Schiffe machte Laura auch eine mit schwarzen Tüchern behängte Barke aus, die mehrere Särge transportierte. Anscheinend war hier gleich eine ganze Familie gestorben, die nun ihre letzte Reise angetreten hatte.
    Fröstelnd zog Laura die Bänder ihrer Haube zusammen, die sie sich vorhin eilig vor dem Verlassen des Waisenhauses noch übergestülpt hatte. Für mehr war keine Zeit geblieben, Arcanzola hatte sie praktisch gleich nach ihrem Erscheinen die Treppe hinuntergezerrt, bevor sie mit ihr durch die benachbarten Gassen zum nächsten Anlegeplatz gegangen war, wo die Gondel schon auf sie wartete.
    Der Gondoliere stieß das Boot mit regelmäßigen Ruderschlägen vorwärts, schweigend und mit gleichmütig abgewandtem Gesicht. Laura hatte vorhin schon beim Einsteigen bemerkt, wie edel er gekleidet war, in ein Wams aus smaragdfarbener Seide und glänzende Calze, die mit Wappenmustern bestickt waren.
    Auch das Boot war weit vornehmer als alle anderen Gefährte, in denen Laura bisher gesessen hatte. Es war aus glatt poliertem Holz und hatte mit Samt gepolsterte Sitze. Sogar der jetzt zurückgeschlagene Vorhang der Felze war aus Samt, in demselben Grün wie die Kleidung des Gondoliere.
    Die Gondel glitt in einen schmaleren Seitenkanal und wurde langsamer, und der Ruderführer lenkte das Boot geschickt an die terrassenförmig ansteigende Anlegestelle heran, die sich ein paar Bootslängen voraus teilte und die Einfahrt zu einem Wassertor freigab.
    Das Tor gehörte zu einem mit Fresken bemalten Palazzo, einem vierstöckigen Gebäude mit einem Mezzanin , dem in vielen venezianischen Häusern üblichen Halbgeschoss. Das darüber befindliche Prunkgeschoss, das Piano Nobile , öffnete sich zur Kanalseite hin zu prächtig verzierten Marmorloggien, hinter denen sich die hohen, bunt verglasten Fenster des Portego , des großen Hauptsaals, befanden.
    Laura hatte durch die Arbeit

Weitere Kostenlose Bücher