Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Gang des Erdgeschosses hinüber zu den Wirtschaftsräumen. In der von Dampfschwaden und Herdrauch erfüllten Küche war die Aufseherin damit beschäftigt, das Mittagsmahl vorzubereiten, und die größeren Mädchen halfen ihr dabei. Dem Geruch zufolge würde es Kohlsuppe mit Brot geben, so wie an ungefähr der Hälfte aller Tage, die Laura hier bereits verbracht hatte. Eigentlich hätte sie ebenfalls mit Hand anlegen müssen, das hatte Arcanzola gleich zu Anfang unmissverständlich klargestellt, doch Monna Paulina war derartig kurzsichtig, dass ihr das Fehlen eines Mädchens nicht weiter auffiel.
Die Kinder verpetzten einander nicht, jedenfalls hatte Laura die anderen bisher nicht angeschwärzt, wenn sie sich beim Spiel in den Gassen verbummelt hatten und nicht rechtzeitig zum Helfen in der Küche erschienen waren. Besorgt fragte sie sich nun, ob sie vielleicht allzu selbstverständlich davon ausgegangen war, dass die anderen ihr denselben Dienst erweisen würden.
Die meisten Kinder waren jünger als Laura, bis auf Veronica, ein Mädchen im selben Alter wie sie.
Suor Arcanzola hatte Veronica vor kurzem in Aussicht gestellt, sie an liebevolle Eltern vermitteln zu können. Seither ging Veronica wie auf Wolken, und Laura beneidete sie glühend. Damit war es jedoch schlagartig am letzten Sonntag vorbei gewesen, als der zukünftige Vater Veronicas hier erschienen war, um sich seine neue Tochter anzusehen. Er hatte freundlich zu ihr gesprochen und ihr über den Kopf gestrichen. »Veronica, sieh einer an! Was für helles Blondhaar du hast! Du siehst entzückend aus, mein liebes Kind!«
Auch die anderen Kinder hatte er begrüßt, und vor Laura war er ebenfalls stehen geblieben, bevor er sich wieder verabschiedet hatte.
»Bei den Heiligen! Woher hast du dieses rote Haar, Mädchen? Wie ist dein Name?«
»Laura.«
»Ah, Laura. Bist du schon lange hier? Gefällt es dir hier?«
Auf diese Frage hin konnte sie ihn nur in stummer Verständnislosigkeit anschauen, worauf er fröhlich lachend zur Tür weiterging. Übelkeit stieg in ihr auf, denn sie hatte ihn wiedererkannt. Er war der Mann, der den toten Schwarzen in die Seite getreten und danach mit dem portugiesischen Sklavenhändler gesprochen hatte.
Veronica wurde seit seinem Besuch im Waisenhaus nicht müde, von ihrem gut aussehenden, reichen Vater zu schwärmen, der sie bald holen würde, und Laura hatte es nicht über sich gebracht, ihr von dem Vorfall auf der Riva degli Schiavoni zu erzählen.
Laura schlich hinter dem Rücken der Aufseherin in die Küche, die Blicke verzweifelt fragend auf Veronica geheftet, die ihr sichtlich beunruhigt entgegenschaute und heftig nickte, als Laura sie pantomimisch fragte, ob Arcanzola hier gewesen sei.
Laura sank das Herz, und um ihren Schrecken zu vervollständigen, fing eines der anderen Mädchen an zu kichern. Monna Paulina fuhr herum, blinzelte kurz, um sich zu orientieren – und entdeckte Laura, die wie vom Donner gerührt in der offenen Tür stand. Gleich darauf holte sie mit der Hand aus und schlug zu. Laura schrie auf, als sie an der Wange getroffen wurde. Sie hielt sich das Gesicht, das an der verletzten Stelle wie Feuer brannte.
»Du verdorbenes Luder!«, rief die Aufseherin. »Wo hast du gesteckt?«
Laura konnte riechen, dass die Frau getrunken hatte, doch das schien ihre Angriffslust eher anzustacheln, statt zu dämpfen.
»Du Hexe!«, stieß Monna Paulina hervor. »Du rothaarige Brut des Teufels! Du bist das wandelnde Böse! Du bist böse, böse, böse!«
Im Takt ihrer Worte prasselte eine rasche Abfolge von Hieben auf Laura nieder. Sie wurde an Kopf, Hals und Schultern getroffen, während sie versuchte, sich mit erhobenen Armen zu schützen. In ihr kochte grenzenlose Wut, und mit einem Mal schoss ihr durch den Kopf, was wohl geschehen würde, wenn sie zurückschlug. Sie war kleiner als die Aufseherin, aber sie konnte ihr sicherlich ein paar harte Hiebe versetzen und damit die Ohren der Alten zum Klingeln bringen. Ein übles Schimpfwort drängte sich auf ihre Lippen, das sie nur mit äußerster Willensanstrengung unterdrücken konnte.
Sie wusste nicht, was sie getan hätte, wenn Monna Paulina nicht die Kraft zum Schlagen verloren hätte. Sie landete nur noch schmerzlose, ungezielte Treffer, und ihr Atem kam in hilflosen Stößen.
Laura wich zur Tür zurück, wobei sie wie betäubt wahrnahm, dass Veronica sich eilig ein paar Brotstücke in die Taschen ihres Kittels stopfte.
Keuchend ließ die Aufseherin die Fäuste
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