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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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unter seinen suchenden Blicken die Luft angehalten hatte, wäre seiner Hand gern ausgewichen, doch die drohende Nähe der Nonne hinderte sie daran. Sie atmete erleichtert aus, als Arcanzola einen Schritt zurücktrat und Laura dabei mit sich zog. »Ich kümmere mich darum«, sagte die Nonne.
    »In einer Stunde sollte sie fertig sein, dann kommen die anderen«, sagte Cattaneo.
    Vorhin noch hatte Laura unzählige Fragen stellen wollen, doch mit einem Mal war ihr Kopf wie leer gefegt. Sie ließ sich widerstandslos von Arcanzola in einen benachbarten Raum führen, der ein wenig kleiner war als der vorherige. Im Kamin brannte trotz der Wärme, die tagsüber in der Lagune geherrscht hatte, ein flackerndes Feuer, das einen dampfenden Badezuber erhellte. Auf einem Tisch daneben lagen frische Kleidung und Tücher zum Abtrocknen bereit, in einer Glasschale befanden sich Seifenstücke, deren Duft Laura bis zur Tür riechen konnte.
    »Hinein mit dir, fang schon mal an, dich zu waschen. Ich komme gleich und helfe dir mit dem Haar.«
    Arcanzola verließ den Raum und zog die Tür hinter sich zu.
    Laura blieb vor dem Zuber stehen und betrachtete das heiße Wasser und die Seife, ohne dass es sie danach verlangte, zu baden. Ein Frösteln überzog ihre Haut, obwohl es durch das Feuer warm, fast sogar heiß im Zimmer war. Sie hatte seit dem Tod ihrer Eltern nicht mehr gebadet. Im Waisenhaus hatte es höchstens hin und wieder einen Eimer Wasser zum Haarewaschen gegeben, und das auch nur vor hohen Feiertagen wie Weihnachten, dem Fest des heiligen Markus oder Ostern. An manchen Tagen hatte es sie so sehr nach einem heißen Bad verlangt, dass sie geweint hatte, weil sie all den Dreck und den Gestank so leid war. Nicht, dass es so schlimm gewesen wäre wie der ständige Hunger, aber es fehlte nicht viel daran.
    Und nun standen hier ein Zuber mit sauberem Wasser und duftende Seife für sie bereit, und auf dem Hocker lagen ein makellos reines Leinenunterkleid und eine zusammengefaltete Gamurra aus feiner Baumwolle.
    Der Drang, das Zimmer zu verlassen, wurde übermächtig, und Laura folgte ihm, ohne groß darüber nachzudenken. Sie ging zurück in den Portego – und zuckte zusammen, weil sie im ersten Moment glaubte, jemand käme auf sie zu. Erst mit der Verzögerung von einem Atemzug erkannte sie, dass es nur ihr Spiegelbild war, das sich bewegt hatte. Der Raum war sicher mit ebenso vielen Spiegeln geschmückt wie mit Gemälden und Gobelins, die überall an den lederbespannten Wänden hingen, und je nachdem, wo man stand, erlebte man den verwirrenden Effekt, in einen Saal zu schauen, der bis in die Unendlichkeit reichte, mit hundertfach vervielfältigten Bildern und schimmerndem Hausrat auf Borden, die sich zu einem merkwürdig gekrümmten Horizont zu erstrecken schienen.
    Aus dem Zimmer des Hausherrn waren durch die angelehnte Tür Stimmen zu hören, leise zwar, aber Laura konnte die Worte verstehen, wenn sie angestrengt lauschte.
    »Es ist ja gut und schön, dass du die beiden verschwinden lässt, wenn du mit ihnen fertig bist.« Das war Arcanzolas Stimme. »Die Kinder sind auch nicht das Problem. Ich sagte dir ja, dass der Zunftmeister und seine Frau, die sich anfangs noch nach ihnen erkundigt hatten, an den Blattern gestorben sind. Niemand sonst interessiert sich für das Mädchen und den Kleinen. Aber was soll ich deiner Meinung nach mit der Amme machen, sobald deine Spielchen hier vorbei sind? Man würde ihr Fehlen bemerken!«
    »Du hast gesagt, dass sie schwachsinnig ist«, meinte Cattaneo. »Wie kann sie uns Schwierigkeiten machen?«
    »Es ist dasselbe wie immer. Niemand darf übrig bleiben, der dumme Fragen beantworten kann. Sie mag weniger Verstand haben als ein kleines Kind, aber sie kennt einflussreiche Leute, und irgendwem von denen könnte einfallen, sie auszufragen, wo ihre letzten Schützlinge geblieben sind.«
    »Du bist so klug, meine liebste Arcanzola, ich zweifle nicht daran, dass du dir eine gute Lösung überlegen wirst.«
    »Ich wüsste eine. Ich nehme die Amme und den Jungen wieder mit. Dann kann ich ihr später erzählen, dass das Mädchen einem Fieber erlegen ist.«
    Lauras Herz hatte angefangen, heftig zu hämmern, sie spürte es bis in den Hals hinein schlagen. Immer noch konnte sie sich von dort, wo sie stand, im Spiegel sehen. Ihre Zöpfe waren in Auflösung begriffen, einzelne Strähnen fielen bereits in wirren Locken heraus. Ihr Gesicht war so bleich, als wäre sie schon tot, von einer ähnlich fahlen Blässe

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