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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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bevor er sich selbst umbringen konnte. Cattaneo hatte blankgezogen und stand mit gezücktem Degen vor ihm, die Spitze geradewegs auf ihn gerichtet. Noch ein Schritt, und die Waffe würde ihm in die Eingeweide fahren und auf der anderen Seite seines Körpers wieder herauskommen.
    In diesem Moment begann Laura zu schreien. Ihre Stimme war so schrill, dass es Antonio in den Ohren schmerzte. Sie kreischte wie von Sinnen, in den höchsten Tonlagen. Gleichzeitig sprang sie auf Cattaneo los, um ihn von Antonio wegzustoßen.
    Der Patrizier schwang zu ihr herum, und die ausgestreckte Waffe folgte seiner Bewegung. Die Spitze des Degens traf sie an der Schulter und schlitzte ihr das Wams auf.
    Sie hörte die ganze Zeit nicht auf zu schreien, sodass schwer zu sagen war, ob sie verletzt war oder nicht. Blut war keines zu sehen, doch ihre Hand fuhr hoch und presste sich auf die getroffene Stelle.
    Antonio brüllte zornig auf und trat dem Adligen mit voller Wucht in die Kniekehlen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass der deutsche Kaufmann sich zur nächsten Gebäudeecke zurückgezogen hatte, doch dafür hatten sich zusätzlich zu den gaffenden Arbeitern entlang der Fondamenta neue Zuschauer versammelt, es würde also genug Zeugen für alles geben, was hier geschah. Sogar der Bootsverkehr auf dem Kanal war langsamer geworden; hier und da hielten Gondolieri in ihrer Rudertätigkeit inne, um neugierig herüberzuschauen.
    Dennoch war Antonio entschlossen, dieses Schwein seine scharfe kleine Klinge spüren zu lassen. Er würde hinterher eben schneller sein müssen als alle anderen.
    Der Degen war seinem Widersacher aus der Hand gefallen, er kniete auf dem Pflaster und rang mit Laura, die sich wie eine Wildkatze auf ihn geworfen hatte und auf ihn einschlug. Eine günstigere Gelegenheit, ihm von hinten das Messer in den Leib zu rammen und ihn damit zum Einhalten zu bewegen, würde nicht kommen.
    Dann sah Antonio den Dolch in der Hand des Patriziers, und ihm wurde klar, dass er den Mann unterschätzt hatte. Der Degen war Cattaneo nicht entglitten, er hatte ihn absichtlich fallen lassen, um ihn durch eine besser taugliche Waffe zu ersetzen. Er packte Lauras Haare, bog ihren Kopf zurück und setzte das Messer an ihre Kehle, alles in einer einzigen, fließenden Bewegung, so schnell, dass es geschehen war, bevor Antonio auch nur einmal Luft holen konnte.
    Antonios Hand krampfte sich um den hölzernen Schaft seines kleinen Messers, das immer noch hinter seinem Bauchgurt steckte, in diesem Augenblick so nutzlos wie das Spielzeug eines Kindes. Er sah, wie sich Lauras Augen nach oben verdrehten, wie sie im harten Griff des Mannes zu erschlaffen und in Ohnmacht zu sinken drohte. Er sah den Tropfen Blut, der unter der Dolchspitze aus ihrer Haut trat, und er sah, so absurd dies auch war, die Röte der letzten Abendsonne in ihrem Haar, auf den Stufen der Fondamenta und dem Holz der Brücke hinter ihr, er sah sogar den tiefblauen, von keiner Wolke getrübten Himmel, der sich über den Dächern wölbte. Es schien, als vereinigten sich vor seinen Augen zahlreiche Nebensächlichkeiten zu einer selbstverständlichen Normalität, die auch diesen Dolch und das Blut mit umfasste, als gehörte beides ganz zwanglos dazu.
    Das Geräusch trampelnder Stiefel zerriss die albtraumgleiche Starre, als drei Ordnungshüter im Gleichschritt näher kamen, eine geballte Präsenz von Lederharnischen, klirrenden Schwertscheiden und polierten Helmen. Der beleibte Kaufmann kam hinterdrein gelaufen, keuchend vor Anstrengung. Vermutlich hatte er die Wache gerufen.
    Das Blut an Lauras Hals lief stärker, und Antonio begriff voller Grauen, dass das Zittern in Cattaneos Rechter nicht von Furcht herrührte, sondern von dem unterdrückten Verlangen, ihr die Klinge vollends in den Hals zu stoßen.
    Im nächsten Augenblick standen die Büttel neben ihm.
    »Was geht hier vor?«, schrie ihr Anführer.
    Cattaneos Hand mit dem Dolch sank langsam herab. Der Adlige ließ Laura los und richtete sich auf. Er drehte sich zu den Wachleuten um und lächelte sie verbindlich an. »Messères«, sagte er, »Ihr kommt gerade rechtzeitig. Die beiden Burschen hier wollten mich bestehlen. Es ist doch immer dasselbe mit diesen Gassenrangen!«
    Antonio schob sich zwischen die Wachleute und Laura. »Lauf.«
    Es war, als hätte Laura schon vorher gewusst, was er sagen würde. Blitzschnell schleuderte sie die Zòccoli von den Füßen und huschte im Zickzack zwischen den herumstehenden Zuschauern hindurch. Sie

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