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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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schließlich leise. »Ich habe morgen Geburtstag.«
    »O Gott«, sagte Crestina. Sie wirkte erschüttert.
    »Was ist, Mutter?«, wollte Mansuetta wissen.
    »Nichts«, erwiderte Crestina. Scheinbar geistesabwesend wiegte sie Matteo, der angefangen hatte, leise zu jammern, in ihren Armen hin und her.
    »Er hat Hunger«, erklärte Laura. Ihre Übelkeit hatte sich verschlimmert, und gleichzeitig schmerzte ihr Hals so sehr, dass sogar schon das Atmen eine einzige Qual war. Sie wusste, dass sie selbst ebenfalls Hunger litt, nur war sie wohl inzwischen schon zu krank, um ihren leeren Magen noch zu spüren. Vermutlich würde sie ohnehin keinen einzigen Bissen herunterbringen. Ganz gleich, was sie heute noch ergattern würde – sie würde nichts davon schlucken können.
    »Ich ...« Sie wollte noch etwas sagen, doch sie brachte nichts heraus. Ein bellender Husten schnitt ihr die Luft ab. Mit wackligen Beinen trat sie vor und legte die Hand auf die geschnitzte Einfassung der Theke. Löwenköpfe, dachte sie zusammenhanglos. Die girlandenartige Verzierung, die rund um den hölzernen Tisch lief, wurde in regelmäßigen Abständen von perfekten kleinen Löwengesichtern unterbrochen. Ein freundliches, fast liebevolles Lächeln schien auf den geschnitzten Antlitzen zu stehen, nicht das grausige Grinsen, mit dem die Löwen auf den Denunziantenbriefkästen der Bocca di Leone den Betrachter anschauten, und auch nicht so furchterregend streng wie das Gesicht des Markuslöwen. Die Schnitzerei setzte sich an den Vertäfelungen der Wände fort, in Gestalt von weiteren Löwenfiguren und Fabelwesen. Laura erkannte die Kunstfertigkeit der Arbeiten und wunderte sich vage, dergleichen hier in einem so schlichten Haus zu sehen. Kunst gab es nur in den Palazzi der Reichen, so wie bei Cattaneo. Oder im Haus ihrer Eltern, aus dem sie vertrieben worden war. Der Löwe unter dem strahlend blauen Deckenhimmel in ihrem alten Zimmer ... Oder auf der hohen Säule am Rande der Piazzetta, die Schwingen wie zum Fortfliegen ausgebreitet ...
    »Was ist mit ihm?«, hörte sie Mansuetta sagen.
    Laura meinte, Verunsicherung und Ärger in der Stimme der jungen Frau zu hören, doch gleichzeitig schien auch eine Spur Mitleid mitzuschwingen. Was für eine seltsame Verbindung von Gefühlen, fuhr es ihr durch den Kopf.
    Dann nahm sie auch die andere Hand zu Hilfe, um sich festzuhalten, weil sie sonst umgesunken wäre.
    »Verzeiht«, stammelte sie, doch es kamen nur seltsam kehlige Laute heraus. »Mein Hals ... tut so weh ...«
    Hände stützten sie von hinten, jemand fasste ihr an die Stirn.
    »Mutter, er glüht vor Fieber!«
    »Hier, nimm du den Kleinen. Geh ein Stück zurück.«
    »Was hat er? Ist es ansteckend?«
    Laura wollte gegen die fremden Hände auf ihrem Körper protestieren, doch sie brachte nur ein kraftloses Wimmern heraus.
    »Das werden wir sehen. Nein, so geht es nicht. Setz den Kleinen ab und hilf mir, allein schaffe ich es nicht. Himmel, meine alten Knochen!«
    Laura fühlte sich hochgehoben, es war, als würde sie dem Himmel entgegenschweben. Die Löwenköpfe fingen an, in der Luft zu tanzen, und das war das Letzte, was sie sehen konnte, bevor sie die Augen schließen musste, weil alles vor ihr verschwamm.
    »Was hast du vor? Er ist nur ein Gassenjunge, und ein schmutziger und stinkender dazu!«
    »Schweig jetzt, ich erkläre es dir später.«
    Laura fragte sich, ob sie sterben musste. Ein Schauder durchlief sie. Kälte stieg in ihr auf und füllte sie aus bis in die Fingerspitzen. Der Schmerz in Kopf, Hals und Brust hatte sich zu einem einzigen dröhnenden Trommelwirbel vereint, der im Takt ihres Herzschlags widerhallte. Sie versuchte zu beten, doch sie erinnerte sich nicht an die richtigen Worte. Im Hintergrund hörte sie ihren Bruder weinen. Matteo, dachte sie. Ich bin hier.
    Doch es war, als wäre sie viele Meilen weit weg von ihm. Da war seine Stimme, nur wenige Schritte von ihr, doch die Entfernung war unüberbrückbar. Dafür konnte sie mit einem Mal das Gesicht ihrer Mutter sehen, klar und deutlich.
    »Es tut mir leid, Mutter!«, wollte sie rufen. »Ich habe nicht gut auf ihn Acht gegeben!«
    »Es war nicht deine Schuld«, hörte sie die Stimme ihres Vaters sagen. Und mit einem Mal war auch er da, ganz nah bei ihr. Er lächelte sie an, gütig und ein wenig zerstreut, ganz so, wie es seine Art war, und er streckte die Hand nach ihr aus, um ihr über die Locken zu streichen, wie er es immer tat, um ihr seine Zuneigung zu zeigen. »Ich bin

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