Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
teilnahmslos erstarrt und die Augen fast geschlossen. Er wusste, dass sie jedes Wort hörte und alles verstand, worüber er und Cattaneo redeten, und er wusste auch, dass sie sich nicht wehren würde, wenn er tat, was der Patrizier ihm befohlen hatte. Sie würde es über sich ergehen lassen, und vielleicht würde sie es sogar schaffen, Leidenschaft zu heucheln, so wie es Cattaneo in seinem kranken Hirn vorschwebte.
Natürlich wäre es das Einfachste, Cattaneo zu töten. Auf ihn loszugehen, die Hände um seinen Hals zu legen und zuzudrücken, bis ihm die Augen hervorquollen und die Zunge aus dem Mund trat. Doch Cattaneo war wachsam; bevor Carlo auch nur einen Versuch in dieser Richtung hätte unternehmen können, hätte Cattaneo seinen Dolch gezogen, den er immer bei sich trug. Er ging nicht einmal schlafen ohne seine Waffe, stets lag sie griffbereit neben dem Bett. Und natürlich schlief er allein, sonst hätte Carlo ihn vielleicht schon anlässlich einer ihrer gelegentlichen, verstörenden Zusammenkünfte in Cattaneos Gemach töten können.
Zudem war Silvio immer nur ein paar Schritte entfernt. Der Diener hielt sich stets in Rufweite seines Herrn auf, schweigsam und zuverlässig wartete er auf seine Befehle, immer hinter der nächstbesten Tür, manchmal sogar davor, die merkwürdig flackernden Augen unter den buschigen Brauen auf das Zentrum des Geschehens gerichtet, so wie auch jetzt. Die Arme baumelten ihm lang herab wie bei einem Affen, scheinbar planlos schlenkerte er bei jedem Schritt damit herum, doch Carlo hatte bereits erlebt, welche Kraft in ihnen steckte.
Dennoch hätten ihn weder Cattaneos Dolch noch die Mordlust in Silvios Augen davon abhalten können, den Patrizier umzubringen. Er hätte schon längst eine passende Gelegenheit gefunden, und ihm war es gleich, was hinterher mit ihm geschah. Sollten sie ihn doch ergreifen und ihn aufspießen, so wie Cattaneo es ihm für diesen Fall geschildert hatte. Oder ihm die Haut abziehen, wie es angeblich die Osmanen mit den Christen taten, die sie bei ihren Feldzügen in ihre Gewalt gebracht hatten.
Das alles schreckte ihn wenig, bei weitem nicht so viel wie jene eine Befürchtung, die ihn bisher davon abgehalten hatte, seinen Peiniger zu erledigen.
Seine Blicke hefteten sich nach wie vor auf Valeria, auf ihren nackten Körper, die immer noch mädchenhaften, aber bereits sanft gerundeten Brüste, den schmalen weißen Leib, die feinen goldenen Löckchen an der Stelle, wo sich ihre perlmuttfarbenen Schenkel trafen.
Er verfluchte sich innerlich tausendfach, weil er machtlos war gegen die Begierde, die schon beim ersten Anblick ihrer Gestalt auf dem Bett in ihm aufgestiegen war. Er wollte sie, so wie er sie schon die ganze Zeit gewollt hatte, unter sich, umschlungen von seinem eigenen Körper. Er wollte sie packen und sie küssen, so wie es ihre Freier immer zur Begrüßung mit ihr gemacht hatten. Er wollte sie nehmen, so wie auch schon Cattaneo sie vor seinen Augen genommen hatte, den Kopf wie beiläufig zurückgewandt und ihn über die Schulter hinweg anschauend. Doch er wollte sie auch streicheln, die schwarzblauen Male an ihrem Körper, Spuren von Cattaneos Schlägen. Er wollte sie halten und trösten und beschützen. Er wollte sie mit allen Fasern seines Wesens, doch er wäre lieber gestorben, als es zuzugeben.
»Denk einfach nur daran, dass du sie damit rettest.« Cattaneos Stimme klang wieder schmeichlerisch und so weich wie der Samt, in den er sich mit Vorliebe kleidete. »Sie kann zweierlei sein – dein Opfer oder meines. Frag sie doch einfach, was sie schlimmer findet. Meine Schläge oder den Akt mit dir.«
Carlo schaute ihn nicht an, er hielt seine Blicke unverwandt auf Valeria gerichtet.
Als hätte sie seine Gedanken auf geheimnisvolle Weise gehört, öffnete sie die Augen.
In ihnen las Carlo dieselbe Furcht, die auch ihn gepackt hielt: die nackte Angst einer Kreatur, die überleben wollte, wie bei einem Tier in der Falle, das sich lieber den Fuß abnagte, bevor es sich vom Jäger den Hals aufschlitzen ließ.
»Meine Geduld ist am Ende«, sagte Cattaneo. »Denn ich spüre deine Gier und deine Erregung!« Er war neben das Bett getreten und zog seinen Dolch. Mit der Spitze des Daumens fuhr er an der scharfen Schneide entlang.
Valerias Lider begannen zu flattern, sie hob wie zur Abwehr eine Hand. Viel mehr würde sie nicht zuwege bringen, wie Carlo wusste. Cattaneo hatte sie, wie schon so oft vorher, reichlich unter Drogen gesetzt. Cattaneo
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